Von Paso Canoas bis nach Panama Stadt (Panama / September 2012)

Oh wie schön ist Panama“, bei der anstehenden Einreise in unser zehntes Land fällt mir sofort der Titel des bekannten Kinderbuches der langen Reise des kleinen Bären und kleinen Tigers von Janosch ein. Ich bin völlig verdutzt, denn Hardy kennt es nicht … da kommen immer noch Dinge zum Vorschein, die wir nicht voneinander wissen! Hoffentlich bleibt es auch in den folgenden 100 Jahren so … Wir werden in den nächsten Tagen herausfinden, ob Panama wirklich so schön ist.

Grenzübergang in Paso Canoas

Die Einreise in Panama im Grenzort Paso Canoas stellt sich erst einmal als kompliziert heraus. Über eine Stunde stehe ich in der drückenden Hitze in der langen Schlange an. Nichts bewegt sich, denn der Grenzbeamte scheint jedem Einreisenden ganz genau unter die Lupe zu nehmen. Erst wird der Pass geprüft. Dann will er ein Weiterflugticket von mir sehen. Das hatten wir natürlich im Vorfeld präpariert (E-Tickets sein Dank!). Irritiert hole ich dann auch noch meine Kreditkarte hervor, mit der ich anscheinend meiner Zahlungsfähigkeit darlege. Von anderen Reisenden hatte er sich ein Bündel Geldscheine zeigen lassen. Er will wissen, was ich beruflich mache und wo wir in Panama hin wollen. Dann wird auch noch ein Foto von mir geschossen. Hardy durchlebt genau das gleiche Prozedere, denn hier darf ich die Einreiseformalitäten nicht für ihn klären. Panama, so etwas hatten wir schon lange nicht mehr, die USA lassen grüßen.

Panamericana

Sogleich nach den Grenzanlagen schwingen wir uns auf die Sättel und rollen den breiten Seitenstreifen der Panamericana entlang. Hier ist sie eine supergut ausgebaute, vierspurige Schnellstraße. Es surrt. Die Kilometer purzeln. Das tut gut nach den letzten Erfahrungen auf grottig schlechtem Straßenbelag auf costarikanischer Seite. Noch die Tuchfühlung mit den LKWs gewohnt, ist hier erstaunlich wenig Verkehr unterwegs. Hah, so selten, wie die nen‘ Auto durch die Grenze lassen, keine Wunder!

In den folgenden Tagen verbringen wir Stunden auf manchmal vorhandenem und manchmal nicht existentem Seitenstreifen der Panamericana. Auspuffgase und Lärm beschallen uns während wir störrisch immer ‚gen Süden treten. Unsere MP3 Player werden in Dauerbetrieb genommen. Einen Hügel hinauf und wieder hinunter und wieder hinauf und so weiter. Wenn ich so geradeaus schaue, wirken Panamas Straßen auf mich wie ein langer Teppich, der in der Luft ausgeschüttelt wird und dessen wellenartige Wölbungen erstarrt wären. Eigentlich ganz schoen, wenn der nun heftige Verkehr nicht waere. Abends brummt uns der Kopf.

Abseits der Schnellstraße

Ich will nicht nur Autos und die Schneise, die für die Piste in den Urwald gehauen wurde von Panama sehen“, beschwert sich Hardy. So biegen wir, als die Möglichkeit sich endlich bietet, auf einer Nebenstraße Richtung Soná ab. Dies ist nicht so einfach, denn viele Straßen sind in diesem Land nicht vorhanden.

Jene Entscheidung hat anstrengende Abschnitte auf Schotter zur Folge. Die Piste befindet sich gerade im Bau. Sie belohnt uns dafür mit Ruhe sowie Einblicke in abseits liegende Dörfer. Wir sehen ärmliche Bretterhütten und Frauen in Trachten. In langen absolut nicht körperbetonten, weiten Kleidern in leuchtendem orange, hellblau oder dunkellila mit Verzierungen am Kragen und an den Ärmeln laufen die Frauen mit langen, geflochtenen Zöpfen herum. Auch heruntergekommene und von Schnaps gefüllte Trunkenbolde, die nicht mehr geradeaus gehen können und sich auf der Dorfstraße prügeln, begegnen wir. Die umfahren wir lieber im großen Bogen.

