Willkommen auf unserem Radreise-Blog!

Liebe Besucherinnen und Besucher,

einst radelten wir mal hier lang, mal dort lang, haben mal hier nach Wasser gefragt, mal dort gezeltet…

…und schwupps waren über zwei-einhalb Jahre vergangen und schon waren wir fast 36.000 km weit von Alaska nach Feuerland unterwegs gewesen.

Für uns eine unglaubliche Reise, die sich heute noch anfühlt als wär‘ es gestern gewesen.

Es ist megaviel passiert in dieser Zeit und einiges davon ist hier aufgeschrieben.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Schmökern!

Bei Fragen kommt gerne auf uns zu.

Alena und Hardy

apispopapis (at) yahoo (dot) com

HundA_AnkunftUshuaia140112

 

 

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Allerletzte Radeletappe – von Brüssel bis nach Berlin (Europa/ März 2014)

Brüssel

Zurück in Europa. Kurz vor dem Landeanflug auf Brüssel wachen wir an einem frühen Morgen Ende Februar nach einer unbequemen Nacht gerädert im Flugzeug auf. Eine graue, undurchdringliche Suppe erwartet uns. Kühl ist es und es regnet. Es fühlt sich sehr ungemütlich an, als wir die Treppen vom Flieger hinab in den wartenden Bus steigen, der uns zum Flughafengebäude bringt.
Nach der für uns recht lasch angefühlten Passkontrolle, in der ich vor mich hin murre: „Es gibt ja gar keinen Stempel mehr“, lassen wir uns in der trägen Menschenmasse zu den Gepäckbändern mitziehen. Wir sind müde und fertig und völlig mit uns selbst beschäftigt, als ich zwei Gestalten wahrnehme, die merkwürdig, aufgereiht wie die Orgelpfeifen nebeneinander stehen und ganz aufgeregt wild winken. Ich muss zweimal hinsehen, bis ich es schnalle. Das sind ja Petra und Jörg! Hardys Eltern! Ich zerre an seinem Arm, da er in eine ganz andere Richtung abzudriften droht und warte ab. Es dauert, bis auch seine Kinnlade herunterfällt und er verdutzt stehen bleibt. „Was macht ihr denn hier?!?“, ist das Einzige, was er heraus kriegt. Wir stehen perplex und sprachlos vor seinen Eltern, die uns erstmal fest drücken. Wir freuen uns, sind verdattert und überfordert und können ihr spontanes Erscheinen nicht so ganz fassen. Denn unser Plan war es, ganz allein in Brüssel anzukommen und uns langsam radelnd unseren Familien zu nähern. Petra und Jörg wollten nicht so lange warten und sind einfach morgens nach Belgien geflogen, haben den Flughafen nicht verlassen und in der Gepäckausgabe auf uns gewartet…
Sie machen noch ein paar Tage Urlaub in Brüssel, so verabreden wir uns natürlich mit ihnen für den nächsten Tag, während wir die Räder aus den Boxen befreien und sie zusammen bauen. Die drei Flüge haben sie zum Glück sehr gut überstanden.
Nach einem Kaffee verabschieden wir uns und radeln im kalten Nass, genauso wie im patagonischen Mistwetter, unserer Gastgeberin Nataly entgegen. Nataly und Florence haben wir vor Wochen in Chile auf der Carretera Austral kennen gelernt und beim Wandern im Torres del Paine Nationalpark wieder getroffen, wo uns Nataly zu sich eingeladen hatte.

Nach 20 matschigen Kilometern landen wir am Rand der belgischen Hauptstadt in einem schönen Haus, dass sich Nataly mit ihren drei Mitbewohnern teilt. Sie ist bereits vier Wochen nach ihrer dreimonatigen Fahrradreise zurück und lacht herzlich über unsere Freude einer gut bestückten Küche, einer warmen Zentralheizung und einem gemütlichen Kamin. Auch dass Hardy sofort beginnt die verschlammten Räder zu putzen, findet sie sehr amüsant.

Den folgenden Tag verbringen wir mit Hardys Eltern, mehr zum Quatschen, Waffeln- und Frittenessen, als zum Sightseeing. Dennoch schaffen wir es zum berühmten, kleinen Manneken Pis und riesigen Atomium trotz Starkregens. Danach erholen wir uns bei einem Kirschbier in Petra und Jörgs Hotelzimmer und trocknen die Klamotten.
Einen Tag brauchen wir dann für uns, um den Jetlag auszukurieren, den großen Supermarkt zu erforschen und uns ausgiebig mit Nataly und ihrer Freundin July zu unterhalten.
Denn schon bald zieht es uns weiter, um mit einem lachenden und einem weinenden Auge die allerletzten verbleibenden 1000 Kilometerchen bis nach Berlin anzugehen. Wir wollen auch hier ein paar Schleifen drehen, um Familie und Freunde zu besuchen und so einige Teile Deutschlands kennen zu lernen … wenn wir schon mal mit den Rad unterwegs sind 🙂

Von Brüssel nach Düsseldorf
Durchs sanft hügelige Belgien fahren wir auf dem Fernradwanderweg LF6 bei doch noch einsetzendem Sonnenschein durch noch nicht grünen Wald, vorbei an noch nicht bestellten Feldern Maastricht entgegen.

Es ist schwierig sich auf dem nicht immer beschildertem Radweg mit unserem für Europa nicht detailreich genug und zudem veraltetem Kartenwerk zurecht zu finden. Zudem gibt es hier einfach viel viel mehr Möglichkeiten als in Südamerika. Das sind wir gar nicht mehr gewöhnt! Wir philosophieren, dass ein von uns bisher so strikt abgelehntes Navi an dieser Stelle durchaus sinnvoll sein könnte…
Radeln in Europa ist so gänzlich anders als in Lateinamerika. Die Menschen hier schauen uns auch neugierig hinterher, aber niemand spricht uns an oder grüßt uns. Das müssen wir tun. Wenn es dann zu einem Gespräch kommt, sind die Leute auch nett, fragen uns aber wenig, sondern erzählen eher, von sich und ihren kleinen Radelerlebnissen. Spricht Hardy mal ein Kind an und drückt ihm und nicht seiner Mutter unsere Visitenkarte in die Hand, zieht es seine Mutter schnell erschrocken hinter sich.
Den Verkehr empfinden wir in Belgien als unangenehm und nicht rücksichtsvoll, was sich in den Niederlanden stark ändert. Sich mal auf sein Vorfahrtrecht verlassen zu können, ist sehr angenehm.
Auch die Verlässlichkeit des Auftauchens der altbekannten Discounter aldi, lidl und netto finden wir klasse. Ich gehe hier super gern einkaufen und kann mich am breiten Angebot der Köstlichkeiten wie dunkles Brot, Käse und Joghurt gar nicht entscheiden.

Kurz nach dem Albertkanal passieren wir die Grenze zu den Niederlanden und stellen das erst an den sich ändernden Nummernschildern der Autos fest. „Hier gibts gar kein Grenzschild!“, rufe ich empört aus.
In der schönen Altstadt Maastrichts steppt nicht der Bär, sondern bei klirrender Kälte die Narren, denn es ist Rosenmontag. Bei lautem humpadumpa schwanken uns bunte Narren, Wikinger, Bienen und Prinzessinnen entgegen. Wir schauen uns das Treiben bei einer Portion Fritten an und nehmen dann Reiß aus. Rund 35km sind es noch bis zur Grenze nach Deutschland. Dort wollen wir am späten Nachmittag noch unbedingt hin. Aber zuerst zwingen uns in den meisten Orten Faschingsumzüge zum ewigen Stopp-and-go und zu so einigen Umwegen.
Dann ist es soweit, wir beradeln die niederländisch-deutsche Grenze. Schön zeigt sich dies beim abruptem Verschwinden des Radweges. Dann erblicken wir das hier vorhandene Grenzschild. Im Land Nummer 19, dem letzten Land auf unserer Reise sind wir nun angekommen. Es wird uns ganz warm im Bauch. Bald sind wir zu Hause!
Auf der nächsten Regionalkarte der Gegend erblicken wir eine grün markierte Fläche nicht weit entfernt und finden uns sogleich in der Teveler Heide wieder. Die Sonne geht unter, es ist ruhig. Nur wenige Spaziergänger sind noch unterwegs. Wir verschwinden in einem dichten Waldstück und bauen zufrieden das Zelt auf.

Unser Endspurt nach Düsseldorf entpuppt sich als schwierig. Da die Beschilderung an den Fernradwegen weiterhin lückenhaft ist und sich diese Fernradwege nie direkt, sondern in ewigen Schlängellinien voran schieben, brechen wir genervt ab und fahren nun Landstraße. Aber mit dem Tagesbau und sich der daraus verändernden Streckenführung sowie den umplatzierten Dörfern haben wir auch nicht gerechnet, so dass wir erst am späten Nachmittag über den Rhein nach Düsseldorf rollen. Natalys Straßen-Karte von anno 1960 ist da etwas überholt…

Düsseldorf
Als wir uns vor einem Viertel-Jahr das letzte Mal von unseren Freunden und Namensvettern verabschiedeten, war für uns klar, sie unbedingt auf unserer Heimreise zu besuchen.

Wir freuen uns riesig die Beiden wieder zu sehen und verbringen Stunden am reichlich gefüllten Küchentisch, trinken einen Kaffee nach dem anderen, wechseln zu Bier und quatschen und quatschen über unser Reisen und wie es sich anfühlt wieder zurück zu kommen, denn da sind uns Hardy und Lena schon drei Monate voraus.
Wie es der Zufall so will, steht eine Etage über ihnen eine Wohnung frei, die Tür ist nur angelehnt. So besetzten wir sie für ein paar Tage und genießen die Zweisamkeit in unserem eigenen Reich.

Düsseldorf will natürlich bei einem Altbier auch erkundet werden. Wir bummeln durch die Altstadt zum Rhein und lehnen uns zum Träumen zurück. Einen schönen Abschluss unserer gemeinsten Tage bietet Lenas Geburtstag, den wir zusammen mit Freunden in einem laotischen Restaurant verbringen.

IMG_7022Nur schweren Herzens verlassen wir unsere Freunde und fahren weiter ins Münsterland. Morgen sind wir mit meiner Familie zu unserem Wiedersehen verabredet. Ich werde schon jetzt ganz aufgeregt, als wir durch bekannte Orte wie Burg Steinfurt unserem Ziel für heute entgegen fahren. 7022Um die Ruhe vor dem Sturm genießen zu können, zelten Hardy und ich noch einmal ganz allein in der Metelener Heide in einem wunderschönen Nadelwald nahe eines Sees, um den ich in meiner Kindheit so oft spazieren ging.

Metelen
Noch 3km trennen uns von dem Treffpunkt im Wald, an dem wir uns mit einem Teil meiner Familie treffen wollen, um den letzten Rest gemeinsam zum Haus meiner Großeltern nach Metelen zu radeln. Wahnsinn, ist das aufregend!
Langsam rollen wir über den Fahrradweg um die letzte Ecke, dann stehen sie da. Unglaublich! Die Gefühle spielen verrückt, die Mägen drehen sich um.
Im Augenwinkel sehen wir den Kameramann, der voll auf uns drauf hält. Er ist von meinem Opa auf uns angesetzt worden und dominiert leider die eigentlich private Szene unserer Ankunft. Der Gute verkündet auch sogleich, dass ich heute Abend noch zu einem Live-Interview ins nahe Münster fahren muss.
14Nach einem großen „Hallo“ und einem Glas Sekt rollen wir in einer kleinen Meute gemütlich in den Ort hinein, wo uns der Rest meiner Familie mit einem Feuerwerk und Musik vor einer großer Leinwand erwartet. Noch einmal kommen die Gefühle hoch. Schön ist es sie alle wieder zu sehen! Wir sind etwas überfordert, denn gern möchten wir sofort Zeit mit meiner Familie verbringen, aber auch hier warten zwei Damen der örtlichen Tagesblätter auf uns, so dass wir uns erstmal zu einem Interview zusammen setzen, bevor wir uns mit meiner Familie freuen können.
Dann endlich ist etwas Ruhe und Zeit sich zu unterhalten, bevor es nach Münster ins Studio geht. Das erste Mal live vor der Kamera!

In Richtung Bremen und Zwischenstopp bei André
Die Tage in Metelen vergehen wie im Fluge und wir schwingen uns wieder auf die Sättel, um auf unserem Weg ‚gen Norden bei Greffen am alten Hof von Andrés Familie Halt zu machen. André hatten wir Ganz zu Beginn unserer Reise in Kanada kennengelernt und ihn im Death Valley sowie in Costa Rica wieder getroffen. Natürlich holen wir drei auch an diesem Abend bei einem Bier alte Geschichten heraus. Toll ist, dass Werner, ein Freund unseres Gastgebers, der ein fleißiger Leser unseres Blogs ist, extra vorbeikommt, um uns kennenzulernen!

Auf unserem Weg nach Bremen finden wir Unterschlupf in den zahlreichen Wäldern der Gegend. „Es ist ja so einfach in Deutschland zu zelten!“, meint Hardy. Überall sind Wälder vorhanden, die nicht eingezäunt sind. Das Gelände ist flach. Schwupps haben wir die Räder einfach rein geschoben, ein bisschen hin und her geguckt und schon finden wir die tollsten Pennplätze!

