Von Guamote bis zur peruanischen Grenze (Ecuador/ April 2013)

Down into the jungle

Das kleine Ecuador spiegelt auf seiner im Vergleich zu den anderen südamerikanischen Ländern recht überschaubaren Landmasse alle Vegetationszonen des großen Kontinents wieder. Es gibt die heiße Küstenregion mit tollen Stränden, die Bergketten mit ihren atemberaubenden Ausblicken und Bewohnern in buntesten Trachten und den feucht heißen Dschungel des sich ausbreitenden Amazonasbeckens. Letzteren haben wir noch nicht erlebt. Wir sind neugierig und beschließen all die hart erarbeiteten Höhenmeter in schneller Fahrt in den Oriente hinunter zu brausen.

Um hinab zu gelangen geht es natürlich erst einmal auf der tollen, neu asphaltieren, kaum befahrenen Straße bergauf. Von Guamote, gelegen auf ca. 2700m,kurbeln wir auf 3500m hoch. Wir durchradeln kleine Bergdörfer. Uns fallen die märchenhaften Häuser mit ihren Baumstammwänden und dem kunstvoll geflochtenen Dächern auf. Die Leute sind freundlich, die nun zunehmend auftauchenden Terrorstressköter weniger. Zähnefletschend schießen sie aus den Grundstücken uns verfolgend auf die Straße. Manche beißen sogar in unsere Packtaschen, zum Glück nicht in die Beine. Der plötzliche Widerstand bremst die Fahrt. Einem tritt Hardy, Schlangenlinien fahrend, gegen den Kopf, was das Tier nicht besonders zu stören scheint. Von nun an postiert er sein für den Notfall immer noch mitführendes baerspray aus Alaska am Lenker. Bisher hilft ein ruckartiges Anhalten und lautes Anschreien der Hunde gegen die Attacken. Manche erschrecken und verziehen sich winselnd, dann erringen wir grinsend einen Erfolg. Mistviecher!

Wenigstens die kuscheligen Alpakas sind uns freundlich gesonnen. Neugierig begutachten wir uns gegenseitig.

An Kanadas Weite erinnert uns die frühe Morgenstimmung, als wir an den Lagunen bei Atillo im Nationalpark Sangay vorbeikurven. Das schlechte Wetter mit seinen tief hängenden Wolken verbreitet eine mystische Stimmung. Das dunkle Wasser der Seen liegt ruhig vor uns ausgebreitet. In Fetzen zieht der Nebel von der Wasseroberfläche hinauf auf die kargen Bergwände. Praktisch, die Straße windet sich genau durch das Seenmeer hindurch. Wir brauchen gar keine Wanderungen einlegen, machen Pause am Wegesrand und genießen den Ausblick.

Endlich haben wir den Pass erreicht.Wir überqueren eine Wasserscheide. Heißt das, das wir nun einmal die Anden überquert haben?!

Erleben wir auf der westlichen Seite karge Natur oberhalb der Baumgrenze, so stößt hier im Osten der Regenwald bis an die „Kante“ heran. Kühl und feucht ist es. Laut zwitschern die Vögel. Überall wuchern Pflanzen in groß und klein. Auch hier lichtet sich gerade der Nebel. Es tropft von den Blättern. Von einem Aussichtsturm können wir den sich unter uns langwindenden Fluss ausmachen.