Wir können nun, seitdem wir uns bereits seit Guatemala in der Regenzeit befinden, dies auch felsenfest bestätigen. Es regnet jeden Tag. Der Niederschlag setzt zwischen 14 und 17 Uhr ein und ist meist sehr stark. Nur seine Länge kann variieren. Tiefe Wolken, oft in 3er-Lagen in weiß, grau und dunkelgraublau sowie ein leises Donnern läuten den Regen ein. Dann haben wir noch maximal 40 Minuten Zeit ein sicheres Plätzchen zu finden bis es wie auf Knopfdruck losprasselt. Irgendwie tut sich meistens, wenn auch sehr knapp, eine Lösung am Straßenrand nennen wir sie Schule, Überdach der Gemeinde oder Feuerwehrwache auf.

Nur einmal läuft es nicht ganz nach unserem Plan. An einer sehr schön aussehenden Stelle gleich neben einem gurgelndem Bach auf einer Kuhwiese südlich von Chiriquí finden wir eine versteckte Schlafmöglichkeit. Es grummelt bereits gewaltig laut über unseren Köpfen vor sich hin. Das Zelt steht heute in Rekordtempo. Alles wird rein geworfen. Nun wollen wir noch gemütlich im Fluss baden, aber dazu ist es zu spät, denn über uns entleert sich der Himmel. Schnell ziehen wir uns nackig aus und seifen uns ein. Duschen im Regen, das hatte ich auch noch nicht! Sogar das Haarewaschen funktioniert prima. Zum Auswaschen der Kernseife steigen wir dann doch in den Fluss. Dessen Wasser ist nun nicht mehr klar, sondern durch die aufgewirbelten Sedimente gräulich braun getrübt.

Als wir dann im Zelt sitzen und unsere Isomaten voll tropfen, müssen wir herzlich lachen. Die Wiese hat sich in eine reinste Schlammpartie verwandelt. Das Wasser rinnt neben und unterm Zeltboden entlang. Wir haben einen frischen, matschigen Kuhfladen im Vorzelt, dessen sehr angenehmer Geruch uns den ganzen Abend erfreut.

Kurz nach Santiago hat uns die Panamericana wieder. Auf dem Seitenstreifen geht es hoch und runter. Wie gehabt. Durch die ganzen Hügel kommen wir nicht recht voran. Es ist heiß. Der Schwerverkehr braust an uns vorbei.

Wir passieren die eher unspektakulären Städte Aguadulce und Penonomé. Letztere ist eine künstliche Stadt mitten im Nirgendwo, die auch gut in den Staaten platziert sein könnte. Subway und Mc Donald haben am Stadteingang große Werbeschilder platziert. In der Mall im riesen Supermarkt gehe ich einkaufen. Wifi gibt’s vor’m Mc Doof.

Santa Clara

Wir sind heute über 100km gefahren und wollen nicht weiter. So fragt Hardy im kleinen Ferienort Santa Clara gleich am Pazifik bei einem baptistischen Gemeindezentrum nach einem Platz für unser Zelt. Aber, oh Wunder, wir bekommen doch glatt eine ganze cabaña für vier Personen, mit drei Duschen und drei Klos, Wohnzimmer und Küche nur für uns allein! Einen Pool gibt es auch und einen privaten Strandzugang. Wir können es kaum glauben und freuen uns wie die Schneekönige! Aufgeregt laufen wir in unserem heutigen Domizil hin und her.

Schnell gehen wir runter zum weißen Strand, denn ein Gewitter naht. Bedrohlich tief schieben sich die dunkelblauen Wolkenmassen heran. Ne‘ klasse Stimmung! Nach einem kurzen Bad, eher einem Planschen, denn die Wellen sowie Strömung sind sehr stark, spazieren wir noch zum einzigen Hotel vor Ort. Hässlich ragt es hoch neben kleinen, schiefen Fischerhütten gerade in den Himmel empor.

El Valle

Im kleinen Ort Las Uvas machen wir eine scharfe Linkskurve und bieten in die Berge ab. El Valle, also das Tal, liegt im Krater eines ehemaligen Vulkans. Tolle Landschaft und Wanderungen locken, vor allem reizen uns die quadratischen Bäume, wie es im Reiseführer heißt. Die will sich Hardy unbedingt anschauen.