Bremen
Diese Stadt gefällt uns ungemein gut! Das wunderschöne alte Bremen mit seinen roten, schiefen Ziegelhäusern und dem vielen Wasser begeistert uns auch aufgrund seiner Bewohner. Die Leute hier wirken so gelassen und sind super nett. Genauso wie unsere Gastgeberin Dörthe, die uns ein paar Tage ihre Laube zur Verfügung stellt. Wir finden´s klasse ein Häuschen in der sonst so menschenleeren Kolonie ganz für uns allein zu haben, während draußen der frische Wind pfeift, die Bude wackelt und wir uns drinnen mit heißem Tee aufwärmen können.

Hamburg
Die 115km nach Hamburg rocken wir dann in einem Mal durch. Es ist flach, nieselig und kalt, da wollen wir nur noch ankommen.

Schließlich bringt uns eine Fähre am frühen Abend über die Elbe in die lebendige Großstadt. Unsere alten Mitbewohner Andrea und Robert erwarten uns bereits mit ihrer kleinen Tochter Matea, die wir unbedingt kennenlernen wollen. Es ist toll sie wieder zu sehen! Natürlich verfallen wir auch hier ins Quatschen und verbringen eine intensive Woche miteinander, in der wir so einige Streifzüge durch Hamburgs vielfältige Viertel unternehmen. Ein Besuch in der Roten Flora rundet unseren Aufenthalt ab.

Letzter Radelabschnitt, von Hamburg nach Berlin
IMG_6889Dann heißt es weiter fahren, dem Ende entgegen, denn in wenigen Tagen haben wir uns mit Familie und Freunden zu einer Willkommensfeier in Berlin verabredet. Runde 350 Kilometer liegen nur noch vor uns, die wir bis nach Wittenberge auf dem Elbe Radweg verbringen. Dieser führt uns durch urige Orte mit vielen Fachwerkhäusern, mal auf und mal neben dem Damm am Fluss entlang, vorbei an alten Maueranlagen aus DDR-Zeiten. Leider habe ich mich bei der Tochter unsere Freunde an einem Magendarmscheiss angesteckt und erlebe auf unserem letzten Tagen genau das, was uns in Lateinamerika so viele Male erspart geblieben war. Ich hänge total durch, bin schlapp, mir ist übel und ich habe Durchfall. Einmal müssen wir nach ewigen 20km abbrechen und das Zelt im nächsten Wäldchen aufbauen. Auch Hardy geht es nicht super gut. So kämpfen wir uns eher voran, als das wir die kalten, aber wenigstens sonnigen letzten Radel-Tage genießen.

IMG_7268Erschöpft kommen wir im Spandauer Forst an, wo wir unsere letzte Nacht in freier Natur verbringen. Wir finden einen Platz neben einem Hochstand auf einem Hügel und blicken auf die sich vor uns ausbreitenden jungen Nadelbäume. Wir legen uns in die Nachmittagssonne, machen ein Nickerchen und lassen Revue passieren. Obwohl die Freude auf all‘ die Leute super groß ist, packt es uns in Berlin anzukommen nicht so doll wie Ushuaia. Berlin ist halt nicht das Ende der Welt! Das Ziel ist längst erreicht, alles weitere nur eine milde Zugabe.

Zurück in Berlin
Heute rollen wir durch Spandau, vorbei am Hohenzollernkanal in den Wedding zu meinem Bruder Jonas. Wir quartieren uns in seiner WG ein, duschen mal wieder und verschlingen einen echt leckeren Döner. Mann, hatten wir das lang nicht mehr! Dann fletzen wir uns müde aufs Sofa und lassen den Tag ganz in Ruhe ausklingen, um morgen wieder fit zu sein.

Der Plan hat funktioniert. Frisch treten wir die nun wirklich allerletzten Kilometer durch die Stadt raus nach Hellersdorf an. Über die Seestrasse geht’s in den Prenzlauer Berg und dann nach Friedrichshain. Toll ist es, alles wieder zu erkennen. Am Frankfurter Tor, setzten wir uns auf die Treppen und beobachten die vielen Leute, die bei diesem warmen Sonnenwetter unterwegs sind.
Zu allerletzt geht’s über Lichtenberg raus nach Hellersdorf. Natürlich nicht ohne einen Platten meinerseits. Glas zerdepperter Bierflaschen lässt uns dann tatsächlich 10 Minuten zu spät zu unserer Willkommensfeier erscheinen!

Wir biegen um die letzte Ecke und fahren nach 1030 Tagen und 35.908 geradelten Kilometern auf die Kita, dem Hellersdorfer Kultur- und Wohnprojekt, indem wir auch vor unserer Reise gelebt hatten, zu. Die Mägen hängen uns in den Kniekehlen.
Alle stehen sie da, mit Luftballons in der Hand, und rufen uns entgegen! Vor allem Hardys Familie ist zahlreich erschienen, aber auch Mitbewohner, Freunde und Bekannte sind gekommen. Nicht nur wir sind im Gefühlschaos. Freudentränen fließen. So viele Leute, jeder wird gedrückt und begrüßt. Wir sind total überfordert und wissen nicht mit wem wir zuerst reden sollen.
Hardys Mutter hat groß aufgefahren und unser Ankommen toll organisiert. Girlanden, Luftballons und ein selbst gemaltes Plakat schmücken Garten und Haus. Ein Zielband ist gespannt, dass wir durch radeln müssen, danach geht es über einen roten Teppich auf das Gelände. Bierbänke stehen draußen und drinnen gibt es ein immenses Buffet. Wir sind total überwältigt!
Der Nachmittag vergeht fix, während wir versuchen mit allen zu schnacken. Als es später und dunkler wird, gesellen wir uns draußen an die Feuertonne. Bis 2h nachts sitzen wir noch zusammen.

Jetzt sind wir wieder zurück, wieder zu Hause. Für den ersten Moment fühlt sich das gut an, wir sind total euphorisch.
Von so vielen anderen Langzeit-Reisenden haben wir gehört, das das Zurückkommen, sich wieder eingewöhnen und vor allem hier wieder glücklich zu werden das Schwierigste am ganzen Unterfangen einer solchen Tour sei. Ich bin gespannt, wie sich das bei uns entwickeln wird.

Die Fotos zum Artikel befinden sich in der Galerie.

 

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Buenos Aires (Argentinien/ Februar 2014)

Von Ushuaia nach Buenos Aires

An einem kühlen Februarmorgen fährt uns Fernando, der Besitzer unseres Campingplatzes, in der Frühe mit seinem Pick-Up raus auf die Ushuaia vorliegende Halbinsel zum Flughafen. Er drückt ordentlich auf die Tube, denn rasant zieht sich der Himmel zu. Es wird dunkel. Vereinzelt klatschen dicke Tropfen bereits hinab. Wir bangen um die offen auf der Ladefläche liegenden Pappboxen mit den Fahrrädern.
Als wir endlich ankommen, stürmt es bereits orkanmäßig. „Hoffentlich kann unsere Maschine starten“, denken wir. Aber so fix wie das Tosen gekommen ist, zieht es nach einer Stunde wieder von dannen und es wird recht ruhig. Das patagonische Wetterchen hat es sich nicht nehmen lassen, uns gelungen zu verabschieden!
In einer kleinen Maschine heben wir wenig später leicht wackelnd ab, drehen eine Schleife über dem Beagle-Kanal und verschwinden in der Wolkendecke, genauso, wie wir es seit Tagen bei anderen Flugzeugen beobachtet hatten. Ciao Feuerland!

Nach gefühlt viel zu kurzer Zeit in den Lüften und einigen tausend überwundener Kilometer weiter nordöstlich, spuckt uns der Flieger im innerstädtischen Flughafen in Buenos Aires wieder raus. Das war’s: Weite, Natur und Einsamkeit sind nun definitiv vorbei. Uns überrollt die Großstadt: Menschenmassen, Verkehr, Hektik. Der Lautstärkepegel und die Reizüberflutung verwirren uns. Dazu ist es ungewohnt heiß. Temperaturen um die 30 Grad und eine enorme Luftfeuchtigkeit machen uns schwer zu schaffen.
Zum Glück erwartet uns Christian, unser letzter warmshowers-Gastgeber auf diesem Kontinent, mit einem Lächeln am Ausgang des Flughafens. Er ist extra von der Arbeit gekommen, um uns abzuholen! Die Jungs kreuzen mit je einem Radkarton die vielbefahrene Straße rüber zu Christians Auto. Erstaunlich ist, das er den ersten Radkarton auf dem Autodach auch nicht nur für einen klitzekleinen Moment alleinlassen will. Bevor der Nächste geholt wird, bindet er den Ersten am Gepäckträger fest. Wir lernen, passe hier doppelt doll auf deine Sachen auf! Die Gerüchte um schnell zugreifende Diebe in dieser Stadt scheinen zu stimmen.

In flotter Fahrt scheren wir uns ein in den nicht abreißenden Stadtverkehr in Richtung Norden. “Herzlich willkommen in der Hauptstadt des Betons”, sagt Christian trocken, als wir über die Autobahn heizen, die sechs Spuren allein in eine Richtung zählt.
Christian wohnt geradeso außerhalb der formalen Stadtgrenzen Buenos Aires, die unmerklich in den Vorort Vicente López übergehen. Es ist ein ruhiges, schönes Viertel mit kleinen Läden und grünen Straßenzügen voller Platanen. Seine Wohnung teilt er mit seinem niedlichen, jungen Kater Atu, der nach Lust und Laune in den Garten spaziert und am Liebsten mit Wasser spielt. Türen und Fenster stehen offen, um einen leichten Luftzug zu erzeugen. Die Ventilatoren laufen im Dauereinsatz, um die Temperaturen erträglicher zu machen und die Moskitos zu verscheuchen. Dabei haben wir Glück, so hören wir, letzte Woche soll es um die 45 Grad heiß gewesen sein. Wir hängen trotzdem durch und brauchen den ganzen Tag, um uns an die Hitze zu gewöhnen. Auch fällt uns verdammt schwer innerlich hier anzukommen. Der Sprung im Flieger vom kleinen Ushuaia und unserer Einsamkeit in der rauen patagonischen Weite ins riesige, pulsierende Buenos Aires war zu schnell.

Im Kajak durch den Tigre
Um langsam anzukommen und uns nicht sogleich am Folgetag in den Beton-Dschungel zu stürzen, unternehmen wir zusammen mit Christian einen Paddelausflug auf den Tigre und seine Nebenflüsse im Süden der Stadt. Zudem merken wir einmal wieder die Sättigung all der gesehenen Dinge der letzten Jahre, so dass uns ein relaxten Ausflug ins Grüne viel mehr lockt, als uns sofort die Hacken mit einer Sightseeingtour wundzulaufen.
In den Seitenflüssen des Tigre ist es ruhig. Das letzte Mal saßen wir an der Baja California in einem Kajak neben springenden Delfinen. Ist schon lange her. Total toll ist es, das altbekannte Geräusch des eintauchenden Paddels ins Wasser zu hören. Wir verlassen den Tigre und treten ein in ein Gewirr aus kleinen Flüssen. Wild bewachsene Grundstücke mit kleinen Häusern umgeben uns. Die Inseln entstanden aus angespülten Sedimenten des Tigre, die sich hier vor seiner Mündung ablagerten. Vieles erinnert uns an den Spreewald bei Berlin. Fehlt nur der Gurkenverkauf!

Letztes argentinisches asado
Den Tag lassen wir im Garten Christians zusammen mit einem Freund und seiner Mutter ausklingen. Hardys größter Wunsch ist es zum Abschluss noch einmal ein asado zu machen, einen richtigen argentinischen Grillabend. Christian sucht eine Vielfalt an Fleisch aus und beeindruckt uns mit komisch aussehenden Ringen. Es ist Kuhdarm, wohl eine Delikatesse. Für vier Personen haben wir fast drei Kilo Fleisch beisammen. Damit es nicht zu tierisch wird, machen Hardy und ich noch Salat und kochen Kartoffeln. Kaum kündigt sich Christians zierliche Mutti an, schnellt der noch einmal los, und kauft weitere 500g Fleisch. Was für eine Platte! Wir essen aber tatsächlich fast alles weg (bis auf den gummiartigen Kuhdarm).

Sightseeingtour durch Buenos Aires
Drei Tage haben wir Zeit, um diese vielfältige Stadt kennen zu lernen. Natürlich führt unser erster Gang durch die Innenstadt. Ein bummelnder Vorstadtzug bringt uns zum Kopfbahnhof Retiro ins Zentrum.
Unser Weg führt durch elegant angelegte Parks und Plätze. Vorbei an Obelisken und sehr engen Straßenzügen gelangen wir nach stundenlangem Gelatsche zur Casa Rosada, von deren Balkon damals Evita ihre berühmte Rede geschmettert hatte. Buenos Aires ist eine Mischung aus moderner Architektur und alten, mit kunstvollen Steinmetzarbeiten verzierter Gebäude.

Am Nachmittag landen wir in San Telmo. Dieser Stadtbezirk ist sehr nett und erinnert uns an das Berliner Friedrichshain. Viele Graffiti, Straßenkunst und kleinen Läden lassen ein gemütliches Ambiente aufkommen. Auf dem heutigen Straßen-Markt drängeln sich die Leute. Es gibt jede Menge Kunst und Trödel zu kaufen. Mate-Becher in allen Größen und Ausführungen sind zu erwerben. Auch wir schlagen zu und erstehen einen getöpferten Mate-Becher für zu Hause.

