Auf in die Anden – von Santa Marta nach Villa de Leyva (Kolumbien/Oktober 2012)

Auf gutem Asphalt, mit mal breitem, mal mit gar keinem vorhandenem Seitenstreifen, fahren wir zusammen mit sehr vielen Lastwagen ‚gen Süden. Die Sonne brutzelt unbarmherzig auf uns herab. Uns umgibt Weideland, welches durchzogen wird von Tümpeln und kleinen Höfen. Bäume am Wegesrand spenden auch mal wohltuenden Schatten.

Ich bin noch nicht wieder ganz fit und quäle mich voran. Mein Dickkopf lässt jedoch keinen weiteren Pausentag zu. So bin ich heilfroh, als wir die 70-80km Tagespensum geschafft haben und in ein Hotelzimmer einkehren. Duschen und liegen. So landen wir beispielsweise in Aracataca, einer lebendigen kleinen Stadt, in der der Schriftsteller Gabriel GarcÍa Marquéz einst lebte, wo bzw. das Haus seiner Großmutter steht, das heutzutage ein Museum ist.

An einem Straßenstand probieren wir unseren ersten jugo. Die werden hier überall zubereitet und getrunken. Früchte werden püriert und mit Zucker und Milch oder Wasser gemixt. Dazu kommt noch crushed ice und fertig ist der leckere, sehr erfrischende Saft.

 

 

 

Vor der Hitze flüchtend, verbringen wir eine Mittagspause im kargen Halbschatten von Eukalyptusbäumen am Rande des Weges. Unheimlich gut riecht es hier. An den Stämmen der hohen Bäume ist so einiges los. Wir beobachten eine zierliche Echse sich in der Wärme sonnend und zwei sich paarende Stabheuschrecken.

 

Heute radeln wir unsere 1000 Kilometer zum Zwanzigsten und freuen uns wie Bolle. Und dann sind da auch plötzlich die die Anden. Hardy hält auf der Anhöhe einer Brücke an. Wir müssen die Augen zusammenkneifen und können die Umrisse dieser gigantischen Berge in der Ferne leicht sich gegen den strahlend blauen Himmel abzeichnen sehen.

Bald werden wir in sie eintauchen, sie befahren, sie erklimmen. Monatelang werden sie uns wohl so einiges abverlangen. Dieses Bergmassiv wird uns bis nach Argentinien begleiten. Mit Ehrfurcht schauen wir voran und freuen uns gleichzeitig auf die Anstrengungen und die kargen und weiten Landschaften, die wir bereisen werden.

Schon bald befinden wir uns in den ersten Anhöhen. Schön ist es hier, nicht mehr karg und trocken, sondern grün. Gras und Büsche waschen bunt blühend neben der Straße.

Heute habe mal zur Abwechslung mal ich die merkwürdigen rosafarbenen Punkte am ganzen Körper. Ist das eine Allergie? Mensch, was kommt denn nach Pilzen, Pusteln oder Schweißblasen am Nächsten?!

Nach längerem Suchen landen wir im geschäftigen Aguachica in der katholischen Kirche. Der Pfarrer ist sehr nett. Er lebte lange in Florenz und war auch schon in Berlin. Wir bekommen einen eigenen Raum mit Bett und Bad und er lässt es sich nicht nehmen für uns Pizza zu bestellen. Als vegetarische wird für mich eine Pizza mit getrockneten Früchten darauf gebracht. Diese Mischung schmeckt mir leider überhaupt nicht. Aber was soll ich machen, ich esse sie einfach trotzdem auf. Alle, der Pfarrer, der junge Pfarrschüler, der Hausmeister und die Haushälterin nebst Ehemann und Sohn, sind sehr um uns bemüht und wollen mit uns reden. Vor drei Monaten waren schon einmal zwei Radler zu Besuch, berichten sie.

So einige Baustellen halten uns auf. Auf langen Abschnitten wir die carretera vierspurig ausgebaut. Eine Fahrbahn ist noch nicht fertig, aber bereits asphaltiert. Zusammen mit so einigen Motorradfahrern nutzen wir die Piste ganz allein für uns. Ansonsten gibt es meistens einen breiten Seitenstreifen.