In vielen Kurven geht es bergab. Es regnet sich ein. Teilweise ist die Fahrbahn von herunterfallenden Steinen der Steilwand bestückt. Die Situation erinnert uns stark an unsere erste geplante Abfahrt in den Dschungel. Damals brach sich Hardy bei einem Sturz auf nasser Fahrbahn den Arm. Um dies sich nicht wiederholen zu lassen, rollen wir ganz langsam hinab. Zu schade um die lange Abfahrt. Unter einem Vordach hüllen wir uns in Regenklamotten. Regen in Kombination mit Fahrtwind kühlt aus. Im Gegensatz zu den Steinhäusern mit ihren geflochtenen Dächern auf der anderen Seite, sind die Gebäude hier aus Holzbrettern gebaut. Die Menschen sehen auch anders aus. Als wir einem Mann erzählen, wir hätten oberhalb bei den Lagunen geschlafen, meint dieser: „Habt ihr nicht Angst gehabt, dass sie euch fressen?“ Wir stutzen, müssen kurz darüber nachdenken ob wir gerade richtig gehört haben. Aber er meint es ernst. „Wahrscheinlich haben wir Glück gehabt“, antwortet Hardy. Im Weiterfahren müssen wir über diesen Aberglauben schmunzeln.

Mit zunehmender Tiefe nimmt die feuchte Wärme zu. Wir ziehen uns wieder aus. Auf den letzten 20km entpuppt sich die nagelneue Straße als echter Reinfall. Denn sie ist natürlich noch nicht fertiggestellt! Auf einer sich hinziehenden, schlammigen Baustelle arbeiten wir uns vorsichtig an den riesigen Baufahrzeugen vorbei. Der Regen hat lose Erde und Schotter in eine Rutschpartie verwandelt. Die Räder sind bald total verschlammt.

Macas

Etwas irritiert, aber froh hier zu sein, bin ich vom lebendigen, geschäftigen Macas. Der Reiseführer hat doch von einem verschlafenen Nest berichtet. Denn Macas war lange Zeit durch die Steigungen und den Dschungel von den umgebenen Städten abgeschirmt. Nur ein schmaler Pfad, welcher heute zur Straße wurde, verband es mit Riobamba. Damals benötigte es noch eine drei tägige Wanderung mit dem Esel, um in Riobamba einzukaufen. Tja, aber das war einmal. Heute ist Macas mit 30.000 Einwohnern eine Kleinstadt.

Als wir einen Spaziergang zum Aussichtspunkt über dem Fluss unternehmen, lernen wir durch Zufall die liebenswürdige Schweizerin Margit kennen. Spontan werden wir zu einem richtigen Kaffee aus ihrer deutschen, die Bohnen mahlenden Kaffeemaschine eingeladen. Hanspeter, ein Freund von Margit, der gerade am anderen Ende des Ortes eine Villa hütet, schaut auch vorbei. So vergehen bestimmt zwei Stunden mit vielem Erzählen und Kaffeeschlürfen. Am Ende läd uns Margit ein bei ihr einzuziehen. In ihrem Haus sei es doch allemal besser, als in den kleinen, teuren Hotelzimmerbuchten ohne Fenster, meint sie. Wir nehmen mit Begeisterung an.

So verbringen wir ein paar Tage in diesem wunderschönen Holzhaus oberhalb des Flusses. Die quirlige und lebhafte Rentnerin lässt nie Langeweile aufkommen. Es stellt sich heraus, dass wir bereits in Nordecuador auf dem Campingplatz nahe Ibarras von ihr gehört hatten. Und auch unsere Radelfreunde Jan und Karina waren neulich bei Margit zu Besuch. Zusammen machen wir morgens Yoga. Während Hardy den veralteten Computer auf den neusten Stand bringt, erfahre ich Neues über Numerologie undJin Shin Jyutsu. Sie berichtet uns auch über ihre Reisen auf die Galapagos, die Margit mit als erste dort 30 Jahre lang angeboten hat. Wir lauschen über alte Geschichten erster Inselbewohner. Auch über die auf der anderen Seite des Flusses lebenden Shuar-Indianer erfahren wir so einige gruselige Geschichten.

Vor allem aber teilen wir eine gemeinsame Leidenschaft: gutes Essen. So wird über Raqulette, gefüllte Paprikaschoten und Pizza alles gezaubert. Das Schöne ist, das in diesem Haushalt vieles aus Europa zu finden ist. So bin ich begeistert nach so vielen Monaten den Salat mit Olivenöl und Balsamico-Essig kredenzen zu können.