Als die Sonne schon fast untergeht, zieht uns Musik auf einen Platz vor einer Ruine, auf dem jeden Sonntags Samba getanzt wird. Es gibt Livemusik, Kuchen, asado und Bier. Hier sitzen wir lange und beobachten fasziniert wie die Tänzer elegant ihre Arme in die Luft heben, kleine Tücher schwenken und gleichzeitig mit den Füssen schnelle, verzwickte Schrittfolgen absolvieren und dabei lustig rumhüpfen.

Christian schaut extra vorbei, um uns abzuholen und als ich denke, es gehe „endlich“ nach Hause, fährt er uns zum Stadtbezirk La Boca. Wir bleiben im Verkehrstau, erzeugt durch feiernde, bunt angemalte Fans des nahen, Fußballstadions stecken. Nix geht mehr. Endlich angekommen, wirkt der arme Bezirk eher unheimlich. Wie wir schon zuvor beobachtet hatten, wechseln kleine Scheine wahnsinnig oft den Besitzer. Hier, um einen selbsternannten Parkplatzwächter freundlich zu stimmen. Christian sagt, es sei praktischer sich Freunde als Feinde zu machen…

Von den bunten Holzhäusern bekommen wir bei Dunkelheit recht wenig mit. Lautstark findet ein kleiner Straßenumzug statt. Paraden für den Karneval werden geprobt. Sehr junge Mädels wackeln mit einem Hauch von pajettenbehangenen Bikinis rhythmisch ihre Pobacken während lautstark die Trommeln geschlagen werden. Es geht vor allem darum andere Gruppen zu übertönen, lernen wir. Christian will noch eine Runde drehen. Wir schlendern durch einen „belebteren“ Straßenzug, bis ein alter Mann sagt, wir sollten hier besser nicht weiter gehen um Probleme zu vermeiden, sogar die Polizei sei hier nicht unterwegs. Hardy und ich schauen uns an und sind etwas entsetzt über die Unbedarftheit unseres Gastgebers, der selber blond ist und wie wir aussieht wie ein Gringo.

Nun geht es aber „endlich“ nach Hause, denke ich. Jedoch drehen wir eine weitere Runde diesmal in einen total gegenteiligen Bezirk, in dem ehemalige Hafenanlagen nun schick hergerichtet zum Flanieren einladen. Es geht vorbei an beleuchteten Wasserbecken, einer schnieken Brücke und einem alten Museumsschiff. Wir essen noch ein nächtliches Eis. Danach setzen Hardy und ich uns durch, sind nach dem tollen, vielseitigen Tag müde und wollen ins Bett. Der argentinische Lebensrhythmus passt nach wie vor nicht mit unseren überein.

Am nächsten Tag spazieren wir durch viele Parks und Straßenzüge des Bezirks Palermo entlang kleiner Läden und Cafés. Heute ist uns eher nach Relaxen zu mute. Mit einem Bier setzen wir uns auf eine Wiese, beobachten lange das Treiben auf einem Spielplatz und sprechen über unsere Zeit in Argentinien und Lateinamerika.

Argentinien, dieses riesige Land mit seinen vielfältigen Klimazonen, fanden wir spannend. Wir haben nette Menschen getroffen, die gemütliche mate-Kultur kennen gelernt und zu schätzen wissen.
Leider müssen wir verkehrstechnisch Argentinien als eines der gefährlichsten Länder für Radler benennen. Die Straßen sind meist nur zweispurig und total schmal gebaut. Einen Seitenstreifen gibt es so gut wie nie, obwohl genug Platz vorhanden wäre. Neben dem Asphalt befindet sich ein grobes Schotterbett, auf das wir so manches Mal ausweichen mussten. Die Autofahrer rasen wie bekloppt und das sehr risikofreudig. Im internationalen Vergleich gibt es hier die meisten Verkehrstoten. In Patagonien können einen Windstöße schon mal mitten auf die Fahrbahn wehen. Helm und Spiegel sind absolute Pflicht!

Unsere Reise durch Lateinamerika ist ein ganz eigener Abschnitt für sich geworden. Hier haben wir die meiste Zeit verbracht. Über zwei Jahre sind wir hier hin und her geradelt. Die Menschen auf diesem Kontinent sind natürlich sehr verschieden, der Kulturreichtum ist enorm. Wir können verallgemeinernd sagen, dass uns meistens sehr offen, herzlich und hilfsbereit begegnet wurde. An jeder Ecke kann man zu einem Schwätzchen anhalten. Besonders Hardy hat das Spanischsprechen und Schnacken zu schätzen wissen.

Die unbeschreibliche Vielfalt der Natur in ihren gigantischen Ausmaßen hat das Radfahren insbesondere in den Anden super hart werden lassen. Jedoch hat sich jegliche Anstrengung gelohnt!!

Wir haben uns hier wohl gefühlt und sehr wenige kritische Situationen erlebt. Uns wurde weder eine Sache geklaut, noch wurden wir überfallen. Vielleicht liegt es daran, dass insbesondere ich sehr darauf bedacht war aufzupassen und nicht eine Gelegenheit für Taschendiebstahl entstehen zu lassen, dass wir nicht allein unterwegs waren und/oder eine ordentliche Portion Glück mit dabei hatten. Wir haben uns beständig vorgesehen, die Einheimischen nach Gefahrenzonen befragt und sind so gut wie nie nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs gewesen, womit man in einem gewissen Grade Gefahrsituationen vorbeugen kann. Zudem entwickelten wir, so wie viele Radler ein Gefühl welchen Menschen man vertrauen kann und welchen nicht.

Eine Radtour durch Lateinamerika mit genügend Zeit im Gepäck können wir nur empfehlen!

Abschied vom amerikanischen Kontinent
Buenos Aires stimmt uns recht gut auf das städtische Leben in Europa ein. Ein zu großer Schock wird es wohl nicht werden, wenn wir bald in Belgien landen, um uns ab Brüssel noch einmal auf unsere Räder zu setzen und unsere allerletzte Etappe auf dieser Reise bis nach Berlin anzugehen. Wir sind bereit zurück nach Hause zu kommen. Bereit unserer nomadisches Leben zu beenden und einen festen Ort für uns ganz allein zu haben, der gern größer sein kann als unser Zelt.
Mit uns im Reinen zu sein an diesem Punkt Schluss zu machen, das war nicht immer so. Bei mir setzte dieses Gefühl früher ein. Für Hardy stand lange fest noch nach Afrika zu fliegen und von dort nach Europa hoch zu radeln. Aber ganz zu meiner Freude und zu seinem Erstaunen hat sich dies im letzten halben Jahr verändert. Es ist schön gemeinsam bald einen Schlussstrich unter diese gewaltige wunderschöne Reise ziehen zu wollen und neu anderes durchzustarten.

IMG_620Recht zufrieden verabschieden wir uns von unserem neuen Freund Christian, von Buenos Aires, von Argentinien und Amerika am Morgen des 26. Februars. Aber dennoch, ein klitzekleines flaues Gefühl im Bauch bleibt. Die amerikanischen Kontinente zu bereisen, uns immer fort zu bewegen und ständig draußen zu sein, Menschen und Kulturen kennen zu lernen, das war unser Leben für fast die letzten drei Jahre. Es war toll, hart, vielfältig, anstrengend, interessant und vor allem abenteuerlich. Bisher die beste Zeit meines Lebens, ich war noch nie so glücklich wie auf unserer Reise mit dem Fahrrad. Wie wird es wohl weiter gehen? Spannend wird’s auf jeden Fall.

Weitere Fotos gibt es in der Galerie.

Posted in Argentinien

Feuerland – von Porvenir bis nach Ushuaia (Chile/ Argentinien/ Februar 2014)

An einem frühen Februarmorgen sagen wir mit einer Träne im Augenwinkel dem Festland Südamerikas ade, als wir mit der Fähre über die Magellanstraße zur Insel Feuerland übersetzen. Seitdem wir im September 2012 kolumbianischen und damit südamerikanischen Boden erreichten, haben wir eine tolle, facettenreiche und spannende Zeit erlebt.

On Board treffen wir eine alte Bekannte wieder. Die brasilianische Radlerin Carol hatten wir vor einigen Wochen in El Chaltén kennengelernt. Wir haben ähnliche Routenpläne auf unserem wirklich letzten Schotterpistenabschnitt und treffen uns in den folgenden Tagen immer wieder.
Vom Hafen in Porvenir wollen wir 320km Rüttelei durch feinste Pampa angehen, um bei Río Grande in Argentinien auf die starkbefahrene Ruta 3 einzubiegen, die uns nach Ushuaia führen wird.

Von Porvenir auf kleinen Schotterpisten in Richtung Südost
Schnell radeln wir durch das alte, urige Porvenir mit all seinen verwitterten Holzhäusern. In dem hatten sich rasch im kurz anhaltenden Goldrausch Kroaten und Chilenen der Insel Chiloé angesiedelt und ihr langfristiges Auskommen schließlich in der Schafzucht gefunden.

Schafzucht auf immens großen Estancias wird nach wie vor betrieben, wie wir hautnah miterleben. Eines Morgens treiben vier Gauchos in traditioneller Kluft und hölzernen Steigbügeln eine Schafherde mit 6000 Tieren mit Hilfe von 16 Hunden vor uns her. Laut blökend blockieren die Wollknäule die ganze Piste. Wir kommen ins Gespräch mit den Gauchos und fragen, ob wir passieren dürfen. Die Schafe vor uns hertreibend radeln wir mitten hindurch. Was für ein Spaß!

Auf recht gutem Schotter fahren wir über hügeliges Gelände entlang der in der Sonne hellblau leuchtenden Bahía Inútil bis die Sonne sich neigt und der kalte Wind am Nachmittag zunimmt.
An einer Straßenkreuzung finden wir in einer der engen türmchenartigen Bushaltestellen Unterschlupf. Als Carol später angeradelt kommt, schlafen wir drinnen nebeneinander aufgereiht wie in einer Sardinenbüchse, während sich unser Gepäckberg vor der fehlenden Tür draußen auftürmt.

 

Leider weicht die Sonne starkem Wind und tiefen Wolken, als wir unseren Weg am nächsten Tag durch weite Pampa fortsetzen. Hier und da grasen verstreut ein paar Schafe, Kühe oder Pferde. Aber vor allem sehen wir Guanaco-Herden, die, sobald sie uns erspähen reißaus nehmen und gazellenähnlich über das goldgelbe Gras wetzen, während sie lustige Geräusche machen. Es klingt, als ob sie uns auslachen.

Die Weite wird unterbrochen von kleinen Wäldern der im Dauersturm stehenden urig gebogenen, knochigen Bäume, an deren Stämmen wir uns pausierend niederlassen. Nur einmal müssen wir für 50km gegen den Wind im Schrittempo strampeln und denken abends geschafft an die vielen dauerkämpfenen Nordwärtsradelnden.

Bei einem Besuch der kostspieligen Pinguinskolonie Parque Natural Pinguino Rey auf Privatgrund am späten Nachmittag bestaunen wir die im inzwischen tosenden Sturm majestätisch dastehenden Königspinguine. Nur ein kleiner Bach trennt uns von ihnen. Wir dürfen im Windschutz der Besucheranlage zelten und hören das Schnattern der Viecher beim Einschlafen.

Nach einem halben Tag Dauerregen sind wir trotz Regenklamotten völlig durchnässt. Es ist bitter kalt und macht keinen Spaß auf der aufgeschwemmten Piste sich mühsam voran zu kämpfen. Auch knirscht der feine Sand mittlerweile in den Ketten.
In Camerón, dem einzigen Dorf der Gegend, finden wir im sogenannten Busbahnhof Zuflucht und brechen nach schlappen 33km ab. Das kleine, neu gebaute Haus verfügt über Wasser, Strom und Licht. Es gibt weiche Bänke und sogar wifi. Wir sind die einzigen Gäste und bleiben gleich über Nacht. Was will man mehr?

Die Entscheidung war gut: Geschwind rollen wir tags darauf voran. Der Wind ist mit uns. Es hat aufgehört zu regnen und die Sonne scheint zögerlich. Interessante Wolkenformationen, die alles bedeuten können, rasen über den Himmel. Wir erleben in diesen Tagen einmal wieder alle sich rasch ändernden Register des patagonischen Wetters: tiefe Wolken, krassen Wind, Regen, Hagel, aber auch Sonnenschein. Es ist ein sehr schöner Abschnitt der Pampa, er lässt uns die rauen Naturgewalten einmal wieder bewusst werden.

Unsere allerletzte Nacht auf chilenischem Boden verbringen wir im Zelt unter dem Vordach einer hölzernen Kirche in der Pampa Guanaco. Dieser Punkt in unserer Karte stellt sich als eine Straßenkreuzung mit einem Carabinieriposten und einer Gesundheitsstation dar. Vor dem Gotteshaus biegen sich die Margeriten im Wind der warm leuchtenden Abendsonne, unter dem Vordach auf einer Holzbank sitzend ist es super gemütlich.

Die chilenisch-argentinische Grenze überrollen wir ein letztes Mal am Grenzposten Bella Vista. Hier ist nichts los. Den freundlichen Grenzbeamten müssen wir erst aus dem Nachbarhaus holen.
Dann heißt es Augen zu und durch, denn ein weiteres „letztes Mal“ steht an: Ein eiskalter Fluss will durchwatet werden, um auf argentinisches Staatsgebiet zu gelangen. Das Wasser reicht fast bis zum Knie und ist prickelnd kühl.