In Curmani und San Alberto bleiben wir gleich je zwei Nächte. Ich bin wieder fit, aber Hardy scheint das Fleisch eines almuerzos (Mittagsessens) wohl doch nicht so gut bekommen zu sein.

San Alberto ist ein heißer, trister Durchgangsort. Bis auf den Gang zum Einkaufen gehen wir nicht auf die Straße. Die Zeit vertreiben wir uns im Hotelzimmer ohne Fenster. Der Stromausfall legt den Ventilator und das Licht lahm. Gerade noch sehe ich einen sich merkwürdig bewegenden Schatten in Hardys Hinterradtaschen verschwinden. Es ist eine Schlange. Da wir nicht wissen, ob es hier Giftschlangen gibt, holen wir den Hotelangestellten. Der tötet sie beherzt doch gleich mit einem Plastikrohr. Ob es hier giftige Reptilien gäbe, könne er auch nicht sagen.

Zum Gipfel des Abends gibt unser Netbook den Geist auf. Es geht einfach nicht mehr an. Schon in den Tagen zuvor hatte es Macken gezeigt, aber nun ist nichts mehr zu machen. So ’ne Scheiße! Niedergeschlagenheit macht sich breit.

Ich will jetzt so schnell es geht in die nahe gelegene Stadt Bucaramanga, um einen Computerfachgeschäft aufzusuchen und zu wissen, ob wir uns im Notfall ein neues Gerät kaufen müssen. Auch ist bei mir die Luft raus. Die Hitze, die Einode, der ätzende Ort, ich will weg hier und so schnell wie möglich in die Berge und einen Klimawechsel. So setze ich mich durch und wir kürzen die folgenden 80km per Bus ab. Für Hardy ist so eine Busetappe immer ein starker Schritt und sehnsüchtig schaut er dann aus dem Bus auf die Landschaft und Steigung unserer ersten Andenetappe, die wir nun per Bus absolvieren.

Bucaramanga

Im Hostel Kasa Guane treffen wir auf die beiden Reiseradler Jens (Deutschland) und Rasmus (Schweden) und beschließen trotz horrender Preise für zwei Nächte zu bleiben. Es ist schön eine Küche zu haben und sich mit den anderen Travellern, besonders mit den beiden Radlern auszutauschen. Wir müssen herzlich lachen, als wir erfahren trotz unseres eher langsameren Reisens einen Schwung Reiseradler überholt zu haben. Jens startete bereits ein Jahr vor uns in Anchorage/Alaska.

Das Netbook geben wir im Reparaturladen ab und bekommen es mit der empörten Ansage, es sei doch gar nicht kaputt, zurück. Scheinbar gäbe es nur ein Problem beim Starten, es fahre nicht regelmäßig hoch, sagt der Mechaniker. Wir bekommen Tipps und befolgen von nun an eine ganze Prozedur von Tastendrücken, um es anzubekommen.

Bucaramanga ist eine sehr saubere, geordnete Stadt mit vielen Parks und Plätzen auf denen dicke Statuen herumstehen. Ansonsten hat die Großstadt mit ihren 600 000 Einwohnern für uns nicht viel interessantes zu bieten.

Einen Ausflug unternehmen wir in den nahen, kolonialen Ort San Juan de Girón. Schauen uns die alten Häuser, die plaza und die Kirche an.

Auf jeden Fall ist es hier oben anders als in der Hitze der Tiefebene des Rios Magdalenas. Wir freuen uns endlich wieder Berglandschaft erkunden zu können.

Cañon de la Chicamocha

Schon kurz nah Bucaramanga beginnt es mal hier, mal dort deftig, aber noch recht kurz zu steigen. Irgendwie will sich Hardys neu aufgezogene Kette nicht treten lassen und rutscht immer vom kleinsten Kettenblatt ab. So fährt er also heute sowie in den folgenden Tagen im mittleren Kettenblatt. Vor dieser starken Leistung ziehe ich meinen Hut. Ich quäle mich dagegen im aller kleinsten Gang mühsam die Berge hoch.