Ich benötige unbedingt mal einen Tag ganz für mich allein und so machen sich Margit, Hanspeter und Hardy samt Hund Jeffrey und guide für einen Tagesausflug auf den Weg in den Dschungel. Begeistert berichtet Hardy später von diesem Trip der sich durch den Genuss daumengrosser, ganz schwabbliger, engerlingartiger, lebendiger und etwas suessschmeckender Totholzbewohner auszeichnete. Welch‘ ein Gaumenschmaus!

Am letzten Tag lichtet sich für einen kurzen Augenblick die Wolkenfront am Vulkan Sangay und gibt einen atemberaubenden Anblick frei.

Back to the highlands

Margit würde uns am Liebsten gar nicht gehen lassen, aber nach den erholsamen Tagen zieht es uns weiter. Zudem läuft unser drei-monätiges Ecuadorvisum bald ab.

Leicht hügelig wellt sich das Gelände dahin. Bananen, Yucca, Papaya, Jamaica und Kakao werden hier angebaut. Wir sind aufgrund der hohen Luftfeuchte bald nassgeschwitzt. Wie in Zentralamerika ist es hier im Dschungel wieder ein normaler Anblick, dass die am Strassenrand laufenden Menschen eine Machete in der Hand zu baumeln haben.

Immer dem Fluss nach Süden folgend befinden wir uns bald auf der plaza in Méndez. Kalter-Coca-Cola-Durst wird gestillt und weiter geht’s.

Nun wird es anstrengend, die Straße biegt ins Hinterland nach Westen ab. Die Steigung, die uns bis nach Cuenca begleiten wird, nimmt rasant zu. Es ist so heiß, ich schwitze und glühe, komme kaum von der Stelle. Hardy setzt das alles wie immer nicht so zu. Er fährt voran und knipst Fotos von den abgefahrenen, riesengroßen Farnen.

Am Nachmittag zieht sich ein Unwetter zusammen. Dunkle Wolken beziehen Position. Das Licht verdunkelt sich. Und dann prasselt es los. Kein Unterstand weit und breit ist in Sicht. „Naja, wenigstens ist es jetzt nicht mehr so heiß“, sage ich und fahre weiter, Tritt für Tritt. Innerhalb von drei Sekunden sind wir bis auf die Unterhosen durchnässt. Nach zehn Minuten hält ein Pick Up vor uns. Drinne sitzen zwei nette Männer, die uns einen Lift anbieten. Während Hardy beim Festzurren der Räder auf der Ladefläche sich fragt, warum wir das eigentlich tun, bin ich heilfroh, es ist mein Lichtblick des Tages. Während wir ihnen das Auto voll tropfen, erzählen uns die beiden Männer, dass sie hier für den Staat an den hiessigen Wasserkraftwerken arbeiten. Im eine Autostunde entfernten Dorf Amaluza setzen sie uns vor der kleinen Kirche ab. Ein gewaltiger Damm staut hinter dem Ort den Fluss an. „Uiui, wenn der mal bricht…“, sage ich. (Das tut er natürlich nicht.)

Toll, wir sind 35km voran gekommen und haben so den steilsten Abschnitt, der uns mindesten einen weiteren Tag harte Arbeit benötigt hätte, erspart. Inzwischen völlig durchgefroren, mache ich mich auf den Weg eine Übernachtungsmöglichkeit zu organisieren und erfahre sogleich mein zweites Tageshighlight.

Die nette señora gegenüber der Schule hat die Schlüssel für die Kirche. Neben dem Turmzimmer mit zwei Betten, bekommen wir gleich die gesamten Schlüssel für den Sakralbau in die Hand gedrückt. Später können wir noch bei ihr heiß duschen kommen, bietet sie uns an. Das ist super nett!

Hardy freut sich ungemein, sogleich schiebt er sein Rad vor den Altar und probiert ein neues Motiv aus. So kann auch sein geliebtes bike einmal eine Kirche besuchen.