 

Am letzten Schotterpistentag werden wir vom deftigen Wind ganze 100km vorangeschoben. Den Lenker fest in der Hand haltend fliegen wir nur so über die Steinchen und das Wellblech vorbei an weit verstreuten, uralten Gutshäusern. Das sich im Wind biegende Gras leuchtet gelb. An Zäunen hängend werden frisch geschorene Schafsfelle getrocknet.

 

Bis nach Ushuaia ist es nicht mehr weit, ganz plötzlich steht es weiß auf grün vor uns. Nur noch 266km!

Aus Chile sind wir in dieser Reise heute zum letzten Mal ausgereist.
Dieses schmale, langgezogene Land hat uns gut gefallen. Insbesondere die sehr vielfältige, atemberaubende Natur hat uns begeistert! Die Chilenen sind nett und immer für ein Schwätzchen zu haben. Wenn auch ihr Dialekt und ihre Aussprache uns des öfteren Rätsel aufgegeben hat.

Die Mehrheit des Landes besteht aus eingezäunten Parzellen, die mit einer Nationalflagge bestückt sind. An Stacheldraht gibt es keinen Mangel, an wilden Zeltmöglichkeiten schon.
In fetten Jeeps, den neusten Handys, engen Klamotten und Fastfood-Kultur spiegelt sich ein leidenschaftlicher Konsum und die Nachahmung des nordamerikanischen Lebensstils wieder, dessen Folgen unübersehbar sind.

Das Fahrradfahren wird durch den meist sehr Radlerfreundlichen Fahrstil der Chilenen fast so angenehm wie in Kolumbien (Schotterpisten ausgenommen!). Ebenso die reichlich vorhandenen Strassenköter verhalten sich ungewöhnlich freundlich und passiv.

Endspurt auf der Ruta 3 bis nach Ushuaia
Die Ruhe und Einsamkeit ist schlagartig vorbei, als wir auf die vielbefahrene Ruta 3 einbiegen. Verrückte, argentinische Autofahrer, düsen mit wenig Abstand an uns auf der schmalen Fahrbahn vorbei.
Wir rollen noch ein Wenig und fragen am Nachmittag bei der Estancia Punta María direkt am Meer nach einer Schlafmöglichkeit. Einen windgeschützten Zeltplatz bietet uns eine Wand der Gebäude mit Blick auf die sich kräuselnden Wellen. In zwei Tagen sind wir vom Pazifik zum Atlantik gekreuzt!

Im Ort Tolhuín besuchen wir die berühmte Bäckerei La Unión. Am Sonntag ist diese brechend voll. Das Ziel der vielen Tagesausflügler aus Río Grande ist gleichzusetzen des Besuches eines Hardrock Cafés. Wild werden Sternchen auf diversen Fotos an den Wänden fotografiert. In einem Raum, geschmückt mit Brunnen fliegen Vögel frei herum. Neben sehr leckeren Backwaren hat der Besitzer Emilio eine Leidenschaft für’s Fahrradfahren und öffnet seine Türen gerne für Radler.

Von dieser casa de ciclistas wissen wir bereits seit unseren Zeiten in Zentralamerika. In einem kleinen abgetrennten Raum in der großen mit tausend Mehlsäcken gefüllten Lagerhalle wird Reiseradlern eine Unterkunft bereitgestellt und des öfteren werden diese auch mit süßen Teilchen oder leckeren empanadas gefüttert. Unglaublich ist, dass alle Wände des Kabuffs mit Grüßen, Zeichnungen und Danksagungen von Leuten aus aller Welt voll geschrieben sind. Wir entdecken alte Bekannte wieder und finden immer wieder neue Sprüche. Unser heutiger Mitbewohner ist Jun, ein junger japanischer Radler. Der holt dann doch glatt ein paar Blätter heraus und faltet ganz gekonnt Origami-Vögel zurecht für eine Deckengirlande. Wir sind schwer beeindruckt und müssen wegen der lustigen Geräusche, die Jun dazu macht, grinsen.

Jeder von uns beiden setzt sich ganz anders mit dem sich rasch nähernden Ende unserer Reise auseinander. Ich bleibe lieber allein nachdenklich in unserem Raum und nehme innerlich Abschied davon nur noch kurze Zeit ein Teil der Reiseradler-Gemeinde zu sein und dann ein ganz anderes Leben zu führen, während Hardy wild quatschend bis spät in die Nacht hinein einer rundlichen Bäckersfrau hilft empanadas zu formen und dabei seinen nie abreißenden Wissensdurst stillt.

Unsere allerletzten 105km bis in die südlichste Stadt der Welt, teilen wir uns ganz gemütlich auf zwei Tagesetappen auf. Wir haben keine Eile.
Ab Tolhuín dominieren schief gewachsene, lange Südbuchen das Bild. Wer hätte das gedacht bei den letzten Tagen in der weiten Steppe? Schroffe, dunkelgraue Berge dominieren das Bild, kontrastreich mit Schneetupfen bemustert. Die Anden fallen hier steil ins Meer ab und sind zu Ende. Seit langem begleiten sie uns, bis auf den letzten Kilometer, während es auf und ab gegen den Wind bei Mistwetter vorangeht. Nieselregen wechselt sich ab mit Hagelschauern, deren scharfkantige Körner im Gesicht zecken. Wir radeln mit Regenjacke, Mütze und dicken Handschuhen.

Am Lago Escondido füllen wir im gleichnamigen Dorf noch einmal die Wasserflaschen auf und erfahren, dass nach der Schließung der Holzfabrik am Seeufer vor ein paar Jahren 60 Familien des Umkreises arbeitslos wurden. Die Mehrheit von ihnen sei abgewandert, so dass hier bis auf die Polizei und der Defensa Civil niemand mehr lebe, erzählt uns ein Mann Mitte 60 traurig.

Wir treten noch ein paar Mal rein und biegen dann auf einem Schotterpfad ab, um in den Wald ans Seeufer zu gelangen. Hier bauen wir in einem kurzen Moment strahlender Nachmittagssonne, welche die Szenerie in wunderschönes Licht taucht, unser Zelt zum letzten Mal wild auf. Wir setzen uns unter die Buchen mit Blick auf das klare Wasser. Landschaftlich fühlen wir uns nach Kanada zurückversetzt. Während wir einen Wein mit Oliven genießen, kommen wir ins Grübeln und sinnieren lange über das, was wir in den letzten Jahren erlebt haben und was wohl kommen wird.

Ushuaia
Zum Frühstück gehen wir den allerletzten Pass auf diesem Kontinent an. Ganze 600m ist der Paso Garibaldi hoch. Wir kurbeln gemächlich hinauf. Oben werden wir begrüßt und behupt von Lastwagenfahrern und diversen Ausflugstouren mit Fotoapparaten wild bewaffneter Touristen. Wir nehmen flink reiß aus und düsen hinab, die Aufregung und Bejubelung finden wir ein Wenig übertrieben.

Nach weiteren Stunden im grauen Nieselregen, weiterer Auf’s und Ab’s und vorbei an braunen Mooren erreichen wir schließlich die letzte Kurve. Das Ende der Welt ist nicht ganz einfach zu erreichen.

Plötzlich stehen sie da, die Stadteingangstürme Ushuaias. Wow, wir sind angekommen am Ziel unserer langen Reise. Wir können es nicht glauben und brauchen dann Tatsache Tage, um dies zu realisieren…

Vorbei an all den Containern führt uns unser Weg hinab zum Hafen, wo uns das berühmte Schild Ushuaias – Fin del Mundo erwartet.

Zwei Jahre, acht Monate und acht Tage lang ist unser Weg seit unserem Start in Anchorage/Alaska gewesen. Auf vielen Kurven haben wir in 34.811km die amerikanischen Kontinente von Nord nach Süd durchquert und kennengelernt. Unsere Reise per Fahrrad ist zu einem intensiven, wichtigen Teil unseres Lebens geworden und ist unbeschreiblich gewesen.

Acht Tage haben wir nun Zeit Abschied zu nehmen, die Gegend zu erkunden, die Räder zu verpacken und uns zu erholen.

Wir checken auf dem am Hang liegenden Campingplatz La Pista del Andino ein und zelten zwischen lilafarbenen und weinroten Lupinen neben dem alten Skilift. Es wird voll hier. Ferienstimmung kommt auf. Grillgeruch liegt in der Luft. Das Gras auf der Piste wird nicht von den Skiern, sondern den Hosenböden der herumtollenden Kinder kurz geschoren – der Sommer hat endlich Einzug gehalten! Wir haben Glück.

In der Baude unseres Skipisten-Campingplatzes sitzen wir stundenlang während schlechte Popmusik aus den 90ern aus den Lautsprechern plärrt. Manchmal durchstreift ein Gedanke unsere Köpfe und wir singen, uns im Takt wiegend: „Bald sind wir zu Hause!“ Dabei schauen wir durch die Panoramafenster auf das sich unter uns ausbreitende Häusermeer Ushuaias hinab. Im Mittelblau des Beagle-Kanals kräuseln sich die Wellen, dahinter zeichnet sich die Bergmasse der Isla Navarino gen“ Himmel ab.

Im Kanal liegt ein Flughafen auf der beigen, kargen Halbinsel. Von dem heben in regelmäßigen Abständen Flugzeuge ab, drehen eine Schleife und verschwinden in den Wolken. „In einem von denen sitzen wir auch in ein paar Tagen.“, sage ich, „Bald ist unser einfaches Leben vorbei. In Berlin werden ganz andere Probleme zu bewältigen sein und es wird mit Sicherheit viel stressiger.“ 99% der getroffenen Reiseradler waren entspannte Personen, wir hoffen die auch uns innewohnende Entspannung noch ein gutes Weilchen beizubehalten…

Durch die nicht all zu schöne, sich breit ausdehnende Stadt schlendern wir viel. Zwischen neuen Bauten sind alte, zerfurchte Gebäude aus der Gründungszeit zu entdecken. Im damaligen Hotel Casa Belém besuchen wir eine Ausstellung. Um sie herum befindet sich der Militärbezirk in dem Soldaten residieren, die für fünf Jahre herkommen. Es schwillt ein immer noch nicht gelöster Konflikt mit Großbritannien um die Falklandinseln, die Argentinien ganz klar als Teil seines Staatsgebietes begreift. Auf dieses Thema wird hier an jeder Ecke hingewiesen!

Lapataia – Fin del Mundo
Eines Morgens schwingen wir uns noch einmal auf die Drahtesel, um den nahen Nationalpark Tierra del Fuego zu besuchen. Wunderhübsch zieht sich ein Netz aus Fjorden und schmalen Bächen zwischen schattigen Waldes aus Südbuchen hindurch. Lichtungen werden von einem weichen Flaum hellen Grases überzogen.

Hier haben sie also gelebt, die Yámana, die Ureinwohner dieser Gegend. Als wir in der Bucht Lapataia sitzen, am Muschel überwucherten Strand, und aufs Meer hinausblicken, versuchen wir uns vorstellen, wie sie einst mit ihren Kanus aus Rinde und dem ständig darin brennenden Feuer am Ufer paddelten und sich im Nu Hütten aus Ästen bauten. Für die Yámana war hier nicht die Welt zu Ende.

Wir können das angesichts der Inselchen am Horizont nur bestätigen, genauso wie wir es erst vor kurzem auf einer Kinderzeichnung lasen: „No hay fin del mundo“ – Hier ist nicht das Ende der Welt.


Nach unserer geruhsamen Woche werden schließlich die Räder in Pappkartons verstaut. Schnell ist die Zeit hier vergangen. Krass, nun beginnt unsere Rückreise. Morgen steigen wir in den Flieger, der uns schwups-di-wups in Buenos Aires für eine Stippvisite wieder ausspucken wird.

Mehr Fotos findet ihr wie immer in der Galerie.

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…und dann kam die letzte Kurve.

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Juppie, wir haben‘s geschafft!

Gestern Nachmittag, am 12. Februar 2014, ueberquerten wir die Stadtgrenze Ushuaias. Nach zwei Jahren, acht  Monaten und acht Tagen erreichten wir damit unser Ziel auf diesem Kontinent.

Schon lange hatten wir uns diesen Moment ausgemalt und dann ploetzlich war er da – natuerlich im besten patagonischen Wetter – im leichten Nieselregen. Doch das stoerte uns nicht, wir huepften im Kreis und genossen angekommen zu sein. Was fuer eine gigantische Reise!!!

34.811 Kilometer lang war unser Weg – jeder Zentimeter hat sich gelohnt: ob asphaltiert, schotterig oder matschig – es war die Muehe wert! Ein langgehegter Traum geht nun dem Ende entgegen, was bleibt, das werden wir sehen, vergessen werden wir ihn nie. Bald sind wir wieder zu Hause und werden mit immer groesser werdendem Abstand auf diesen aussergewoehnlichen Lebensabschnitt schauen. Es war die beste Zeit unseres bisherigen Lebens und wir sind gluecklich diese gemeinsam und mit dem Fahrrad erlebt zu haben!

Am Abend feierten wir mit zwei anderen Radlern unsere Ankunft am suedlichsten Punkt unserer Reise  – lustigerweise in einem Irish Pub, so wie damals in Fairbanks in Alaska, am noerdlichsten Punkt der Tour.