Sehr angenehm windet sich das Sträßchen sehr kurvenreich in die Höhe. Es begleitet uns eine grüne Landschaft. Manchmal passieren wir kleine Orte. Es ist still hier. Wir hören die Vögel zwitschern, anstatt das Brummen der Motoren. Nach einigen Kilometern kommen echt schweißtreibende, anstrengende, sehr steile Abschnitte hinzu. Wir keuchen und schwitzen und schleichen voran.

Hart erarbeitet, erreichen wir endlich nach 24km den höchsten Punkt und können ins Tal herabschauen. Dann geht’s, schnell rollend hinein. El Valle ist eine lang hingezogener, ruhiger Ort mit einem sehr angenehmen, sogar als kühl zu bezeichnendem, Klima. Es gibt kleine Läden, jede Menge Hotels und viele Villen mit großen Grundstücken.

Wir stellen unser Zelt unter dem Vordach des Hostels Casa de Juan auf, einer kramigen, heruntergekommenen Männerwirtschaft von Juan. Der lebt mit seinem Sohn, seiner hochschwangeren Freundin sowie mit drei Hunden im Hostel. Tür an Tür mit den Gästen, teilt sie sich Küche und Aufenthaltsraum mit ihnen.

Hardy freundet sich sogleich mit einem der Hunde an. Er schläft von nun an direkt neben unserem Zelt und will auch nicht von uns weichen, als wir eines Morgens zu unserer Wanderung aufbrechen. Anbrüllen und schubsen hilft nichts, der Hund setzt sich durch. Na‘ dann kommt er eben mit uns. Zu dritt bewandern wir nun die „Schlafende Indianerin“. Einen Berg, der von unten betrachtet wirklich wie eine liegende Frau ausschaut. Auf den Fuessen steigen wir auf, über den Kopf wieder hinab. Wir befinden uns auf einer tollen, kargen Wiesenlandschaft. Hoch weht das Gras im Winde, kleine Pfade schlängeln sich hindurch. Es weht ein angenehmes Lüftchen, die Sonne brutzelt bereits. Wir genießen die Weite. Unsere Blicke schweifen über angrenzende Berge hinweg und ins Tal hinab. Der Ort sieht ganz klein aus.

So toll, wie die Wanderung war, so eine Enttäuschung sind die berühmten quadratischen Bäume. Sie stehen auf dem Gelände eines Hotels. Das heißt Eintritt zahlen. Leider sind wir es bereits gewohnt, als Ausländer durchaus mal das doppelte zu zahlen. Hier wollen sie drei Dollar Eintritt haben. Das ist mir zu viel, zudem ist das Tor abgeschlossen. Ich gehe wieder zu den Rädern zurück, während sich Hardy am Hotel vorbei dreist über eine alte Brücke, durch die Büsche auf den Weg durchschlängelt. So gelangt er doch noch zu seinen Bäumen. Es sind Vertreter ihrer Art (Quararibea asterolepis), die eine besonders ausgepraegte im Profil quadratische Wuchsform des Stammes haben. Ihr Lebensraum befindet sich hier in Panama und in Costa Rica.

Panama Stadt

Wir treten kräftig in die Pedale, denn Panama Stadt steht an. Zuvor übernachten wir in La Chorrera. Es ist angenehmer am Morgen in eine Großstadt einzuradeln, als am Abend. Hier in La Chorrera haben wir Premiere. Wir fragen das erste Mal bei einer Feuerwehrwache, ob wir bleiben dürfen. Gar kein Problem! Sofort wird uns der kramige Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt, mit Bad und Dusche. Wir hören, dass hier des öfteren Radler übernachten. Kein Wunder, denn der Ort liegt auf der Panamericana und kurz vor der Hauptstadt. Alle kommen hier vorbei.

Die 30km von La Chorera bis zum Beginn der Stadtgrenzen ziehen sich hin wie Kaugummi. Es gibt meist keinen Seitenstreifen und der Verkehr ist heftig. Die Sonne burnt, wir sind genervt.

