Von Huaraz bis nach Ayacucho (Peru/Juni 2013)

Überquerung der Cordillera Blanca

Ein paar Ruhetage nach unserer tollen Wanderung durch die Cordillera Huayhuash tun uns gut. Wir sind ausgeruht und schwingen uns voller Vorfreude auf die Sättel. Auf feinster Schotterpiste steht sogleich die Überquerung der Cordillera Blanca an.

Noch bis Cátac rollt es flink auf Asphalt, dann biegen wir nach Osten in den Nationalpark ab. 1 1/2 Tage brauchen wir, um die 50 folgenden Kilometer zu bewältigen, denn es geht stetig bergauf.

Im seichten Wind weht das gelbes Büschelgras (Incu-Gras). Dazu gesellen sich immer mehr gigantische Bromeliengewächse, die bis zu 12m hoch sind. Genauer gesagt sind es die Puya Raimondi. Ihr enormer Blütenstand ragt gewaltig in den Himmel. Bis zu 8m kann dieser hoch werden und ist somit der längste der Welt. Hardy ist begeistert und kann sich kaum lösen.

Schönste Berglandschaft umgibt uns. Wieder können wir schneebedeckte Gipfel bestaunen. Noch radeln wir bei Sonnenschein, nachts wird es richtig kalt. Wir zelten auf 4700m – unser bisher höchster Zeltplatz und diesmal ohne Höhenprobleme.

Schnee, Hagel und kalter Wind peitschen uns ins Gesicht, als wir am nächsten Tag auf zwei Deutsche in ihrem Camper treffen. Nach ihren Gesichtsausdrücken, im T-Shirt drinnen im Warmen sitzend, halten die uns für völlig verrückt, wie wir trotz des Schneesturms guter Dinge und zufrieden die Piste hochradeln. Solange es hoch geht, wird uns wenigstens warm, ich mag nicht an die Abfahrt denken. Der höchste Punkt auf 4884m ist nicht genau auszumachen, dennoch beschließen wir irgendwann oben angekommen zu sein.

Peruanische Höllenhunde

Die folgende Abfahrt kühlt aus. Bald erreichen wir Asphalt und sausen insgesamt 30km auf vielen Serpentinen hinab nach Huallanca. An dieser Stelle möchte ich den von unserem Radlerfreund Andre benutzten Begriff der peruanischen Höllenhunde verwenden. Ihre Verwandten in abgeschwächter Form haben wir ja bereits zu genüge im Norden kennengelernt. Aber jene Vertreter hier sind um so einiges aggressiver! Auf diesem Abschnitt erleben wir sie schließlich. Wild zerzaust, Zähne fletschend, die Oberlippe so weit hochgezogen, dass man die volle Beißkraft sehr gut erahnen kann, die Augen weit aufgerissen, die Haare im Nacken aufgestellt – das sind Biester, die uns bellend verfolgen, und jagen uns dann doch Angst ein. Trotz plötzlichem Abbremsen und damit meistens den Jagdinstinkt außer Kraft setzen, beißt einer volle Kanne in Hardys Packtaschen. Der Besitzer steht daneben, lacht nur und gibt blöde Kommentare ab. Wer ist nun schlimmer? Hardy ist wütend und schimpft. Als die vier Terrorstresshunde jedoch immer wieder kehren und nicht von uns ablassen, ist irgendwann seine Hemmschwelle soweit gesunken, dass er nun zum ersten Mal auf unserer Reise das seit Alaska mitgeführte Anti-Bär-Pfefferspray einsetzt. Eine gelbe, giftige Wolke kommt heraus. Die Hunde trollen sich im Nu. Es wirkt! Weiter geht’s ohne ernsthaften Zwischenfall.

Total ausgefroren schlingen wir im kleinen Huallanca eine heiße Suppe und einen Tee in uns hinein und setzen uns auf die plaza, um uns in der Sonne aufzuwärmen. Heute wollen wir nur noch in den Nachbarort La Unión radeln.