Acht Tage haben wir nun am Ende der Welt um zu entspannen und die etwas mueden Glieder auszuruhen, bevor es im Flieger nach Buenos Aires und kurze Zeit spaeter zurueck nach Europa geht. Melancholische Gedanken verdraengen wir bisher und sind noch im Hoehenflug der Gefuehle.

Wir freuen uns darauf diese bald mit Euch teilen zu koennen.

Auf ein baldiges Wiedersehen!

Alena und Hardy

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Von El Chaltén bis nach Punta Arenas (Argentinien/ Chile/ Januar 2014)

El Chaltén

Patagoniens Wetter erleben wir nach wie vor als recht durchwachsen. Vom Südende des Lago de Desiertos schwingen wir uns an einem Morgen auf die Sättel und hoppeln die fehlenden 37km auf Schotterpiste dem Ort El Chaltén entgegen. Es zieht sich zu. Am Bergmassiv des Riesen Fritz Roy hängen die Wolken an dessen Spitzen fest und ziehen Kreise. Öffnen sie sich für nur einen Moment und geben uns den Blick auf dessen Spitze frei? Wir halten extra an und warten. Scherzhaft sage ich: “Das wird wohl alles sein, was wir vom Fritz Roy zu Gesicht bekommen!” – und soll damit leider recht behalten. Das Wetter verschlechtert sich im Minutentakt.

Als wir in El Chaltén bei unseren warmshowers-Gastgebern Flor und Mario herzlich aufgenommen werden, stürmt es bereits und regnet in Strömen. Das Zelt dürfen wir im Hof aufbauen, wo bereits vier andere Zelte im Wind schwanken. Der Sturm bläst später ganze Böen feinen Sandes und Staubes durch die Gegend. Schnell ist der Innenraum unseres Zeltes sandiger als gar in Bolivien. Wir hatten innerlich bereits mit sandigen Schlafsäcken abgeschlossen. Mal wieder erweist sich unser 3-Jahreszeiten Zelt als ungeeignet. Unsere Laune verpasst das Mistwetter dieser Tage einen deutlichen Dämpfer. Wir hatten eine Wanderung geplant, doch keine Chance! Unser Bedürfnis nach der Bewältigung der Carretera Austral den Akku mal wieder aufzutanken und auszuspannen, können wir an diesem Ort leider auch nicht stillen. Es gibt keine Verweilmöglichkeit, zu viele Familienmitglieder, Freunde, Fahrradfahrer und Rucksackreisende wuseln in dem sich im Bau befindenden, chaotischen kleinen Haus herum. Wir erfahren unglaubliche herzliche Gastfreundschaft bei Flor und Mario, fahren aber dennoch nach zwei Nächten weiter und verlassen dieses Regenloch.

Wind, Wind, Wind – von El Chaltén nach El Calafate
Es ist eine gute Entscheidung weiter zu fahren. Hinter uns brodelt sich weiterhin eine Schlechtwetterfront zusammen. Bei uns scheint die Sonne. Wir fahren durch eine gelbe Weite, entlang des türkisblauen Sees Viedma, in den zwei Gletscherzungen münden. Sehr starker Wind von hinten schiebt uns mit konstanten 37km/h durch die hügelige Pampa.

Der endet abrupt, als wir nach 80km auf die Kreuzung mit der Ruta 40 treffen und nach Süden abbiegen. Von nun an erfassen uns gewaltige Böen von der Seite und schleudern uns auch schon mal mitten auf die Fahrbahn. Ständig muss der heranrollende Verkehr im Auge behalten werden. Wir fahren in Schräglage.
Dann schieben wir, Schritt für Schritt. Lautstark flattert die Kleidung an uns. Auch auf diese Art kommen wir nur mühsam voran. Schließlich brechen wir für heute ab. Der Wind ist zu krass, es hat keinen Zweck mehr. Weit und breit ist nur Pampa, kein Gebäude, nichts. Das Zelt können wir nicht aufstellen.

Die einzige Zuflucht vor dem Sturm bietet uns eine Regenröhre unterhalb einer kleinen Brücke neben der Straße. Nachdem die rechteckige 1x1m Betonröhre einmal mit allen Packtaschen dicht an dicht gestopft und abgedichtet ist, so dass weder Wind noch Sand hindurch geblasen werden, können wir aus unserer engen Stube gelassen das Naturspektakel beobachten.

Bis nach El Calafate wird es ein weiterer, anstrengender Tag, vorbei am Lago Argentino und weiter Steppe. Uns vergnügen davon flitzende Guanacos (große Alpakas) und Ñandus (kleine Vogelsträuße). Auch sehen wir rosarote Flamingos in den Lagunen stehen.

In diesem Tagen treffen immer wieder auf Reiseradler, die vor kurzem in Ushuaia begonnen haben und nach Norden radeln wollen. Einige sind bereits hier völlig fertig und frustriert aufgrund des ständigen Gegenwindes, denn die Hauptwindrichtung ist Nord-Nord-West. Manche wussten von diesem Faktum, andere leider nicht … oft werden von ihnen Etappen mit Bussen überwunden. Wir nennen sie die Bus-Radler.

El Calafate und Besuch des Gletschers Perito Moreno
Auf dem Campingplatz Los dos Pinos treffen wir auf weitere vier Reiseradler. Enrico aus Italien ist bereits seit drei Jahren und neun Monaten um die Welt unterwegs. Zusammen trinken wir mate und quatschen. Der sehr touristische Ort Calafate ist ansonsten nicht sehenswert.
Ein Besuch des Nationalparkes Los Glaciares ist für uns ein unbedingter Muss, denn wir wollen den gigantisch großen Gletscher Perito Moreno ansehen. Dieser zieht sich eben nicht zurück, wie so viele andere Gletscher dieser Region, sondern wächst. Im Jahre 1999 hatte er eine Fläche von 254 Quadratkilometern und ist damit einer der Größten Auslassgletscher des südlichen Eisfeldes.

Auf Wanderwege laufen wir staunend an diesem riesen Eisberg entlang. Wir erkennen die verschiedenen Richtungen, in denen das Eis innerhalb der Fläche geschoben wurde. Märchenhaft werden blaue Spitzen in die Höhe gedrückt. Es knackt und tost. Vereinzelt brechen kleine Eisbrocken ins Wasser des Lago Argentinos. Dann kracht es gewaltig. Enorme, hochhausgrosse Eiszacken verschwinden in den See und tauchen kurze Zeit später waagerecht schwimmend wieder auf. Es ist Bewegung im Eis. Kurz darauf kommt just uns gegenüber mit einem irren Lärm eine ganze Wand herunter! Das dahinter zum Vorschein kommende Eis ist dunkelblau. Der Hammer!

Auf nach Puerto Natales
Auf diesem Abschnitt stehen wir morgens immer besonders früh auf, um vor dem Einsetzen des mega Windes soviel wie möglich an Strecke geschafft zu haben. Manchmal fliegen wir über die Steppe, dann kämpfen wir uns wieder für einige Stunden im Schritttempo voran. Ich habe oft nicht die Kraft mich gegen den Wind zu lehnen und im Sattel zu bleiben. So kippe ich des öfteren umgeblasen wie in Zeitlupe auf den Boden. Das Rad gegen die Kraft des Windes aufzurichten und wieder aufzusteigen ohne erneut weggeblasen zu werden, stellt sich dabei als recht schwierig dar. Schiebeeinlagen folgen.

Abends kommen wir völlig fertig an unseren Schlafplätzen an und erfahren herzliche Gastfreundschaft. Fabián, ein Polizist, der ganz allein seit 20 Jahren in einer Polizeistation mitten im Nirgendwo kurz nach El Cerrito wohnt und arbeitet, bietet uns ein Bett und seine Küche an. Er ist in diesem Umkreis für den Verkehr auf der 60km langen Schotterpiste verantwortlich ebenso wie für 10 Menschen, die in den umliegenden estacias wohnen. Wir fragen ihn, was denn so in sein in seinen Aufgabengebiet fällt. „Vor etwa einem Jahr gab es hier einen Motorradunfall!“, sagt er, während er gewissenhaft seinen Brotteig balgt.
Eine anderes Mal, in Tapi Aike, dürfen wir in einem leeren Wohnwagencontainer der Straßenwartungsfirma übernachten. Es gibt sogar zwei Betten, in die wir müde fallen. Der Wind heult weiterhin. Der Wohnwagen wackelt. Wir finden’s super hier drinnen!

Puerto Natales
Von Argentinien zurück nach Chile gekreuzt, erreichen wir den in die Jahre gekommen, aber sehr urigen Ort Puerto Natales am Ende des Fjordes General Almirante Mont. Hier gefällt es uns gut. Bunte Häuser mit blauen, grünen oder rosa Fronten aus Metallplatten säumen die Straßen. Wir bleiben ein paar Tage bei Oscar im Hostal Tyndall und bereiten uns auf unsere Wanderung im Nationalpark Torres del Paine vor. Genau dazu gibt es täglich eine nützliche, gratis Infoveranstaltung im Hostal und Equipmentverleih Erattic Rock, in der nach einem Vortrag zu Regeln, Distanzen und Wetterverhältnissen im Park alle wichtigen Fragen geklärt werden können. Bei „Gibt es da oben auch einen Geldautomaten?“ müssen wir breit schmunzeln.

Wanderung im Nationalpark Torres del Paine
Genauso wie jährlich andere 150 000 Touristen machen auch wir uns auf zum Eingang des Nationalparkes Torres del Paine. In der Sprache der Aonikenk-Indianer bedeutet dieser Name „Türme des blauen Himmels“. Die kriegen wir bei dem durchmischten Wetterchen unserer acht Tageswanderung leider selten zu Gesicht.
Im Gegensatz zu der Mehrzahl der Besucher entschließen wir uns das weniger oft begangene „O“, also die komplette Runde entgegen des Uhrzeigersinns um die Berggruppe Cordillera del Paine, welche vom 3000m hohen Cerro Paine Grande dominiert, wird in acht Tagen zu begehen. Das Essen muss mitgeschleppt werden.

In den ersten beiden Tagen wandern wir durch typische patagonische Landschaft, streifen durch Wiesen voller Margeriten, vorbei an mittelblauen Flüssen und laufen oberhalb von hellblauen Seen, während wir ein Gebiet durchlaufen, das ein übriggebliebener Zeuge eines Waldbrandes gigantischen Ausmaßes darstellt. Wenn die hellen und schwarz verkohlten Skelette der Bäume nicht so einen negativen Beigeschmack hätten, wäre diese kontrastreiche Farbkombination mit der grünen Wiese und den weißen Blümchen richtig schön.

Schnell lernen wir das junge Ärztepaar Judith und Philipp kennen und freunden uns an. Wir wandern gemeinsam und treffen uns auf den Campingplätzen immer wider. Denn nur hier darf übernachtet und der Kocher angeworfen werden.

Ein besonderes Highlight ist der Blick auf den sich im Nieselregen und Nebel unter uns ausbreitenden Gletscher Grey, auf den wir just nach der Passüberwindung des John Gardner Passes auf 1200m Höhe bei Sturm und Schneefall heute als erste der wandernden Meute stoßen.

Runde 15km laufen und klettern wir auf abenteuerlich geflickten Leiterkonstruktionen oberhalb und neben dem enormen Gletscher entlang, bis wir auf seine Abbruchkante stoßen und abends bei einem Aussichtspunkt nahe des Campingplatzes Grey im Licht der untergehenden Sonne im Gegenlicht riesige hellblaue Eisschollen in der Bucht vor uns schwimmen sehen.

Nach den ersten Tagen der relativen Einsamkeit und Ruhe stoßen wir dann auf die Hauptverkehrszone der Kurzwanderer, die nur das sogenannte „W“ begehen. Man stelle sich an dieser Stelle nicht aufhörende Ströme an besser oder auch schlechter ausgerüsteter Leuten auf schmalen und nicht besonders gut ausgebauten Wanderpfaden vor. Der Weg wird zum „Hola-trail“. So können wir anstatt des Zwitscherns der Vögel nun fetzige Popmusik aus den um den Hals gehängten Smartphones lauschen.
Und eben diese Horden an laut englisch, spanisch oder hebräisch sprechenden, oft sehr rücksichtslosen Menschen, kehren zu später Stunde in die bereits knackig gefüllten Campingplätze ein, quetschen sich zwischen die Zelte und palavern sodann lautstark, während sie mit Töpfen klirren. Auf einigen dieser Campingplätze, meist auch verbunden mit einem Hotel und Kiosk sind die Preise hoch und die Leistung niedrig. Zwei dreckige Klos und ebensoviele Duschen müssen da schon für mehr als 150 Leute ausreichen. Ein nicht unerheblicher Teil des Nationalparks ist Privatgelände einer Familie und die hat es gelernt die Touristenmassen zu schröpfen, wo es nur geht. Das Wandern bekommt einen anderen Beigeschmack, mindert jedoch nicht die imposanten Eindrücke der Natur.

Im Valle del Francés beispielsweise bekommen wir bei einem 360-Grad-Blick alles geboten: Granitwände in unterschiedlichen Braun- und Grautönen mit quer verlaufenden Rissen, niedrigen Wald urzeitlich anmutender, knochiger Bäume, einen rauschenden Bachlauf mit runden Flusskieseln, ein weiteres Felsmassiv, gespickt von frischen Schneeformationen und behangen mit Gletschern sowie ein offenes Tal mit runden, von Grün überzogenen sanften Bergen, in denen hellblaue Seen, mit Inseln auf verschiedenen Ebenen liegen.