Dann endlich taucht die sagenhafte Puente de las Américas auf. Diese war lange Zeit die einzige nicht schwingende Brücke, die die Landmassen Nord- und Südamerikas über den Panamakanal hinweg verband. Zuvor wird es aufgrund einer Baustelle einspurig. Vorsichtig reihen wir uns in den zähflüssigen Verkehr ein. Nur in kurzen Blicken können wir links und rechts im Wasser die großen Schiffe ausmachen, die den Panamakanal passieren, denn der Verkehr benötigt jegliche Aufmerksamkeit. Die Brücke ist sehr schmal und in einem recht schlechten Zustand. Schlaglöcher geben sich die Klinke in die Hand. Irgendwann taucht ein Baustellenfahrzeug hinter uns auf, dass uns den nachrückenden Verkehr vom Leibe hält und uns bis zum Ende der langen Brücke eskortiert. Super nett! Leider können wir uns nicht einmal bedanken, denn so schnell wie es kam, ist es auch schon wieder weg.

Wir sind auf dem Weg in den Bezirk El Cangrejo. Dort wohnt unser couchsurfing-host Alejandro. Im Gewirr der sich in verschiedenen Ebenen überlappenden Stadtschnellstraßen verfahren wir uns erst einmal. Kein Wunder, denn dauernd gibt es Einbahnstraßen und das Chaos ist für uns recht undurchsichtig. Dies stellt sich jedoch als ganz positiv heraus, denn ohne es zu beabsichtigen landen wir an der Promenade.

Hier gibt es einen parkähnlichen Grünstreifen und sogar einen Radweg! Erinnerungen an Vancouver werden wach, als wir langsam auf die gläserne Front der Hochhäuser des Bankenviertels zurollen. Es ist morgens um zehn, Zeit für ein zweites Frühstück unter einem Baum im Schatten. Wir schlagen uns die Bäuche voll und lassen die Großstadt auf uns wirken.

Alejandro wohnt in eben diesem Banken-, Hotel- und Casinoviertel in einem eher klein wirkendem Hochhaus. Zur Zeit leben zwei Freundinnen mit ihm zusammen. Wie Alejandro kommen auch sie aus Kolumbien und versuchen sich hier ein besseres Leben aufzubauen. Carina hat ihre beiden Kinder (5 und 9) in Bogotá bei ihrer Mutter gelassen. Wenn alles gut geht, möchte sie sie im Dezember nachholen. Die beiden 23-jährigen sind seit zwei Wochen hier und haben versucht mit dem Strassenverkauf von selbstgemachten kolumbianischen empanadas über die Runden zu kommen. Dies sind die Beiden bereits leid. Nun ist ihr Plan hier ein Restaurant aufzumachen. Wir wünschen ihnen alles gute, sind aber recht skeptisch, ob der Organisation und straighten Umsetzung. Sie wirken recht jung auf uns und wenig durchgeplant auf uns.

Es ist Sonntag, Alejandro hat heute frei. Er und die Mädels möchten für uns etwas kolumbianisches zum Mittagessen kochen und danach etwas gemeinsam unternehmen, vielleicht die Altstadt besuchen. Gut, denken wir uns und willigen gerne ein. Wir haben Hummeln im Hintern und beschäftigen uns mit unseren emails. Nichts rührt sich. Die Mädels liegen auf dem Bett vorm Fernseher, der ununterbrochen läuft. Ein Arbeitskollege und Freund kommt zu Besuch. Wir gehen langsam mal einkaufen. Bereits ist Mittag vorbei. Zurückgekehrt gehen die beiden in die Küche und kreieren eine hervorragende Suppe und einen fetten Teller mit Reis, Bohnen, Huhn, süssem Salat und frittierten Bananen. Dazu gibt es ein köstliches selbstgemachtes Erfrischungsgetränk mit Minze. Wir essen alle auf dem Boden, denn bis auf das Bett, den großen Fernseher und einen Schreibtisch gibt es keine Möbel. Der kleine Hund Lulu soll das Sofa zerlegt haben. Niemand scheint hier neue Möbel zu benötigen. Zurzeit teilen sich die drei, plus Hund das Doppelbett.