Ein Rennradfahrer überzeugt uns an einer Kreuzung in Curos von der Schönheit der Hochebene Mesa de los Santos, kurz bevor es hinab in den Canyon geht. Wir schmeißen unsere heutigen Pläne über Bord und strampeln weitere 6km hinauf, um die Hochebene zu erkunden.

Beim Aufstieg ergeben sich uns tolle Aussichten auf das sich uns nun zu Füssen liegende Bucaramanga. Oben angekommen, sammeln wir bei einer langen Mittagspause im Schatten eines Immobilienmarklerhauses neue Kräfte. Die Hochebene ist voller schicker Villen, Parzelle an Parzelle. Kein Wunder, denn es ist wirklich nett hier. Leicht hügelig zieht sich das Terrain dahin, die gewaltigen Drei- bis Viertausender im Hintergrund. Weite umgibt uns.

Wir radeln bis zu einem Aussichtspunkt und sehen ein Seitental des gewaltig tiefen Canyons unter uns. Schroff fallen die Hänge ab. Gegenüber liegt el Pescadero, die Straße, die wir morgen wieder hochkurbeln werden. Sie zieht sich in langen Serpentinen den Berg hinauf. Das wird anstrengend werden.

Geschwind brausen wir zurück zum kleinen Laden, indem wir vorhin eingekauft hatten. Der junge Mann war so nett, wir wollen fragen, ob wir nicht gleich daneben unser Zelt aufbauen dürfen. Ersteinmal muss der dueño, der Besitzer, angerufen werden, aber auch er gibt sein okay. Unter einem Vordach, neben Stühlen und Tischen des dazugehörigen Restaurants dürfen wir unser Nachtlager aufschlagen. Der kleine Sohn des dueños verbringt mit uns den Abend. Er zeigt uns sein schnittiges Mountainbike und holt den jungen Schäferhund hervor. Wie nicht anders zu erwarten, heißt dieser natürlich Rex. Belustigt erzählen wir ihm von der deutschen Krimiserie mit Kommissar Rex, auch er muss lachen. Wir fühlen uns gut und ausgelaugt. Des Abends wird es frisch auf etwa tausend Metern Höhe. Wir ziehen uns ’ne lange Hose und ’nen Pullover an und freuen uns darüber wir kleine Kinder. Endlich mal sind wir von der Hitze nicht beduselt. Zur Feier des Tages gibt es einen heißen Kakao.

Schnell brausen wir am frühen Morgen in den Canyon hinab. Zusammen mit recht viel Verkehr und vielen LKWs. Auf diese müssen wir aufpassen, denn es gibt keinen Seitenstreifen. Hardy braust vorneweg, ich bin langsamer unterwegs.

Und dann geht’s die folgenden Stunden zur Sache. Wir arbeiten uns um die 1500 Höhenmeter wieder hinauf. Tritt für Tritt. Die Steigung ist nicht all zu schlimm, dafür kontinuierlich lang. Manchmal fordern kurze, steile Abschnitte, insbesondere in den Kurven, höchsten Muskeleinsatz. Der Schweiß rinnt. Cola-Gelüste machen sich breit.

Nach 13km haben wir unsere erste Etappe erreicht. Hier wollen wir Pause machen. Unter dem Sonnenschirm eines Restaurants am Vergnügungspark oben am Rande des Parque Nacional de la Chicamocha finden wir etwas Kühle. Viele Besucher sind da. Per Seilbahn, dem teleférico, kann in den Canyon hinunter und wieder hinauf gefahren werden. Wohl ein riesen Spaß.

Auf den nächsten 13km Steigung werden wir so einige Male beim Keuchen abfotografiert, schön ist das. Zur Linken fällt die Straße steil ab. Zerklüftet schieben sich die Berge aneinander. Dazwischen gibt es kleine Täler und Ebenen auf denen wir Häuser ausmachen können. Ein kühler Wind weht. Wir sind in den Anden. Toll fühlt sich das an.