Diesen schönen Moment erleben wir bei kaltem Wind und Schneefall zusammen mit Judith und Philipp. Der meint dazu: „Da fliege ich extra aus dem deutschen Winter in den patagonischen Sommer, um hier den ersten Schneefall des Jahres zu erleben!“

Ein besonders guten Abschluss unserer Wandertour bietet uns der strahlend blaue Himmel und warmer Sonnenschein an unseren vorletzten Tag, der uns hinauf zu den Torres selbst bringt. Unsere Münder bleiben offen, als wir über ein Schuttfeld laufend beobachten, wie sich die drei Felsnadeln imposant bei fast keinen Wolken vor einer kleinen Lagune in den Himmel recken!

Fertig und müde treten wir den Endspurt zur Bushaltestelle im Park an und freuen uns auf eine warme Dusche und unser reserviertes Hostalzimmer in Puerto Natales.

Von Puerto Natales in Richtung Punta Arenas
Nachdem wir uns ausgeruht haben, kann es wieder auf die Räder gehen. Die Klimaverhältnisse passen einmal wieder hervorragend zur kargen Landschaft der „Route zum Ende der Welt“. Dunklen Wolken hängen tief. Nieselregen kommt auf, doch brechen immer wieder zaghafte Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Der Wind schiebt uns an den Rand der Piste. Es regnet. Dann hagelt es und hört wider auf. Im ständigen Wechsel ziehen wir bei diversen Halten das Regenüberzeug an und aus. Das nervt mich.
Diese Nacht erleben wir die Herzlichkeit und Offenheit der chilenischen Carabineris. Ein junger Beamte lässt uns in ein leerstehendes Haus hinter der Polizeistation einziehen. Sogleich kommt er nochmal und bringt eine Kanne kochendes Wasser, damit wir uns aufwärmen können, denn tagsüber wird es nicht mehr als 10 Grad Celsius und in der Nacht nur ein paar Grad über Null.

Besuch der Pinguinkolonie Seno Otway
Einen kleinen Abstecher unternehmen wir, da wir Pinguine ganz aus der Nähe sehen wollen. Das heißt 38km bei starkem Gegenwind auf ausgefahrener Schotterpiste über Privatgelände hinunter zum zu Meer radeln. Dafür benötigen wir 3,5 Stunden – reine Fahrzeit. An der Bezahlstation einer der Familien, der das Land gehört, werden wir mit einem wohl aufmunternd klingen sollenden „Es sind nur noch 11km!“ hindurchgewunken.

Mit dem Wind kippt auch meine Laune in die eine oder andere Richtung. Hardy scheint das alles nichts auszumachen. Mit einem „Du musst doch auch mal lächeln! Ist doch alles gar nicht so schlimm. Probier‘ doch mal deine Stirn zu entzerren!“ bringt er mich beim Krafteinsatz gegen den Sturm völlig zum Kochen.
Mittags kommen wir endlich an. Der riesen Kohldampf wird mit heißem Kaffee und Käsestullen gestillt. Alle mögliche Lagen an Kleidung, auch die Regenmontur, verschafft uns einigermaßen Schutz gegen den kalten Wind vom Meer her kommend. Auf geht’s! Auf ausgewiesenen Pfaden der nett angelegten Anlage gelangen wir zu verschiedenen Aussichtsplattformen. Über 10 000 Magellan-Pinguine brüten jedes Jahr während der Sommerperiode an der Küste des Otway Sounds.

Im Wasser können wir die Pinguine schnell und wendig hin und her schwimmen sehen. Sie drehen sich auf die Seite, um sich zu putzen oder treiben einfach auf dem Rücken liegend herum. Am Strand watscheln sie dann weniger elegant und bleiben oft stehen, um zu trocknen. Kugelrunde Jungtiere stehen im Sand oder lassen sich auf ihren dicken Bauch fallen. Sie befinden sich in der Mauser. Lustig stehen Federn in alle Richtungen.

Einige Pinguine schlendern auf Pfaden über den Strand in höher liegendes Gelände. Dabei hängen ihre Flossen eher hinderlich an ihnen hinab. Es sieht total niedlich sie auf ihrem Weg zu beobachten. In Tippelschritten verschwinden sie in den ausgelatschen Pfaden, so dass nur noch der Kopf über die Kante guckt. Über Hindernisse hüpfen sie ganz reizend! Der Kraftaufwand war’s wert, Pinguine sind fürchterlich putzige Kerlchen!

Mit dem Wind im Rücken fliegen wir über den ruckeligen Schotter zurück zur Kreuzung mit Fernstraße Nummer 9. Hier hatten wir bereits heute Morgen mögliche Schlafplätze im Schutze knochiger Bäume entdeckt. Neben Margeriten lassen wir mit einem Tee in der Hand erschöpft diesem Tag ausklingen. Unsere Blicke wandern zum Meer hinab. Die Magellanstraße liegt genau vor uns. Auf der anderen Seite erkennen wir bereits die Umrisse der Insel Feuerland. Den südlichsten Zipfel des Kontinentes Südamerika haben wir erreicht. Knappe 500km liegen noch vor uns, fast nichts! Uns wird glatt flau im Bauch.

Punta Arenas
Die Hauptstadt der chilenischen Region Nummer XII, der Región de Magallanes y de la Antárctica Chilena, erreichen wir im Nieselregen. Der Ort liegt auf der Brunswick-Halbinsel. Trotz grauer Tristes fühlen wir uns wohl, denn sobald die Sonne hervorkommt gibt es ein ganz anderes Flair. Bunte Häuser und alte Villen aus dem 19. Jahrhundert, die den einstigen Reichtum europäischer Einwanderer aus Zeiten der Seefahrt, des Goldrausches und der Schafzucht wiederspiegeln, bilden das Straßenbild. Wir nehmen uns ein paar Tage Auszeit, verbleiben im netten Hostal Independencia, das der Eigentümer Eduardo mit Herz und Seele schmeißt und werden von unseren nordamerikanischen Mitbewohnern zu einer Super Bowl Party im Wohnzimmer eingeladen. Oh, wir hatten ja keine Ahnung von diesem Event!
Wir erkunden Punta Arenas mit einem Besuch des imposanten Friedhofes, dessen Gräber mit alten Inschriften aus verschiedensten Ländern geziert sind und erleben Vergangenheit in der Villa der Familie Braun Menendez.

Morgen setzen wir per Fähre unseren Weg über die Magellanstraße nach Feuerland fort – auf zum Endspurt, zum Fin del Mundo!

In der Galerie findet ihr Fotos zu dieser Etappe und zur Wanderung im Nationalpark Torres del Paine.

Posted in Argentinien, Chile

Carretera Austral (Chile/ Dezember 2013-Januar 2014)

Die von vielen Erzählungen und Mythen umwobene Carretara Austral, die durch die X. und XI. Region Chiles führt, liegt direkt vor uns: Karge Steppen, dichte Regenwälder, noch unbestiegene Gipfel des Eisfeldes Campo de Hielo Norte. Aber vor allem dominiert hier eines: Wasser. Unaufhörliche Wassermassen von oben sowie von unten in Form von verwobenen Fjorden, gigantischen Gletschern, Neuschnee auf den Gipfeln der Berge und türkisfarben leuchtenden Flüssen und Seen lassen uns immer wieder inne halten und staunen. Patagoniens Natur ist rau und unberechenbar aber zugleich vielfältig, überraschend und wunderschön!

Santa Lucía bis La Junta

Am Grenzübergang Futalefu kreuzen wir von Argentinien zurück nach Chile. Kurz darauf biegen wir im verschlafenen Nest Santa Lucía vom schotterigen Belag der carretera 235 auf Schotter der carretera 7 ein, der Carretera Austral.

In einem Mammutprojekt hatte einst Pinochet 20 Jahre lang an der „Fernstraße“ von Puerto Montt bis nach Villa O’Higgins bauen lassen, bis sie 1996 „fertig gestellt“ wurde. Der Bau kostete so einigen Soldaten das Leben und verschlang bis dato ganze 300 Mio. US Dollar.

Wir hören von Plänen, die zur Zeit noch in Villa O’Higgins aufhörende Piste über diverse Inselchen ausbauen zu wollen, um bis nach Punta Arenas auf chilenischer und nicht argentinischer Seite nach Süden fahren zu können. Gerüchte besagen, dass dieser Abschnitt frühestens 2050 fertig gestellt sein soll.

Ein anderer Plan ist es, die bisher existierende Schotterstraße zu asphaltieren. Und davon bekommen wir bereits etwas mit. Auf den folgenden 70km bis nach La Junta wird fleißig gebaut. Wir teilen uns knackige, enge Steigungen mit mit Material beladenen Lastfahrzeugen. Klar ist, unsere Anwesenheit stört die Fahrer. Abgebremst und gewunken wird nur von Zweien. Die Restlichen rasen vorbei. Steinchen springen, wir müssen ausweichen und sind am Tagesende von oben bis unten eingestaubt. Unter den Reifen wegrutschend fühlen wir alle Arten verschiedenster Gesteine in allen Größen. An Material wird genommen, was in der Gegen vorhanden ist. Am Dööfsten sind kartoffelgroße Kieselsteine direkt aus dem Flussbett nebenan. Wir halten den Lenker mit voller Kraft fest, versuchen das Fahrrad unter Kontrolle zu behalten. Die Räder entwickeln ein Eigenleben. Es ist ätzend! Da wir permanent auf den Boden achten müssen, sehen wir viel Schotter, können jedoch nichts zu der Natur um uns herum berichten.

Zu allem Überfluss tut sich an Hardys Fahrrad eine neue, besorgniserregende Baustelle auf: Wir bemerken einen Riss in der Felgenflanke seiner Hinterradfelge. Eine Folge seines sportlich-flotten Fahrstiles auf den Abhängen der Schotterpisten der vorangegangenen Tage – oder auch „radeln wie Sau“, plus die bisher abgeradelten 32.500km. Seit Costa Rica, also 1 ½ Jahre lang, trage ich eine Ersatzfelge „nur für den Fall“ mit mir herum. Bewährt sich diese Vorkehrung nun „endlich“?! Doch Hardy hat keine grosse Erfahrungen mit dem Einspeichen eines neuen Rades und möchte dies am Liebsten mit professioneller Unterstützung im drei Tage entfernten Coyhaique tun. Momentan stagniert der Riss. Es wird vorsichtig weitergeradelt und nun vor jedem Schlagloch abgebremst.

Besuch des Nationalparks Queulat

Auch heute beschert uns wieder ein 14km langer Baustellenabschnitt Freude. Immerhin ist das Bodenmaterial nur klein und rutschig! Wir brechen früh auf, erst weit nach 9Uhr sehen wir die ersten Baufahrzeuge rollen. Just ab der Grenze zum Nationalpark Queulat wird der Strassenbelag angenehm fest. Wir radeln auf einer von riesigen „Rhabarberpflazen“, den Nalpas, zugewucherten, engen Schneise neben einem dunklen See entlang. Es geht fleißig auf und ab. Die Luft ist angenehm kühl und klar. Endlich kein Staub mehr!

Im niedlichen Ort Puyuhuapi, der am Ende des gleichnamigen Fjordes liegt, machen wir eine Pause und füllen die Packtaschen mit Lebensmitteln auf. Aus den Schornsteinen der in die Jahre gekommene Holzhäusern, deren Wände mit Holzschindeln gedeckt sind, raucht es und riecht herrlich nach Holz. Es ist frisch, aber die Sonne scheint. Wir gesellen uns neben einige Frauen, die auf dem Platz Gemüse aus ihrem Garten verkaufen.

Auf der schmalen Piste, in die Berghänge hinein gehauen, entlang des wunderbaren Fjordes fahren wir anbei von Fischfarmen dem Nationalpark entgegen. Da macht es „Krach“, oh nein! Der Zustand Hardys Felge hat sich deutlich verschlechtert! Sie hat nun die Form einer zusammen gedrückten Ziehharmonika. Mit bangendem Herzen schleichen wir die restlichen 4km voran zum Eingang des Nationalparks. Erstmal werden die Räder am Parkplatz beiseite gestellt und das Angehen dieses Problems verschoben.

Wir unternehmen eine Wanderung durch den Wald zum Ventisquero Colgante, einem Hängegletscher. Aufwärts geht es durch einen immer nassen Wald voll von Südbuchen, Farne und wieder den gigantischen Nalpas. Vom Aussichtspunkt bestaunen wir den beeindruckenden Gletscher. Wie ein grau-blauer, nasser Sack liegt er eher auf der Bergkante, als das er hängt. Zwei nicht abreißende Wasserfälle rauschen in die Tiefe und speisen den ordentlich gefüllten Fluss. Es knackt. Tosend brechen Eisbrocken ab und fallen in vielen Stücken in die Tiefe. Das laute Getöse des Aufpralls kommt bei uns zeitversetzt an.

Müde vom Radeltag plus Wanderung machen wir uns auf den Rückweg zu unserem Fahrrädern und Fahrradproblemchen. Sollte sich Hardy hier vor Ort in unsere Fahrradliteratur einlesen und in langwieriger Arbeit es versuchen das Rad allein neu einzuspeichen, oder schaffen wir es in den nächsten Ort? Letzteres ist leider unwahrscheinlich.