In diesem Tal sind die Menschen viel freundlicher als im vorherigen. Aus verfallenen Lehmhäusern und von den Feldern werden wir gegrüßt. Wir müssen gar aufpassen niemanden beim Zurückgrüßen zu übersehen. Mais wird an den Häusern hängend getrocknet. Wunderschön geht es wellig am Fluss entlang. Blumen blühen in allen Farben.

Auf der folgenden Strecke bis nach Huánuco erleben wir die Menschen wiederum als nicht sonderlich nett. Von früh bis spät wird uns gringo-gringo-gringo an den Kopf geknallt und das nicht in den freundlichsten Tonlagen. Dazu kommen Ausdrücke, die wir nicht verstehen und schallendes Gelächter. Die Leute scheinen hier keinen Bock auf Touristen zu haben und lassen das spüren. Das drückt die Stimmung.

Zum dritten Mal kreuzen wir den Fluss Marañon und radeln an seinem Ufer nach Süden. Es geht immer auf und ab. Nach einem anstrengenden climb am Morgen erspähen wir La Corona del Inca. Eine gewaltige Felsformation, die wirklich wie eine Krone wirkt, wird imposant von der aufgehenden Sonne angestrahlt.

Vom Niveau der Agaven und Eukalyptusbäume fallen wir auf einer weiteren Abfahrt (50km!) ab in heiße Tiefen unter 2000m und empfinden diese Temperaturen als unangenehm warm. Sogar die Köter zeigen kein Interesse mehr an uns. Blümchen wachsen, Bienen summen, sogar Kakteen entdecken wir. Uns entgegen radeln zwei Franzosen. Sie in kurzen Hosen und wir noch in dicker Jacke und Schal. Natürlich wird ein Schwätzchen gehalten.

Huánuco

Am Mittag rollen wir bereits auf die belebte und mit Palmen bepflanzte plaza in Huánuco und beschließen für heute hier zu bleiben. Bei der Hotelsuche stoßen wir auf den Deutschen Heinz, der bereits seit 14 Jahren in Peru lebt und seit über einem Jahr in dieser Stadt. Er erläutert uns in den schillerndsten Tönen wie scheiße und korrupt er doch alles findet, dass es nur um’s Abziehen ginge und die Frauen doch nur Geld und Geschenke wollten. Aha, nun kennen wir seine Sicht und versuchen ihn wieder los zu werden, denn es ist gar nicht so einfach seinen Redebedarf zu stoppen.

Auf dem Markt werden Kokablätter in riesen Säcken verkauft, die Verkäuferinnen sind alle ganz herzig und winken uns herbei. Aufgrund des nahen Dschungels ist jegliches Obst zu haben. Ansonsten empfinden wir den Markt eher als gruselig und zu meiden. Obskure Gestalten laufen herum. Menschen liegen sabbernd auf den Bürgersteigen. Andere schreiten in großen Schritten über sie hinweg.

Ich bin dann hoch erfreut, als ich an einer Ecke seit langem einen großen Supermarkt entdecke und tobe mich aus. Ich muss nicht nach Preisen fragen und überlegen, ob diese nun angemessen oder völlig überzogen sind, denn sie stehen einfach auf den Produkten. Es gibt sogar pan integral, wenigstens mal kein ganz weißes Brot!

Der urbane Raum rund um Huánuco zieht sich bei der Ausfahrt ewig hin. Wie immer auf schlechtester Straße, gespickt voller Risse und Löcher, kurven wir im Tross mit vielen anderen Mototaxis und Motorrädern dahin. Wer kommt an den vielen Ampeln als erster los? Es wird gedrängelt und gehupt. Das ist anstrengend und wir sind froh die Landstraße zu erreichen. Nicht nur der nervige Verkehr, aufgewirbelte Staub und die Abgase in Kombination mit der burnenden Sonne erinnert uns an Zentralamerika, auch der Verwesungsgeruch und der angekokelte und nach Plastik stinkende Müll am Wegesrand.