In Arcatoca erliegen wir dem nächsten großen Hunger. Mit Brot und süßen Teilen aus der Bäckerei sowie einer 3l Big-Cola stärken wir uns und füllen den Zuckerhaushalt auf. Aber nicht lange, denn wir wollen es heute noch bis San Gil schaffen.

Gleich nach Arcatoca geht’s noch einmal steil zur Sache, bis wir den Rand eines Hochplateaus erreichen. Glücksgefühle machen sich breit.

Kontinuierlich wellig zieht sich die schmale Piste dahin. Es geht rauf und runter und macht unheimlich Spaß, auch wenn es körperlich sehr anstrengend ist. Die Sonne scheint auf große, alte Bäume, die mit wehenden Hängepflanzen an ihren verzweigten Ästen neben kleinen Seen stehend sich märchenhaft hin und her winden. Diese hängenden, blau-grauen Pflanzen werden hier lustigerweise als Bart von Sankt Joseph bezeichnet. Gut ernährte Kühe weiden auf den Wiesen. Kleine Häuser stehen am Straßenrand. In ihnen wird so allerlei verkauft. Es gibt Honig, selbstgemachten Likör und eine Spezialität dieser Gegend, gegrillte Riesenameisen. Hardy möchte sie unbedingt probieren, wird aber von mir aufgrund des horrenden Preises für eine mini-Tüte auf später vertröstet. Natürlich kommt er dann nicht mehr zu seinem Genuss, was mir sehr leid tut.

Dafür verbringt er eine gefühlte Ewigkeit im Haus und Hof einer Fadenherstellerin. Am Wegesrand sehen wir vor einem Haus weiße und pinkfarbene Haare in der Sonne hängen. Ist das gefärbtes Pferdehaar? Hardy will es wissen und fragt nach. Es stellt sich heraus, dass dies Rindenfasern sind, also Teil einer Pflanze. Die alte Frau pflückt diese, schneidet sie zurecht und färbt sie ein, um daraus per Spindel Fäden für die Kunststickerei zu machen. Hardy ist völlig aus dem Häuschen, als sie ihm zur Verabschiedung eine Hand voll knatsch pink gefärbter Fäden schenkt.

San Gil

Im kolonialen San Gil kommen wir nach den heutigen 70km Bergarbeit entsprechend gerädert an. Wir pflanzen uns auf eine Bank auf dem großen, belebten Platz und einer von uns geht auf Hotelsuche. Das nette, gemütliche Örtchen San Gil war uns bereits wärmstens von Martha in Cartagena empfohlen worden. Nun bin ich enttäuscht, da ich etwas kleineres mit mehr Ruhe erwartet habe. Genau an diesem Wochenende findet hier das Sommerfest statt, der Ort quirlt nur so über von Menschen. So fällt die Hotelsuche eher schwierig aus. Das Meiste ist belegt oder reserviert. Im geschäftigen Hostel Macondo bleiben wir trotz Fensterlosigkeit und hohem Preis die erste Nacht. Wir wollen fertig werden für heute, schnell kochen und duschen. Morgen gehen wir in aller Ruhe auf Hostelsuche, denn eigentlich wollten wir hier ein paar Tage Pause einlegen.

Unsere Ruhe finden wir bereits am Mittag, als alles Gepäck umgezogen ist. Wir wohnen nun, zusammen mit Rasmus, der schwedische Radler, den wir auch hierher schleppen, im kleinen, familiären Hostel Le Papillon. Es ist etwas abseits des Trubels in einer steilen Seitengasse gelegen. Geführt wird es von einer Kolumbianerin und ihrem schweizer Mann, der auch begeisterter Radler ist. Na, das ist doch klar, um welches Thema sich die Gespräche drehen. Wir bekommen ein super gemütliches Zimmer, dass sich in diesen Tagen nicht nur wie ein Hostelzimmer, sondern wie „unser“ Zimmer anfühlt. Es ist wie eine kleine Maisonnettewohnung geschnitten. Unten stapeln wir auf und neben der Couch unsere sieben Dinge und oben schlafen wir unter’m schiefen Dachgewölbe.