IMG_1803Erstaunt finden wir auf den Lenkertaschen der Räder zwei Kekspackungen und eine Nachricht für uns, „Wenn ihr Lust habt auf nette Unterhaltung und ein Abendessen, kommt zu Zeltplatz Nummer vier!“ Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen und lernen vier Reiseradler aus Spanien, Holland und Argentinien kennen. Aufgrund ihrer kleinen Kinder sind Álvaro, Lucía, Harry und seine schwangere Freundin gerade mit dem Auto auf Reisen.

Insbesondere Álvaro ist von dieser Methode des sich Fortbewegens nicht sonderlich angetan. Er hat vor einigen Monaten gelernt Räder zu bauen und ist Hardy mit seinen Tipps und Tricks sofort eine große Hilfe, als er die Speichen von der alten Felge in die neue umbaut. Am Ende, es ist bereits spät und dunkel geworden, sitzen sich die beiden mit leuchtenden Stirnlampen gegenüber und Álvaro bringt Spannung auf die Speichen. Es bleibt ein kleiner Höhen- und Seitenschlag und auch die Felgenmittigkeit ist nicht hinreichend gewaehrleistet, aber bis nach Coyhaique werden wir kommen. Was für ein glücklicher Zufall, ohne Álvaro hätten wir schon alt ausgesehen…

Auf nach Coyhaique

Endlich kann Hardy mit der neuen, zuverlässigen Felge wieder richtig Kraft einsetzen. Das ist auf der folgenden 12km langen Steigung auch nötig. Loser Schotter, der das Vorderrad wegrutschen lässt, sowie viel Jeepverkehr und dementsprechend aufgewirbelter Staub machen uns in der kräftigen Morgensonne Freude, als wir uns schwitzend hinaufarbeiten. Bremsen, die besonders mein Gesicht lieben, umschwirren uns wie bekloppt. Vier Wegbegleiter sind keine Seltenheit. Zu dumm, dass beide Hände am Lenker bleiben müssen, da hilft nur Pusten, damit die Biester nicht stechen.

Die Natur ist der absolute Hammer! Dichter Wald umgibt uns. Dahinter sehen wir karge Berge, auf denen frische, weiße, dicke Schneemassen liegen. Wir entdecken weitere Gletscher, die in der Sonne weiß-blau leuchten.

Kurz darauf erreichen wir bei der Kreuzung nach Puerto Cisnes auf einem bereits fertiggestellten Abschnitt der Carretera Austral endlich Asphalt! Es rollt wie von selbst. Auch geht es weiterhin auf und ab, aber wir rasen und können dabei die an uns vorbei fliegende Natur beobachten, nicht nur die Bodenbeschaffenheit.

Der Abschnitt vor Coyhaique ist geprägt durch Brandrodung. In den 40er Jahren soll es hier große Waldbrände gegeben haben, deren Zeugen, die grauen, verstümmelten Überreste einstiger Baumriesen, wir noch wahrnehmen können. Zwischen ihnen grasen Kühe und Schafe auf den entstandenen Weideflächen. Diese fressen sich zu beiden Seiten der Piste immer weiter in den Wald hinein, um dann penibel mit Stacheldraht umzäunt zu werden. Mich würde interessieren, wieviel Prozent der Carretera bereits eingezäunt sind! Für uns ist es schwierig einen Schlafplatz zu finden. Manchmal gibt es Gatter, die nicht mit einer Kette verschlossen sind. Die öffnen wir und verschwinden in den Büschen. So auch heute. Leider zündet bald Jemand just auf der Nachbarparzelle in einem Haufen gerodeter Pflanzen einen Schwelbrand an. Der Wind steht voll in unsere Richtung, wir werden die ganze Nacht hindurch eingeräuchert.

Der Verkehr nimmt deutlich zu. Ein schwerer Irrtum meinerseits, man wäre auf der Carretera Austral allein … diese Zeiten sind vorbei. Fast täglich treffen wir auf andere Reiseradler. Echt voll hier! In Mañihuales kommen gleich vier angelaufen, als wir vor einem Laden Essen in die Packtaschen stopfen. Es sind zwei ältere Franzosen und zwei sehr junge Belgierinnen, die alle in der casa de ciclistas untergekommen sind. Wir schauen kurz vorbei, entscheiden uns lieber den heftigen Rückenwind auskosten zu wollen und noch ein paar Kilometer zu rollen, als alle zusammen in diesem kleinen, stickigen Raum zu pennen.

Coyhaique

Geschafft kommen wir nach einem deftigen Radeltag recht welliger 80km in Coyhaique, der Hauptstadt der Region Aiséns, an. Just vor der Stadt wartet nochmal eine lange Steigung auf uns. Der Asphalt wechselt sich ab mit Betonplatten, die von lustigen Klinkersteinen unterbrochen werden. Ein Tunnel folgt. Dann stehen wir schon oben auf dem mirador im stürmischen Wind und schauen hinab auf das sich ausbreitende Städtlein, welches beschaulich von Wiesen und Bergen umgeben wird. Die XI Region Chiles Aisén wurde einst von den Menschen, die aus dem Süden hinaufschifften, nach „ice end“ benannt. Wir steuern erst mal die plaza für eine Pause an. Diese, von einem Carabinieri entworfen, ist fünfeckig und erinnert an die Form des Wappens der Polizei. Der Platz ist von den örtlichen Schülern niedlich weihnachtlich geschmückt worden.

Die erste Etappe der Carretera Austral ist geschafft! Wir gönnen uns einen Ruhetag und bleiben bei Boris, unserem warmshowers-Gastgeber, in seiner kleinen Holzhütte. Gerade sind drei weitere Radler hier, die sich des Nachts den Küchenboden teilen. Wir bauen das Zelt im Vorgarten auf und verbringen zwei schöne Tage mit Boris, Mattjis, Nicolas und Mauricio. Dem einzigen Radladen weit und breit, der bicicleteria figón, statten wir natürlich einen Besuch ab. Doch können wir aufgrund von schlechter Betreuung, überhöhten Preisen und fehlender Kompetenz nur davon abraten! Aufgrund eines nicht als Ersatzteil aufzutreibenden defekten Industrielagers in meinem Freilauf entscheiden wir uns eine neue Hinterradnabe einbauen zu lassen. Der Mechaniker schafft es doch tatsächlich einen leichten Höhenschlag, keine zentrale Lage auf der Achse und zu wenig Speichenspannung einzubauen. Aus Hardys Hinterrad kriegt er nur den Seitenschlag heraus. Es gibt noch nicht einmal einen Ständer, die Räder werden einfach kopfüber auf den Boden gestellt. Zum Glück hatten wir Plastiktüten über unsere Ledersättel gezogen, sonst wären die zerkrazt. Hardy fordert Nacharbeit bei den Höhenschlägen und bekommt als Antwort des Mechanikers „ach, das sind doch nur ein paar Millimeter!“ Daraufhin geraten die Beiden in eine heftige Diskussion, bei der der Mechaniker am Ende einfach geht. Hardy trat da wohl aufs Ego… Am Ende bezahlen wir nur das Material, nicht die Arbeitszeit und verlassen gefrustet den Laden. Hardy arbeitet bestimmt noch zwei Stunden nach.

Von Coyhaique bis nach Puerto Río Tranquillo

Bis nach Cerro Castillo verbleiben uns weitere 90km schönsten Asphalts im toller Landschaft. Wir radeln im Reserva Nacional Cerro Castillo durch den Wald, vorbei an kleinen Bächen und bewundern im Hintergrund die schroffen Felswände der Berge. Besonders ist die Felsformation des Gipfels des Cerro Castillo. Nachdem wir Coyhaique verlassen haben, verändert sich die Landschaft, Weidewirtschaft und Häuser sowie Verkehr nehmen ab. Die Natur wird wilder und ursprünglicher je weiter südlich wir kommen.

Heute ist Heiligabend. In der Bäckerei bekommen wir aufgrund von fehlendem Wechselgeld das Brot geschenkt. Das erfreut uns und wir machen uns auf den Weg dem nun folgenden ca. 470km auf Schotter bis nach Villa O’Higgins entgegen. Erstmal geht es in engen Serpentinen knackig bergauf. Die Steinchen rutschen weg, das Vorderrad bricht aus. Immer weiter fahren, bloß nicht aus versehen anhalten, denn dann dreht beim Anfahren das Hinterrad durch und es muss geschoben werden.

An einer rutschigen Abfahrt breitet sich unter uns an der Laguna Verde ein Netz aus vielen kleinen Seen aus, deren Gletscherwasser eine total irre türkise Färbung hat. Abgestorbene dunkelgrüne Bäume bilden kontrastreich einen Gegenpol zum intensiven Blau und den zart gelben Blümchen am Wegesrand.

Anstrengend ist es heute. Kommen wir um eine Kurve, schlägt uns der heftige Gegenwind wie eine Wand entgegen.

Just gegenüber eines Aussichtspunktes am „Wald der toten Bäume“ finden wir auf einem Hügel zwischen Büschen einen halbwegs geschützten Platz für die Nacht. Das Zelt steht, drinnen fallen wir genüsslich über unser süßes Weihnachtsmahl her. Kurz vor dem Schlafengehen kommt noch einmal die Abendsonne hervor. Der Blick auf den angeleuchteten Berghang, die Baumstämme, die da wie Streichhölzer im Flussbett voller Asche stehen ist schon gewaltig. Ein Vulkanausbruch vor wenigen Jahren zerstörte den Wald und leitete den Fluss um.

Am Folgetag erreichen wir nach vielem Hoch und Runter den großen See General Carrera, eine gigantische Wasserfläche, die in der Sonne unbeschreiblich türkis leuchtet. Die tieferen Wasserstellen heben sich vom türkis in dunkelblau ab. Der Wind bläst auch heute sturmartig. Glücklicherweise finden wir eine mal nicht eingezäunte Stelle gleich am See. In einer Kuhle hinter Büschen gleich am Wasser bauen wir unser Nachtlager auf. Eine Henne gesellt sich mit ihren Küken zu uns. Im Windschatten ist es so warm, das wir mit dem kalten Wasser des nahen Wasserfalls duschen und Haare waschen können.

Die fehlenden 15km ins kleine Puerto Río Tranquillo radeln wir in Gewitterstimmung unter dunklen Wolken im Schneckentempo, denn nach wie vor werden wir von heftigen Windböen erfasst. Hier machen wir in einer kleinen hospedaje einen halben Ruhetag. Nach und nach trudeln mehr Radler ein. Auch die drei Jungs, mit denen wir bei Boris in Coyhaique zusammen gewohnt hatten, kommen in unsere Pension. Drinnen am Ofen ist es gemütlich und warm, draußen können wir beobachten wie sich die Bäume im anhaltenden, windigen Nieselregen nur so biegen.

Am nächsten Morgen weht es etwas weniger. Hardy, Mattjis, Mauricio und Nicolas unternehmen eine Bootstour zu den nahen capillas de marmól. Hier haben die Wellen des Lago General Carrera schöne Höhlen und Ausbuchtungen in die Uferwände aus fein gestreiften Marmor gewaschen.

 

Endspurt nach Villa O’Higgins

Gegen Mittag brechen wir auf. Das Wetter zieht all seine Register: Rückenwind dreht in Gegenwind, Sonne wechselt sich mit Nieselregen ab. Es geht am Ufer des Sees General Carrera weiter knackig hinauf und hinab. Dann folgt mal eine Gerade mit festem Belag, auf der wir Geschwindigkeiten von bis zu 20km/h erreichen! Am Tagesende kämpfen wir uns wieder mühsam hinauf, auf Steilhängen um die Lago Negro herum und bauen das Zelt in einem sonnigen Moment mit fast keinem Niesel am Ufer des ruhigen Sees Bertrand auf.

Nachdem wir die kleine Stadt Cochrane passiert haben, wird die Natur ursprünglicher. Die Distanzen zwischen den seltenen Siedlungen nehmen zu.

Auf einen Wanderweg radeln wir zum Zusammenfluss des türkis leuchtenden Río Baker und weiß milchigen Río Neff. Gigantische Wassermassen stoßen in einer großen Welle aufeinander. Toll!

In den folgenden Tagen lautet die immer wiederkehrende Frage: Muss es denn heute schon wieder regnen? – Ja, das muss es. Wir sind jetzt im Regenwald und im Regenwald, da regnet’s halt! Nachdem wir einst den Fehler gemacht haben, die Regenklamotten zu spät anzuziehen und völlig kalt und durchnässt sind, ist es daraufhin ein dauerndes Wechselspiel von an-aus, an-aus, denn auf Regen folgt Sonnenschein, der sich mit Nieselregen und Hagel abwechselt. Dieses blöde Mistwetter verwehrt uns Aussichten auf die Gipfel des Eisfeldes Hielo de Norte direkt neben uns.

Als wir mitten im Nirgendwo uns auf drei aufeinander folgenden Pässen hoch und runter arbeiten sehen wir zum ersten Mal Guanacos, die größeren Vertreter der Alpakas. Kurz darauf kommt aus dem Nichts ein netter Hund angelaufen. Nachdem er gejault und uns damit anscheinend verklickert hat, das er nicht mehr allein sein möchte, rennt er die folgenden 2,5 Tage, ganze 150km mit uns mit! Es dauert etwas, aber dann macht es klick und wir stellen fest, dass er ja eine sie ist. Aus Paco wird Paca. Wir geben Reis und Brot ab, müssen sie aber leider am Fähranleger, als wir bei Puerto Yungay nach Río Bravo übersetzen, stehen lassen. Das ist für alle Beteiligten traurig.