Frisch geduscht und in trockenen Klamotten klingt der Tag angenehm aus. Als wir bereits liegen, wackeln plötzlich die Wände. Die Bewegung übertragt sich auf’s Bett. Dann hört es auch schon wieder auf. Wir schauen uns an, wir haben soeben unser erstes Erdbeben gespürt.

Zwei weitere Tage schleichen wir die Berge hinauf, bis wir schließlich Cuenca erreichen. Kurz nach Amaluza beginnt auch hier eine lange Baustelle. Teilweise gibt es nur eine Spur. Schotter folgt auf Betonabschnitte. Von den vorbeifahrenden Lastwagen werden wir eingestaubt. Auch hier belästigen uns Hundebestien.

Cuenca

Geschafft sitzen wir schließlich um 16 Uhr im Zentrum der Altstadt im Parque Abdón Calderón. Eigentlich wollen wir nach den heutigen 73km nur etwas trinken und unsere Ruhe haben, da kommen auch schon gleich zwei kolumbianische Touristen an und wollen ein Foto von uns machen.

Noch zwei Stunden pausieren wir, bis wir uns mit Checo, unserem netten couchsurfing- Gastgeber, treffen. Zusammen brausen wir zum Haus seiner Familie im Süden der Stadt. Für heute machen wir erst mal nichts mehr. Die vorangegangene Dauersteigung merken wir, unser Körper brauchen Ruhe.

Zusammen mit Checo erkunden wir am Folgetag die Altstadt. Heute ist Gründungstag und eine Menge los. Es ist ungewohnt sauber und aufgeräumt. Eine Menge junger Leute sowie Touristen laufen herum. Ein sauberer Fluss durchfließt die Stadt. Das Wasser sowie die Flussufer sind wie schon gesagt, sauber. Unvorstellbar, das in Lateinamerika! Die an den grünen Ufern und auf der Promenade herumhängenden jungen Leute erinnern uns stark an Berlin. Wir tun es ihnen gleich und sind begeistert. Nur ein Bierchen wird hier nicht getrunken, da dies in der Öffentlichkeit verboten ist. Schade, darauf hätten wir Lust gehabt.

Insgesamt fühlen wir uns sehr wohl in Cuenca. Nach San Cristobal de las Casas im Süden Mexikos ist dies eine Stadt, die uns wirklich sehr gut gefällt. Es ist eine für uns sehr angenehme Mischung aus europäischer und südamerikanischer Kultur.

Zudem gibt es viele Museen, Galerien und auch Streetart zu entdecken. Das Museum der Banco Central sowie das Strohhutmuseum gefällt uns gut. Anschaulich werden im ersteren die verschiedenen Kulturen der Bewohner des kleinen Landes dargestellt. Mit Schaudern betrachten wir die Faust großen Schrumpfköpfe der Feinde der Shuar-Indianer. Dieser Brauch ist heute verboten, wird aber dennoch vereinzelt ausgeführt.

In der Markthalle lassen wir uns das erstaunlich gute und günstige Essen schmecken und kehren immer wieder zu „unserer“ jugo-Verkäuferin zurück, die einen leckeren Kokossaft verkauft.

Im Antiquariat Sumaglla sind wir insbesondere von der alten Lady des Hauses, die einen gegen eine Gebühr von zwei Dollar auch ihre Privatgemächer zeigt, angetan. Sie ist ein lebendes Fossil, ein Nachkomme einer spanischen Familie, die einst der Oberschicht Cuencas angehörte und zur Zeit der Kolonialherrschaft herkam. Die betagte Dame scheint noch immer in dieser Welt zu leben und auch an ihrem Haus nichts verändert zu haben. Stolz zeigt sie uns welches Besteck, Möbelteil oder Wandgemälde aus Frankreich oder Spanien hergeschifft wurde und wie antik die feinen Wandarbeiten sind. Nur in manchen Räumen dürfen Fotos gemacht werden und dann auch nur eines pro Person und Zimmer. Etwas wirklich unglaubliches entdecken wir, als uns ein Schlafzimmer gezeigt wird. In der Türschwelle stehend, blicken wir auf ein antikes Bett. „Unter der über dem Kopf hochgezogenen Decke muss doch Jemand liegen?!“, fragt Checo. Die Hausherrin bejaht dieses. So klein wie der Abdruck ist, muss die Person doch noch älter sein als unsere Gastgeberin. Schnell verziehen wir uns völlig perplex aus diesem Raum. Noch immer lachend stehen wir wieder vor dem Haus draußen auf der Straße. In was für eine Welt durften wir da eben reinschauen?