Viel und vor allem günstiges Obst und Gemüse kauft besonders Hardy gern in der geschäftigen Markthalle ein. Auch stoesst er auf ein Auto, auf dessen Ladefläche getrockneter Tabak gestapelt ist. Sowas haben wir noch nicht gesehen.

San Gil ist bekannt für den Extremsport, der in seiner Umgebung für teures Geld ausgeübt werden kann. An diesem Wochenende finden Wettbewerbe in den verschiedensten Kategorien statt, an denen kostenlos teilgenommen werden kann.

Da sehe ich doch dieses gewisse Funkeln in Hardys Augen aufflackern … voller Tatendrang nimmt er am Canopying Teil. Adventure X nennt sich die Geschichte, bei der Hardy auf Zeit ein Kletterturm erklimmt, auf verschiedenen Drahtseilen und wackligen Stegkonstruktionen hoch oben in den Bäumen balanciert, einmal neben und einmal im Wasserfall abgeseilt und zum Höhepunkt ca. 150 m an einer Seilrutsche hängen über den Fluss saust. „Endlich Abenteuer!“ scherzt er dann und wird am Ende sogar mit dem dritten Platz belohnt. Wir wollten es nicht glauben, aber tatsächlich wird das Preisgeld von 50.000 Pesos sogar ausgezahlt!

Noch nicht genug bekommen, überredet er dann Rasmus mit ihm zusammen am Radrennen sin cadena teilzunehmen. Dabei wird ohne Kette eine kleine Steigung hinuntergerollt und versucht mit dem gewonnenen Schwung soweit wie möglich voran zu kommen. Hier ist die Stimmung aufgeheizter als beim Canopying und so manch anderer Teilnehmer gönnt uns nicht den Spaß mit unseren schweren Reiseraeder am Rennen teilnehmen zu wollen. Eine johlende Menschenmenge, inklusive Meinerwenigkeit, begleitet die einzelnen Radler. Leider haben Hardy und Rasmus hier nicht die leiseste Chance gegen die lang geübten Spezialisten und bleiben weit zurück.

Irgendwann trudelt auch Jens im Ort ein. Wir kochen zusammen eine Gemüsepfanne und verbringen einen netten Abend miteinander.

Zusammen machen Hardy und Rasmus eine kleine Wanderung zwischen den kolonialen Orten Guane und Barichara und beschließen gemeinsam eine größere Bergwanderung im Nationalpark El Cocuy anzugehen. Mich können sie nicht begeistern, denn ich habe andere Pläne. Ich möchte seit Wochen eine längere Pause machen, ausspannen, relaxen und Nichtstun.

Von San Gil nach Villa de Leyva

Zusammen mit Rasmus radeln wir bis nach Villa de Levya zu dritt, bzw. wir treffen immer wieder aufeinander, da er zügiger fährt als wir und nicht so viele Zwischenstopps einlegt. Rasmus meint trocken, wenn er fährt, dann fährt er.

Wunderschön windet sich der Weg in den Bergen entlang. In den Bergen regnet es viel. Wir suchen Unterschlupf unter den verschiedensten Dächern und warten ab.

In Moniquirá halten wir an einem kleinen Laden, an dessen Fassade fábrica de bocadillos steht. Wir sind neugierig, können damit so gar nichts anfangen. In Spanien sind bocadillos, doch geschmierte Brote, oder nicht? Hier ist eine eine Süßigkeit, eine Spezialität. Die quietsche süße Masse ist eine pure Energiequelle. Es gibt sie mit Cocos- oder Guavengeschmack, oder mit arrequipe. Das ist gekochte Milch mit Palmenzucker, die durch das Verkochen zu einer süßen, zähen Masse wird. Wir sehen zu, wie die noch recht flüssige Masse in rechteckige Formen gegossen wird oder wie die bereits Erstarrte aus ihnen wieder herausgeholt und in die gewünschten Portionen geschnitten wird. Die freundliche Verkäuferin lässt und probieren. Wir entscheiden uns für die Variante mit Guave.