Langer Anstieg nach Cerro de Pasto

Nun beginnt die Steigung. Sie wird erst nach dem über 100km entfernten Cerro de Pasto wieder aufhören. Das ist mit 4330m die höchste Stadt der Welt. Die Steigung ist sanft aber lang und stetig. Wir rollen vorbei an Feldern. Schafe grasen. In einem Dorf wird gerade auf dem Bürgersteig vor dem Haus ein Schaf geschlachtet und ausgeweidet. Aber immerhin einen Bürgersteig gibt es:-) Kinder spielen auf einem Stück Rasen. Als sie uns sehen, rufen sie im Chor: „Buenos dias señor turista“. Ich muss lauthals lachen, mit so etwas nettem habe ich nicht gerechnet. Vielleicht erklärte ihnen mal jemand, dass das ständige gringo-Gerufe nicht so gut ankommt.

Die Landschaft wird karger, Büschelgras dominiert wieder. Scheue Vicuñas grasen. Wir sind über 4000m angekommen und merken die dünne Luft. Wir werden langsamer und ich verschnaufe öfter. Dann erreichen wir den Abzweig nach Cerro de Pasto und den Pass. Wir beschließen die nicht schöne Stadt rechts liegen zu lassen und machen uns auf zur folgenden Hochebene.

Altiplano

Das Altiplano liegt vor uns. Endlich, endlich radeln wir auf einer Hochebene! Der Blick ist toll, Berge umgeben uns in der Ferne – Weite. Aber es windet auch sehr und ist kalt. Müll liegt herum, der hin und her geweht wird. Es ist Sonntagnachmittag und in allen Käffern ist Totentanz. Die Leute sind so betrunken, sie nehmen uns gar nicht wahr. Überrascht sind wir, das die Polizei Verkehrskontrollen durchführt und die betrunkenen Fahrer nicht zimperlich aus ihren Autos zerrt.

Wir finden kein Restaurant, um unseren Hunger zu stillen und essen dann im Windschutz einer verfallenen Tankstelle trocken Brot. Es gibt hier viele verrottete Tanken, die grifos genannt werden. Etwas niedergeschlagen machen wir uns auf. Der erste Eindruck vom kleinen Altiplano ist für mich dann doch nicht so positiv. Auch verfolgen uns wieder zähnefletschend die blöden Hunde.

Es ist bereits 17h und kühl, als wir den Ort Carhuamayo erreichen. Auch die Bewohner frieren, nicht nur wir, und sind super dick angezogen. Die meisten Hotels haben zu. Jedoch ist Pfarrer Felipe sehr nett und stellt uns sogleich einen leeren Raum in der parroquia zur Verfügung. Sein Bruder und er laden uns just nachdem wir gekocht und gegessen haben zum Essen ein. Da hilft nichts, es muss ein zweites Mal geabendbrotet werden. Wir erfahren viel über die Gegend und Naturheilkunde und bekommen den Altar gezeigt, den der Bruder mit viel Blattgold gerade restauriert.

Die Sonnenstrahlen wärmen bereits, als wir uns vom padre und seinem Bruder am nächsten Tag nach einem morgendlichen Kaffee verabschieden. Unser zweiter Eindruck des Altiplanos ist ein ganz anderer. Wunderschön breitet sich das goldene Licht über die Ebene aus. Der Himmel ist strahlend blau. Auch sehen wir nun den nahen See Chinchaycocha. Braune Lehmhäuser befinden sich zwischen der Straße und seinem Ufer. Schafe blöken. Die Leute sind freundlich.

Auf der plaza im Dorf Huayre überrascht uns die immens große Statue einer maca, einer Rübe, die zur Gattung der Kresse gehört. Unsere ist fast so groß wie die Kirche. Die gesunde maca wurde hier schon von den Inkas angebaut. Sie ist extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt und sehr widerstandsfähig.Es gibt maca-Saft, maca-Marmelade und getrocknete macas. Da die Pflanzen den Boden jedoch sehr auslaugen, wird auf den Feldern nur jedes fünfte Jahr Anbau betrieben, erklärte uns padre Felipe.