Während ich es mir mit viel schwarzem Tee in der Küche gemütlich mache, mich lange mit Checos Mutter unterhalte und schreibe, brechen Checo und Hardy auf in den stadtnahen Nationalpark Las Cajas. Sie wollen eine kurze Wanderung unternehmen und angeln gehen. Leider haben sie bei letzterem keinen Erfolg und die erhofften Forellen zum Abendessen bleiben aus. Dafür haben sie mehr Glück in der Liebe, wie ein ecuadorianisches Sprichwort besagt.

In diesem Haus erfahren wir erstmals kritische und negative Stimmen gegenüber des sonst so bejubelten Präsidenten Rafael Correa. Wir hören, dass die Leute aus Angst um ihren sowie den Arbeitsplatz ihrer Familienangehörigen in staatlichen Stellen keine Kritik äußern würden. Correa habe Macht, sei sehr strikt, auch diktatorisch und hätte überall seine Leute, die dann unter einem Vorwand den Arbeitsvertrag kündigen und ihn mit jemand aus ihrer Partei besetzen würden. Aufgrund von hoher Geldstrafen der Verleumdung schreibe keine Zeitung negatives über Correa. Mit Druck, sie solle doch an den Arbeitsplatz ihrer Kinder denken, wurde die Mutter vor der Wahl zum Eintritt in die Partei gedrängt. Auch wenn das Gegenteil gesagt würde, währen heute viele arbeitslos. Zudem seien die Abgaben für die Reichen und den Mittelstand so gestiegen, dass sich unsere Familie heute beispielsweise keine Putzkraft mehr leisten könne…

Über die Berge nach Vilcabamba

Herzlich verabschieden wir uns von Checo und seinen Eltern und nehmen einen anstrengenden Abschnitt in Angriff. Die 250km bis nach Vilcabamba sind ein reines Auf und Ab. Die Panamericana, hier bis nach Loja sehr angenehm ruhig verlaufend, wählen wir. Nach dem Abzweig in Richtung Machala gibt es wenig Verkehr, denn dieser bewegt sich an der Küstenroute entlang.

Der Straßenbelag aus Betonplatten mit aufeinander folgenden Rillen und Nähten erinnert sehr an ostdeutsche Autobahnen, auch das Geräusch ist das gleiche. Es macht flopp, flopp, flopp.

Pro Tag machen wir bestimmt um die 1000 Höhenmeter, denn auf einen 3000der Pass folgt die Abfahrt in eine steile Schlucht, kaum den Fluss gequert, geht es in Serpentinen wieder hinauf – Helm auf, Helm ab, Windjacke aus, Windjacke an. Anstrengend ist das. Auf dem MP3 Player hören wir Hörbücher im Dauereinsatz. Die Aussichten in die wunderschöne Berglandschaft sowie tolle wilde Zeltplätze entschädigen uns. Diese Gegend ist kaum besiedelt, so schlafen wir auf einem Hochplateau neben skurrilen Pflanzen und einem Strommast und gut versteckt in einem Nadelwald. Das haben wir vermisst!