Des Nachmittags treffen wir Rasmus wieder und beschließen gemeinsam nach einem Zeltplatz zu fragen. Auf den hügeligen, großen Grundstück einer Familie dürfen wir bleiben. Hardy freundet sich sogleich mit der örtlichen Katze an. Es wird bald kühl. Wir befinden uns nun auf etwa 2300m. Wir ziehen uns warme Sachen an und kochen mit tollem Ausblick auf die unter uns liegenden Berge.

Villa de Leyva

Auf den letzten 20km hat Rasmus, wie auch schon in den letzten Tagen, andauernd einen Platten. Irgendwie ist der Wurm drin. Wir helfen mit Kleber und Flicken aus aber es hilft nicht viel weiter. Dann fängt es auch noch an zu gießen.

Schließlich finden wir Unterstand unter dem Vordach einer Bar, die sich im Nichts an einer Kreuzung befindet. Da stehen schon so Einige drunter, unter anderem auch Salva, den spanischen Langzeitreiseradler, den wir bereits hier und da trafen. Die Wiedersehensfreude ist groß! Viel haben wir zu bequatschen. Wie auch bei den letzten Begegnungen ist Salva in gegensätzlicher Richtung unterwegs. Er kommt gerade aus Villa de Leyva und will erst einmal nach Venezuela hochradeln.

Nachdem sich der Schauer gelegt hat, packen wir den letzten Endspurt an auf holperiger Straße ins Tal hinab. Uns ist kalt, die Sachen sind durchgeweicht.

Im Hostal Casa Viena gibt es dann die langsersehnte heiße Dusche. Dieses auch sehr nette, familiäre Hostel liegt am Rand des Ortes und wird von einer Kolumbianerin und einem Österreicher sowie deren Tochter geführt. Die kleine Enkeltochter Emma mag lila und ist fast immer in dieser Farbe gekleidet.


Villa de Leyva ist ein wunderschöner, kleiner, aber auch sehr touristischer Ort. Hier ist es ruhiger als in San Gil. Genau so etwas habe ich mir für meinen „Urlaub“ vorgestellt.

Eine grosse Kirche steht am wohl groessten Platz Kolumbiens.

Lange streifen Hardy und ich durch die kopfsteingepflasterten Gassen, die eingefasst von windschiefen, weiß getünchten Häusern, über deren Hofmauern in der strahlenden Sonne die buntesten Blumen ragen in der Vergangenheit stehen geblieben zu sein scheinen. Es ist so ruhig hier. Auch die vielen Restaurants, Souvenirläden und Hotels ändern nichts daran.

Leider beide etwas an einer Erkältung kränkelnd verbringen wir meinen 29. Geburtstag mit einer kleinen Wanderung hinter dem Ort. Zu einer strahlend weißen Heiligenfigur geht es steil hinauf. Wir haben einen tollen Ausblick auf Villa de Leyva. Eine herannahende, dunkle Wolkenfront lässt uns jedoch flink wieder hinab steigen.

Auf dem samstäglichen Markt kaufen wir wild um uns. Unter provisorischen Zeltplanen versuchen die Bauern aus der Gegend ihre Produkte an den Mann zu bringen. Wir schauen in von der Sonne gegerbte Gesichter, die unter schwarzen Filzhüten versteckt sind. Warme Ponchos werden viel getragen. Dann zieht sich der Himmel zu und es gießt lange wie aus Eimern. Alle suchen unter den Planen Schutz.


Einige Tage später brechen Hardy und Rasmus zu ihrer einwöchigen Wanderung in den Parque Nacional Sierra Nevada del Cocuy auf. Ich freue mich auf’s Alleinsein und Relaxen. So eine „Trennung“ tut auch mal ganz gut.

Fotos zum Text gibt es in der Galerie.

KolumbienPermalink

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