Zu unserem zweiten Frühstück sitzen wir bereits auf der plaza im ruhigen, netten Ort Junín. Wir beobachten die Leute, die Leute beobachten uns. Freundlich wird sich gegrüßt. Es gefällt uns hier, so bleiben wir, um Kräfte zu tanken. Gemütlich schlendern wir über den Markt und probieren maca-Produkte aus.

Über unser Hotel belustige ich mich. Denn im Erdgeschoss gibt es neben der Zimmervermietung auch einen Duschshop. Für 4soles (1,11Euro) kann eine Kabine eine halbe Stunde lang gemietet werden. 15 Minuten lang läuft dann das warme Wasser. Es scheint ein gutes Geschäft zu sein.

Über Tarma nach Jauja

Tiefe, dunkle Wolken türmen sich am Morgen auf. Wir rollen dennoch los, dem Gewitter vorne weg. Hardy möchte so gern mal wieder über Schotter auf kleinen Pisten gurken, ich gebe zähneknirschend nach und so biegen wir südlich von Junín auf eine kleine Straße nach San Pedro de Cajas ab. Vicuñas grasen gleich neben dem Weg und lassen sich von uns nicht stören. San Pedro de Cajas liegt bald unter uns.

Über rutschigen, losen Schotter geht es in vielen Serpentinen hinab zum Fluss. Die Hunde einer im Rekord strickenden Schäferin bellen uns knurrend an. Mit ihr kommen wir ins Gespräch. Sie freut sich (im Gegensatz zu den Viechern) riesig uns zu sehen, umarmt uns sogleich und möchte am Liebsten, dass wir dableiben. „Wann kommt ihr denn zurück?“, fragt sie, als wir nach dem Schwätzchen schließlich weiter fahren.

Kurz vor dem Dorf Palcamayo ist dann die Piste aufgerissen, es gibt eine sandige Umleitung. Ein kleiner Opa, auf wackeligen Beinen schwankt über die aufgerissene Straße. Hardy hilft ihm bestimmt eine halbe Stunde lang das Hindernis zu überbrücken und trägt ihn teilweise. Der alte Mann ist nicht mehr ganz beisammen und faselt dauernd etwas von Jesus. Ein wenig später treffen wir ihn im Restaurant wieder, Hardy sagt hallo, aber von ihm kommt keine Reaktion. Wahrscheinlich kann er sich nicht mehr an die Kletterpartie erinnern. Zum Bezahlen des Essens fehlt ihm dann auch das Geld, was ihn aber nicht davon abhält wackelnd in ein Taxi zu steigen.

Wir gondeln weiter auf schlammigem Schotter am Fluss entlang. Hier wird viel Landwirtschaft betrieben und vor allem Spinat angepflanzt. Die Menschen sind nett. Sie sprechen mich mit „mamita“ an, was ich als wesentlich angenehmer empfinde als gringa.

Ein Platten meinerseits lässt die Weiterfahrt verzögern. Am Spätnachmittag erreichen wir im Nieselregen Tarma. Es ist keine sonderlich schöne Stadt. In den Nebengebäuden der Kathedrale kommen wir dank padre Jaime unter. Diesmal im Gästezimmer, es gibt sogar zwei Betten.

Zu Beginn erwartet uns am darauffolgenden Tag sogleich eine 26km lange Steigung. Zumindest haben wir wieder Asphalt unter den Rädern. Wir schwitzen uns dem Pass entgegen. Oben ist es karg und kalt, wir ziehen uns warm an, um hinabzurasen. Die folgende Strecke ist mit Gegensteigungen durchsetzt, die jedoch einfach zu meistern sind. Die Felder sind in gelb und braun Tönen getaucht. Es ist schön hier.

In Jauja finden wir ein nettes Restaurant mit sehr freundlicher Bedienung. Wir haben das Gefühl, zahlt man einen sol mehr, bekommt man mehr. Es gibt eine Mandarine zum Nachtisch und wir werden zur chicha eingeladen, ein fermentiertes Getränk aus Früchten.