Vilcabamba

Nach 3 ½ Tagen erreichen wir das kleine Örtchen Vilcabamba. Berühmt ist es für sein hier produziertes Wässerchen und seine vielen alten Leute. So wird es das Dorf der 100- jährigen genannt. Aber auch als Gringolandia steht es in unserem Reiseführer. Und letzteres fällt uns sofort auf, als wir die Räder auf die plaza unter einen Baum schieben. Es wimmelt hier nur so von Touristen, die meist hippieresk angehaucht sind. Vor allen Dingen bemerken wir Mittdreißiger, die hier mit ihren erstaunlich vielen Kindern herumhängen. Wo sind wir denn hier gelandet? Hardy kriegt schon mal die Krise, ich grinse breit. Wenigstens auf dieser plaza wird in der Öffentlichkeit Bier getrunken, ein Pluspunkt.

Unsere Körper fordern eine Pause, wir arbeiten unsere fortwährende bestehende to-do-Liste ab und bleiben zwei Tage hier im charmanten, leicht herunter gekommenen Hostal Valle Sagrado. Hardy bekommt dann auch gleich kribbeln in den Beinen uns muss unbedingt den Berg Mandango (2040hm) westlich von Vilcabamba besteigen.

Endspurt zur peruanischen Grenze

Nach Süden zum Grenzort La Balsa windet sich die Straße am Fluss Catamayo und später am Río Mayo dahin. Flach ist sie nicht, erinnert eher an Achterbahn mit steilen Aufs und Abs. Wie in vielen anderen Parten Ecuadors befindet sich die Piste im Bau. Sie soll Ende 2014 fertig sein.

Über die ersten 47km freuen wir uns, denn die sind bereits betoniert. Wenn auch steil und arbeitsintensiv, geht es hier doch verhältnismäßig flott voran. Danach folgen 100km Schotter in Kombination mit etwas Matsch. Zum Glück ist bleibt trocken, in der Regenzeit ist es bestimmt keine Freude sich hier lang zu arbeiten. Wir sehen die Berge sich vor uns auftun, da müssen wir rüber.

Fast zwei Stunden suchen wir nach einem Schlafplatz. „Hier gibt es ja gar nichts!“, ruft Hardy immer wieder aus. Er hat recht. Zu unserer Linken erhebt sich der Berg, zu unserer rechten fällt er steil nach unten ab. Dazwischen wir, rutschend auf der roten, schmierigen Lehmpiste. Dichter Dschungelbewuchs auf dem schmalen Vegetationsstreifen macht kein hineinschleichen möglich. Es ist bereits 18h, als wir kurz über dem Ort Valladolid eine Wiese mit einem alten, verlassenen Kuhstall vorfinden. Darin bauen wir erschöpft unser Moskitozelt auf, kochen geschwind und fallen in die Betten.

Die beiden folgenden Tage bringen pure Schotterpiste mit sich. Es ist verdammt heiß. Wir stauben total ein, denn vorbeifahrende Autos bremsen natürlich nicht ab. Manche Kurven sind zu steil da schiebt sogar Hardy.

Ein Mann schenkt uns von seinem Bananenhain zwei Früchte. Er warnt uns vor den Peruanern und meint, wir sollen aufpassen, dort sei es gefährlicher als in Ecuador. Auch schimpft er über das Nachbarland, welches im Krieg von 1941 nach und nach ecuadorianisches Land geklaut habe. So leben viele seiner Familienangehörigen heute auf peruanischer Seite.

Zwei Mal passieren wir auf diesem Abschnitt Kontrollposten des Militärs mit Schranke. Das hatten wir vorher nicht. Auch müssen wir unsere Pässe zücken und unsere Daten werden peinlich genau in eine Tabelle aufgenommen.