Hardy und ich übernehmen das Chaos in der Küche. Eine weitere Freundin kommt zu Besuch. Dann soll es eigentlich losgehen. Aber die Damen müssen noch duschen und sich schönmachen. Letzteres scheint eine sehr wichtige Rolle in ihrem Leben einzunehmen. Man, wie viel Zeit die im Bad verbringen! Dauernd sehe ich sie die Kleidung wechseln, sich die Haare machen oder die Fingernägel lackieren. Jede einzelne braucht über ne‘ Stunde im Bad. Heraus kommen sie knapp, hauteng angezogen, die Haare schickie zurecht gemacht und grell geschminkt. Naja, Geschmackssache, sag‘ ich mal.

Es ist bereits dunkel, als wir dann endlich das Apartment verlassen. Schnell sausen wir gequetscht, zu siebt im Auto zum Damm. Der Damm ist ein schmaler, von Palmen gesäumter 2km langer Weg. Er verbindet das Festland mit den kleinen Inseln Naos, Culebra, Peris und Flamenco. Auf dem breiten Fußgängerweg ist zu dieser späten Stunde reges Leben. Eltern fahren mit ihren Kindern Rollschuh oder mieten sich Fahrräder. Wie wir, sind auch viele zu Fuß unterwegs, um die abendliche einsetzende Kühle zu genießen. Der Blick auf die beleuchtete Silhouette der nächtlichen Stadt ist toll!

Panamakanal und Miraflores Schleusen

Bereits im Jahre 1502 wird von Columbus erkannt, dass aus der Landenge Panamas etwas gemacht werden könnte. Er sucht nach einer Möglichkeit von der Karibik nach Indien zu gelangen, wird jedoch nicht fündig. Etwa zehn Jahre später durchwandert der Spanier Vasco Nuñez de Balboa den Isthmus und erreicht so den Pazifik. Ein von den Spaniern daraufhin erstelltes Guthaben über den Bau eines Kanals kommt zu dem Schluss, das jenes Megaprojekt nicht realisierbar sei. Daraufhin wird der Camino Real gebaut, eine Straße für den Transport von Gütern.

Erst im Jahre 1878 bekommt der Erbauer des Suezkanals, Ferdinand de Lesseps aus Frankreich, von Kolumbien, welches zu jener Zeit über das heutige Gebiet herrscht, den Auftrag mit dem Bau eines Kanals. Zwei Jahre später beginnen die langwierigen, harten Arbeiten. Tausende von Arbeitern sterben bei Unfällen, an Tropenkrankheiten und einfach nur an Erschöpfung. 1893 wird das Unterfangen aufgrund von Konkurs aufgegeben.

Die Amerikaner treten auf den Plan. Diese hatten zuvor einen Kanalbau in Nicaragua für möglich gehalten, ändern aber ihre Strategie, als sie die Konzession von den Franzosen bekommen. In der selben Zeit spaltet sich Panama von Kolumbien ab, welches von den USA darin tatkräftig unterstützt wird. Und schon bald hat Amerika die Rechte für den Kanalbau in der Tasche. Es übernimmt zudem politische sowie militärische Kontrolle über den Kanal sowie über eine 16km breite Hoheitszone an dessen Ufern.

Mit Einsatz diverser Chemikalien gegen Gelbfieber und Malaria sowie mit schwerem Gerät wird der Kanalbau erneut angegangen. Elf Jahre dauern die Bauarbeiten,denn man muss sich der schweren Topographie sowie Geologie anpassen. Die nordamerikanische kontinentale Wasserscheide muss überwunden werden. Tausende von Sprengungen sind nötig. Wäre all das Gestein auf einen Güterzug geladen worden, hätte dieser dem vierfachen Erdumfang entsprochen.

Um den enormen Bedarf an Wasser begegnen zu können, wird der Gatún-Stausee angelegt. Seinerseits der grösste künstlich angelegte Stausee der Welt. Er liegt 26 Meter über dem Meeresspiegel. Um ihn zu erreichen führen vom Pazifik her die Miraflores- Schleusen sowie die Schleuse Pedro Miguel auf de See hinauf. Danach führen die Gatún-Schleusen hinab in den Atlantik. Pro Schiffsdurchfahrt werden 236 Mio. Liter Süßwasser ins Meer gespült.