Bedrohlich ziehen sich die Wolken zu, der Wind pfeift – Gewitterstimmung. Müll wird durch die Gegend geblasen. Man fühlt den nahenden Regen. Schnell schwingen wir uns auf die Sättel und fahren dem Gewitter davon. Flach ist es, so fliegen wir mit 30km/h unserem Ziel für heute, Concepción, entgegen. Das macht richtig Spaß! Ich weiß nicht, wann wir das große Kettenblatt zum letzten mal so im Einsatz hatten.

Endspurt nach Ayacucho

Der morgendliche Verkehr nervt, zum Glück wird es bis nach Huancayo vierspurig, das entzerrt. Die Fahrt bis ins Stadtzentrum empfinde insbesondere ich als sehr stressig, da muss ein Kaffee und ein Stück Kuchen her. Auf Hektik und Lärm haben wir keine Lust, so verweilen wir nicht lange in der Großstadt.

Auf dem folgenden 18km langen climb bekommt Hardy von zwei lauthals lachenden Typen aus einem fahrenden Auto eine Bierdusche ab. Trottel gibt’s! Es ist ganz schön heiß, wir freuen uns auf die Abfahrt. Diese ist sehr lang und geht über lange Serpentinen hinunter zum Fluss. Jede Menge fette LKWs sind unterwegs, deren Fahrer sind aber meistens freundlich und machen einen Bogen um uns.

Wir rasen gleich durch bis nach Izcuchaca. Das ist ein netter, kleiner Ort, mit alter Kirche und Station der Eisenbahn, die hier auch Personen transportiert. Leider sehen wir nie einen Zug.

Heute landen wir zu Hardys großer Freude mal in der örtlichen Polizeistation. Er möchte das mal unbedingt ausprobieren. Wir geraten auch gleich an einen netten Polizisten und unterhalten uns lange mit Hector Gonzales, der als Nebenjob ein kleines Fuhrunternehmen hat und sehr national-patriotisch ist.

Wir würden in den folgenden Tagen durch den Rückzugsraum der Terrorgruppe Sendero Luminoso radeln, sagt er. Das ist eine maoistische Gruppierung, die Ende der 1960er aus einer Studentenbewegung im Distrikt Ayacucho entstanden ist. Sie löste zehn Jahre lang bürgerkriegsähnliche Zuständeaus, die fast 70.000 Menschen das Leben kosteten. Die Organisation sei dezimiert, aber nicht niedergeschlagen, hören wir. Sie seien groß im Drogen- und Abholzungsgeschäft auf dieser Strecke involviert und raubten immer mal wieder Leute aus, aber das eher zu Weihnachten, erklärt er uns grinsend.

Abends dürfen wir in den Raum zur Sachbearbeitung ziehen. Dieser ist mit drei Schreibtischen in verschiedene Fachgebiete unterteilt: Es gibt die häusliche Gewalt, Bürgerbeteiligung und Statistik. An den Wänden hängen selbst gebastelte Schaubilder und der Text des Liedes der Polizei. Das Licht funktioniert nicht. Als er unsere schmalen Isomatten sieht, „auf denen man sich nicht einmal umdrehen kann“, können wir den netten Hector nicht davon abhalten uns alte, schmutzige und durchgelegene Matratzen zu holen, die wir pflichtbewusst drapieren, aber sobald er weg ist, gleich zur Seite räumen.

Der folgende Abschnitt bis nach Huanta ist wirklich schön! Das schmale Tal ist eingefasst von rötlichem bis hin zu lilafarbenen Gestein, welches in Verwerfungen und steilen Kanten toll anzusehen ist.