In den Dörfern werden auf Plastikplanen Kaffeebohnen in der Sonne getrocknet und mit einer Art Schneeschieber gewendet. Die Erntesaison hat gerade begonnen. Auch sie werden vom Verkehr eingestaubt. Es sind kleine, verschlafene Dörfer, in denen wir kalte Cola unsere trockenen Kehlen herunterrinnen lassen. Die Leute sind freundlich und Fahrradfahrer bereits gewohnt. So wird uns in Isimanchi von sich aus die Casa Comunal (Gemeindehaus) zum schlafen angeboten und kurz vor der Grenze im Miniort Pucapamba von der Ladenbesitzerin der Fußballplatz. Wir trinken erstmal einen Saft. Gerade ist eine Frau vom Gesundheitsamt da und erhebt in Leggins, schlabberigen Shirt und ihre Dokumente in einer Plastiktüte mitbringend in einer schiefen, mit der Hand gezogenen Tabelle Daten über die Bewohner Pucapambas. Da geht es um Namen, Geburtsdaten, Blutgruppe, ernste Erkrankungen, Schwangerschaften und Versicherungen. Die Ladenbesitzerin gibt bereitwillig über sich und all ihre Nachbarn Auskunft. Man stelle sich das mal in Deutschland vor!

Nachdem die Jungs des nahen Militärstützpunktes mit dem Fußballspielen fertig sind, bauen wir neben jenem das Zelt auf und Hardy kocht. Wasser gibt es auch. Einer von ihnen fragt uns, ob wir nicht Gras dabei hätten. Wir verneinen es lachend. Wir fühlen uns hier sicher und genießen die schöne Abendstimmung mit Blick auf die kleine Kirche und die vor uns liegenden Berge. Das ist bereits Peru. Wir verbringen heute unsere letzte Nacht in Ecuador.

Schnell sind wir am nächsten Morgen um 8h in La Balsa. Schlafen noch alle?! Niemand ist zu sehen. Ein freundlicher Zollbeamte zieht gerade die ecuadorianische Flagge am Mast nach oben. Den jungen Typen in der Migration muss ich erst herbeirufen. Eifrig prüft er unserer Pässe und haut dann problemlos den Ausreisestempel hinein. Hardy tauscht noch Dollarnoten in peruanische Soles, da wir erst in einiger Entfernung einen Geldautomaten erwarten. Und dann kann’s losgehen, Land Nummer 13 erwartet uns!

Fazit Ecuador

Mehr als zwei Monate sind wir in diesem kleinen Land Kurven geradelt und haben uns sehr wohl und sicher gefühlt. Wir haben keine negative Situation erlebt. Die Menschen hier sind nett und freundlich, wenn auch distanzierter und zurückhaltender als ihre kolumbianischen Nachbarn.

Ganz besonders hat uns die Vielfalt Ecuadors auf engstem Raum gefallen. Recht schnell ist man auch per Rad von der Küste in die Berge oder in den Dschungel unterwegs. Jede dieser Regionen bietet ihren ganz eigenen Charakter. Ein besonderes und noch lang anhaltendes Highlight ist für uns der Besuch der Galapagos Inseln gewesen!

Unter der Präsidentschaft Correas scheint sich so einiges zu ändern, auch wenn nicht alles Gold ist was glänzt. Diese rasche Entwicklung ist interessant zu beobachten. Es wird beispielsweise viel Geld in Bildung und ins Gesundheitswesen gesteckt sowie in den Straßenbau. Letzteren haben wir genossen, aber auch jede Menge anstrengendes Kopfsteinpflaster auf kleinen Nebenrouten erlebt. Die Steigungen sind wirklich derbe. Auch nimmt die Aggressivität der Hunde zu. Zähnefletschend, laut bellend und in die Radtaschen beißend müssen wir uns nun sehr vor ihnen in Acht nehmen.

Polizei und Militär haben wir vereinzelt und als nicht aufdringlich wahrgenommen. Letzteres erst in Grenznähe.

Negativ überrascht sind wir über die unerwartet hohen Preise der Unterkünfte und allem anderen außer Lebensmitteln gewesen.

Sobald das Internet es zulaesst laden wir auch die entsprechenden Bilder fuer die Galerie hoch.

EcuadorPermalink

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