Bereits im Jahr 2006 stimmten die Wähler Panamas in einem Referendum für eine Verbreiterung des Kanals. Dieses Megaprojekt soll 2015 fertig gestellt sein. Dann wird sich wohl der Frachtverkehr verdreifachen, denn die neuen Schleusen werden 60% breiter und 40% länger sein als die alten. Das verwendete Wasser soll in verschiedenen Kammern aufbewahrt und so wiederverwendet werden.

Momentan ist die Grösse der Frachter exakt abgestimmt auf den Kanal. 300 Meter lang und 32 Meter breit dürfen sie sein. Es wird sogar von der Panamaklasse gesprochen. Kaum eine Briefmarke passt zwischen Schiffs- und Schleusenwand. Um Unfälle zu vermeiden, werden diese schwimmenden Giganten aus Metall von starken Elektrolocks, den Donkeys, an Stahlseilen gezogen. Immer noch in Betrieb sind die Originalschleusentoore von 1914, made in den USA. Nur acht Minuten dauert es bis sich ein Kammer gefüllt oder wieder geleert hat.

Eine Durchquerung des Kanals kostet im Durchschnitt 30 000$, der Preis wird in Bezug auf die verdrängten Wassermassen ermittelt. Richard Halliburton bezahlte 1928 nur 0,36$, denn er schwamm durch den Kanal.

Auch uns packt das Kanalfieber. Als wir ankommen fahren eines nach dem anderen drei gigantische Containerschiffe hindurch. Eines von ihnen ist besonders groß, es soll die Masse eines achtstöckigen Hauses haben, so wird es aus den Lautsprechern auf der Aussichtsterrasse verkündet. Eine nette Frauenstimme berichtet live in englisch und spanisch über die Daten des jeweiligen Schiffes und das Vorgehen in den Kammern. Eine Schleusenkammer nach der anderen wird für die Durchfahrt vorbereitet. Dann öffnen sich langsam die fetten Stahltore und das Schiff gleitet hinein. Wie winzig wir und auch der gewaltige Kanal im Gegensatz zu diesen Ozeanriesen ausschaut! Lange stehen wir da und beobachten die Szenerie. Danach besichtigen wir das mehrstöckige Gebäude. Es beinhaltet ein interessantes Museum, indem auch ein sehr patriotischer Film über den Bau des Kanals gezeigt wird. Vielleicht waren es die gleichen Macher, welche auch den Film über die Geschichte des Alcans in Alaska gedreht haben? Wir erinnern uns stark daran und müssen lachen.

Ganze vier Stunden bleiben wir bei den Schleusen!

Altstadt

Unseren Nachmittag lassen wir im Casco Viejo ausklingen. Das charmante alte Viertelchen wird zur Zeit kräftig renoviert. Es war vor Jahren zu einem Slum geworden, der nun schick gemacht werden soll. Es gibt jede Menge Hotels, kleine Boutiquen und Restaurants. Leider hat dieser Prozess einen Gentrifizierungsprozess zur Folge. Bei Renovierung eines Hauses wird den Mietern ein Geldbetrag angeboten, dann müssen sie es freigeben. Die ehemalige Bevölkerung kann die folgenden erhöhten Mieten nicht mehr aufbringen und wird so an den Rand der Großstadt in ärmere Bezirke getrieben, so erzählt uns eine Wachmann vor einem Schmuckladen. Viele Bewohner sind gegen das Großprojekt der Stadt, an dem bereits die Baumaschinen werkeln. Fahnen des Protestes hängen aus den Fenstern.

Unsere Tage in dieser sehr gegensätzlichen Metropole sind sehr interessant und verfliegen wie im Fluge. Für uns ist das Land Panama nicht sonderlich schön, hässlich ist es aber auch nicht. Uns bleibt vor allem die schwüle Hitze, der ständig andauernder Verkehr sowie der gute Asphalt in Erinnerung, wenn wir Revue passieren lassen.

Nun packen wir unsere sieben Sachen, denn eine weitere Etappe steht an. Die Umfahrung des Darien Gaps hat uns bereits so einige graue Haare wachsen lassen. Wir wollen den Dschungel zwischen Panama und Kolumbien mit lanchas, also kleinen Booten, umschiffen. Wie das wohl werden wird? Wir sind gespannt und machen uns leicht unsicher auf den Weg.

Fotos zu Panama und nun auch zu Costa Rica gibt es in der Galerie.

PanamaPermalink

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