Wir radeln immer am Fluss Mantaro entlang, mal hoch über ihm, mal ganz nah am Ufer. Tendenziell geht die Straße bergab, ist jedoch von vielen Gegensteigungen durchsetzt. Wir haben Glück, denn der Asphalt ist nagelneu. Für peruanische Verhältnisse gibt es nur wenige Risse oder Löcher. Hier und dort wird noch gearbeitet und ein Bauarbeiter ruft uns im Affekt zu: „Hello teacher!“

Die Kilometerangaben in unserer Karte stimmen überhaupt nicht. Zudem halten die Gegensteigungen und ein gerissener Schaltzug auf. Am späten Nachmittag erreichen wir müde nach 84km endlich den Ort La Esmeralda und dürfen auf der Bühne des Gemeindehauses schlafen.

Wir sind geschafft und fertig, was eine Horde wirklich netter, aber auch nervender Kinder nicht davon abhält lange an uns zu kleben. Sie finden alles super interessant, verfolgen jede Handbewegung und wollen am Liebsten alles anfassen, ausprobieren und geschenkt bekommen. Wir erklären ihnen gern unser Gepäck, hätten aber auch gern unsere Ruhe. Ein fünfjähriges Mädchen nimmt Hardys Hand und schwenkt sie hin und her, dabei singt sie, ihn freudestrahlend ansehend: “Mi gringo, mi gringo!“ Das ist doch einfach nur süß!

Auch am nächsten Vormittag fahren wir durch wunderschöne karge, fast wüstenartige Landschaft, die uns sehr an Mexiko erinnert. Eine Menge Kakteen wachsen hier. Die Aloe Veras stehen in gelber Blüte. Nur die kleinen schwarzen Fliegen nerven, unsere Beine sehen bereits aus wie ein Streuselkuchen und jucken dementsprechend.

In Mayoc hört der schöne Asphalt auf und lässt uns nur langsam vorankommen. Es ist super heiß, die Steinchen rutschen unter den Reifen weg, es geht natürlich bergauf. Wir schwitzen. Geschafft erreichen wir Huanta und bleiben.

Ayacucho

Gut, dass wir gestern nicht mehr weiter gefahren sind, denn die 50km bis nach Ayacucho ziehen sich wie Kaugummi. Erst geht es hoch, dann runter und dann wieder hoch. Vor der Stadt befinden sich, wie so oft, die Plätze der Automechaniker und Autowäscher. Voller Tatendrang wird da gewienert und geputzt, denn ein sauberes Auto scheint ein Statussymbol zu sein. Dann tauchen mehr Häuser auf und der Weg bis zur plaza ist nicht mehr weit.

Ayacucho ist ein schöner, alter Ort mit vielen kolonialen Bauten, Plätzen und Kirchen, angeblich über 30 Stück an der Zahl.

Hardy begibt sich auf eine intensive Hotelrecherche, denn diesmal wollen wir etwas gemütliches und keine Bruchbude haben, derweil ich auf der plaza warte. Hier komme ich mit einem Typen ins Gespräch, der Schamane ist und 12 Geschwister hat. Miguel erklärt, dass er Naturheilkunde betreibt und Pacha Mama in Zeremonien dankt. An immer eines der Kinder einer Schamanen-Familie wird die Gabe von dem Schamanen der Generation zuvor weiter gegeben. Als ich ihn frage, wie er denn auserwählt wurde, berichtet er, dass er einerseits den Willen hatte und mit einer um ihn gewickelten Nabelschnur (das Symbol einer Schärpe) geboren wurde. Aufgrund dieser Zeichen erhielt er seine Ausbildung.

Wir finden eine nette hospedaje (Zaragoza) und richten uns in unserem Zimmerchen für die nächsten Tage ein. Hardy wird dann gleich etwas krank…

Eines Abends treffen wir uns mit zwei anderen deutschen Radlern und lernen so Hardy und Lena persönlich kennen, lustig, nicht?! Unsere Namensvetter sind auch per Rad in Süd-Amerika unterwegs!

Als es Hardy wieder gut geht und das Meiste unserer niemals endenden To-Do-Liste erledigt ist,schwingen wir uns auf die Räder und los geht’s – die letzte Etappe nach Cusco.

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