Heute ist auch Silvester. Es hat ordentlich geschüttet und wir frösteln. Die Fährcrew bietet uns an drüben zu bleiben, sie grillen bereits on Board auf offenen Feuer ein halbe Kuh, aber wir möchten morgen früh fix weiter fahren, so dass wir das Gewässer kreuzen. Am anderen Ende des Fjordes in Río Bravo erwartet uns ein tolles, modernes Holzhaus alias refugio oder auch Wartehalle. Super, denn wir haben so einiges zu trocknen. Es gibt sogar ein Bad mit fließendem Wasser. Das Beste sind jedoch die Panoramafenster auf den Fjord hinaus! Unter ihnen breiten wir unser Nachtlager aus und schlafen gemütlich im Trockenen und ohne Wind ins neue Jahr hinein.

An Hardys 30. Geburtstag kommt wenigstens ein paar Mal die Sonne raus, das hebt die Stimmung! Bei immer mal wiederkehrendem Regen und Hagel holpern wir voran durch dichten, schief gewachsenen, bemoosten Wald auf der vorletzten Etappe in Richtung Villa O’Higgins, bis wir ein altes, verfallenes refugio erreichen. Wir zelten dann lieber hinter der Hütte. Obwohl das Wetter so scheiße ist, genießen wir es aus vollen Zügen hier zu sein! Gigantisch ist der Regenwald und kurze Momente höchsten Glücks kommen auf, wenn dann doch mal kurz ein Stück Berg, manchmal sogar mit Schnee drauf zwischen den Wolken hervorlugt. Dann kann endlich der schöne Teil des Tages beginnen: Es gibt Kuchen und Geschenke, einen Mate-Becher, aus dem Hardy von nun an gemütlich am Tagesende schlürft.

Ein regenreicher Endspurt mit ein bisschen Sonne über zwei Pässe, entlang verworrener Bäume, rauschender Wasserfälle, vieler glucksender Bäche und gewaltigen Seen bringt uns immer näher heran an unseren Endpunkt auf der Carretara Austral, das Dorf Villa O’Higgins. Als wir um eine der letzten Kurven biegen, stehen da plötzlich zwei Huemules vor uns. Die gar nicht scheuen Rehe schauen uns lange an, bevor sie gemächlich den Hang hinauf stolzieren. Toll!

Villa O’Higgins

Der kleine Ort besteht aus einer Hand voll windschiefer, alter Holzhäuser und ein paar kleinen Läden. Hinzu kommen all die Unterkünfte für Touristen. Wir quartieren uns im netten El Mosco ein, einem Campingplatz und Hostal, in das seit Jahren viele Reiseradler einkehren, wie wir an den Stickern der Radler an den Kühlschränken sehen können. Wir entdecken Namen alter Bekannter wieder, nur sind die alle vor uns hier eingetrudelt. Ein Tag Pause in der warmen Küche tut uns gut, denn die Carretera Austral hat Kräfte gekostet. Wie schon zu Beginn unserer Reise damals in Nordamerika hören wir auch hier, dass dieser Sommer besonders regenreich sein soll. Wir sind sehr froh die tolle Strecke dennoch geradelt zu sein, auch wenn das Wetter gewöhnungsbedürftig war. Gerne hätten wir mehr Zeit gehabt.

Über zwei Seen zurück nach Argentinien

Auch wenn der folgende Abschnitt geographisch nicht mehr zur Carratera Austral zu zählen ist, gehört er dennoch für uns mit zum Abschluss dieses Abenteuers. Die Carretera Austral hört just am Ufer des Sees Villa O’Higgins auf. Autofahrer drehen hier um, um weiter nördlich über Chile Chico nach Argentinien zu kreuzen und dann wieder nach Süden auf der Ruta 40 zu fahren. Wir nicht. Am kleinen Steg tragen wir zusammen mit unseren drei mallorquinischen Kurzzeitradler-Freunden und dem Wanderer sowie Kajakfahrer Forrest unsere Fahrräder und das Gepäck an Board eines kleinen Schiffes, um mit diesem überteuertem, schicken Boot, welches eine Rundtour für Touristen zum nahen Gletscher anbietet, mitgenommen und am anderen Ende des Sees rausgeworfen zu werden. Wir haben Glück, denn momentan fährt es. Dies scheint von Motorenproblemen und Wetterverhältnissen abhängig und sehr unzuverlässig zu sein. Die große Fahrt beginnt. Wie soll es auch anders sein, natürlich ist es mal wieder bewölkt heute. Der Wind pfeift, die Gischt spritzt, die uns umgebenden Berge sind irre!

Als wir drüben in Candelario Manzanilla ankommen, lugt die Sonne für einen kurzen Moment hervor, sogleich verfärbt sich das Wasser des Sees türkis! Für uns steht eine 22km lange Fahrrad-schiebe-zerr- und Trageaktion an, hinüber zum folgenden See Lago de Desierto. Eigentlich wollen wir schummeln, denn gestern hat sich Hardy beim Anheben einer 1kg (!) schweren Mehlpackung verhoben und sehr starke Schmerzen. Jedoch funktioniert der Motor des Autos nicht, welches normalerweise für den Transport der Touris eingesetzt wird. Es hilft nichts, eine weitere Schmerztablette wird eingeworfen und los geht’s. Die Hälfte der Strecke just bis zur argentinischen Grenzlinie kann man durchaus noch als Straße bezeichnen. Schotter und Steigungen erschweren uns das Vorankommen.

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Nach dem Grenzschild Argentiniens wird es arg, denn die Piste verwandelt sich in einen schmalen Wanderweg, der über Stock und Stein, Baumstämme, zerstörte Brücken, durch Bäche und Schlammfelder führt. Das Gewicht sowie die Vorderradtaschen unserer Fahrräder machen sich negativ bemerkbar. Die Spanier, mit ihren leichten Packtaschen, sind uns klar im Vorteil. Über Stunden zieht sich diese „Wanderung“ hin, bis wir endlich den Lago de Desierto unter uns sehen und beim argentinischen Grenzposten angekommen sind. Die Zelte der Anderen stehen bereits. Es ist nach 18h, unsere nassen Füße sind super kalt. Es windet. Gerade, als wir unser Nachtlager aufbauen wollen, sehen wir sich in der Ferne ein Boot nähern. Wir halten inne und wollen versuchen uns jetzt schon mit ans andere Ende mitnehmen zu lassen. Bereits in Villa O’Higgins haben Tickets für eine Bootsfahrt gekauft, da wir fälschlicherweise gehört hatten, es verkehre nur eine Firma. Deren großes Boot sollte mal wieder kaputt sein, so dass nur ein kleines mit wenigen Plätzen eingesetzt würde. Für dieses Boot hatten wir leider erst Tickets in 1 ½ Tagen bekommen und uns auf eine Wartezeit eingestellt. Eine Alternative, die es aber insbesondere nach dem Tag heute zu vermeiden gilt, wäre eine weitere heftige Radtrageaktion in 20 Stunden um den See herum. Dieser Wanderweg soll aber bei weitem in noch schlechteren Konditionen sein!

Wir haben großes Glück, denn es kommt das Huemul angefahren, das große Boot unserer Firma, die Crew macht gerade Testfahrten. Mit vielen Scherzen quatschen wir uns on Board und können es nicht fassen, als wir kurz darauf in den weichen Sitzen windgeschützt drinnen sitzen und Gletscher an uns vorbeiziehen sehen! Nach 20 Uhr kommen wir am Südende des Sees an und sind einfach nur noch fertig. „Ist mir egal was das kostet, ich will auf den nahen Campingplatz, ich will auf der Stelle Schluss für heute machen!“, mault Hardy. Im Windschutz zwischen Bäumen, geduscht und mit fertigem Essen begrüßen wir erstaunt Forrest. Der amerikanische Wanderer ist weiter gelaufen, um den Lago de Desierto herum, bis er sein aufblasbares Kajak im Fluss einsetzen und herpaddeln konnte. Vergnügt und müde lassen wir uns zu dritt Nudeln mit Brot schmecken und den neuen Mate-Becher kreisen.

Wie im Fluge ist diese Etappe vergangen. Das ist die chilenische Seite Patagoniens gewesen. Es erwartet uns die karge und windige Pampa Argentiniens. Wir sind gespannt!

In der Galerie findet ihr mehr Fotos!

Posted in Argentinien, Chile

Landschaftsvielfalt auf engstem Raum – Von der Mündung des Itatas bis nach Futalefu (Chile-Argentinien/ November-Dezember 2013)

Unser Aufenthalt im schönen Sommerhäuschen zu Gast bei Alex im verschlafenen Dorf an der Mündung des Itatas am Meer vergeht viel zu schnell.
Gern wären wir noch ein paar Tage länger geblieben, doch seit des Kaufs unseres Rückflugtickets nach Europa vor einigen Wochen wollen die uns noch verbleibende Zeit sowie die bis dahin abzuarbeitenden Kilometer und was wir nicht noch alles vor unserer Ankunft in Ushuaia erleben und besichtigen wollen einfach nicht aus unserem Hinterköpfchen verschwinden. Ein günstiges Flugticket, d.h. einen feststehenden Rückreisetermin, haben wir eingetauscht gegen unsere Freiheit, gegen Spontanität, gegen das Gefühl uns einfach treiben lassen zu können. Nun müssen wir überlegen, ob wir die Zeit haben zu verweilen und Einladungen annehmen zu können. Aber nicht nur unser Abreisetermin ist ausschlaggebend für unser voranschreitendes Reisetempo, auch die kurze Sommerperiode auf dem untersten Zipfel der Südhalbkugel, in der das Wetter erträglich sein kann, lässt uns einen raschen Kurs in Richtung Feuerland aufnehmen.
Wir spüren Druck, richtigen Zeitdruck. Seit dem Beginn Südamerikas spielen wir mit den uns noch verbleibenden Monaten und bedenken unser Zeitfenster der Ankunft an unserem Ziel, aber so krass haben wir den Druck nie erlebt. Hochrechnungen werden angelegt: Wie viele Kilometer sind noch zu erradeln? Wie lange brauchen wir dafür bei unserem bisherigen Durchschnitt der geschafften Kilometer pro Tag? Wie viele freie Tage haben wir noch? Wie viel Zeit bleibt zum Wandern? Alles ist durchkalkuliert und bedacht. Wir haben einen kleinen Zeitpuffer und können mit ihm jonglieren. Jeden zweiten Abend im Zelt im Schlafsack liegend verkündet mir Hardy, wie ihr wisst Tabellen-liebend, unseren aktuellen Stand an offenen Radel- und möglichen Pausen-Tagen.
Gut jedoch ist, dass wir uns bereits so weit südlich befinden. Wir können uns nur schwer vorstellen, wie so einige andere Reiseradler, die erst im Norden von Argentinien sind, all die Kilometer bis Ende der Sommerzeit, also Ende Februar nach Ushuaia entspannt schaffen wollen.

Also werden an einem frühen Morgen nach einer fröhlichen durchzechten Nacht die Räder beladen. Wir schwingen uns mit einem leichten Kater auf die Sättel, um wackelig auf der holperigen Schotterpiste hinwegzujuckeln.
Wir wollen zur Mündung des Flusses, der boca de Itata, denn genau da sind wir mit dem jungen, wortkargen Fischer Alejandro verabredet. Die Piste verwandelt sich fix in feinen Sand. Alsbald ziehen und zerren wir mehr an den Rädern am Strand entlang, bis wir nach einer Ewigkeit zu Alejandros Schiffchen gelangen.
Er ist bereits seit den frühen Morgenstunden in seinem hölzernen Ruderboot und pendelt von Ufer zu Ufer. Die Ausbeute ist sehr mager. „Seit Jahren werden es immer weniger Fische. Sie werden auch immer kleiner.“, berichtet er uns.

Das Gepäck sowie die Räder werden in den kleinen, wackeligen Kahn geladen und Alejandro beginnt uns gemächlich ans andere Ufer zu rudern. Mit dieser Abkürzung sparen wir uns mindestens 40km auf Schotterbelag hinauf zur Brücke und zurück. Die Flusslandschaft ist wunderschön und es ist toll sie aus dieser Perspektive erleben zu können.

“Hey, das ist ja ein richtiges kleines Abenteuer”, denken wir uns, als wir drüben angekommen sind und die Räder ein zweites Mal angestrengt durch tiefen Sand schieben. Bald können wir aufsteigen und fahren langsam über Pfade der Straße entgegen, die uns in Richtung des hektischen Concepcións führt. Diese Stadt, die zweit wichtigste Chiles, nutzen wir nur zum Einkaufen im großen Supermarkt und verschwinden so schnell wie möglich.
Der nun stressigen, verkehrsreichen Straße folgen wir weiterhin entlang der Küste. Ort folgen auf Orte. In Coronel fragen wir in der Bibliothek, ob wir das Internet nutzen dürfen und stoßen auf einen ganz lieben Menschen. Eduardo, der Direktor der Bibliothek ist ganz entzückt uns als Gäste bei sich zu haben. Er hat in den USA gelebt und hat dort große Gastfreundschaft erfahren. Nun will er etwas zurückgeben. Wir dürfen auch während der Mittagspause das Internet nutzen. Sogleich werden wir zu ihm nach Hause zum Mittag bei seiner Mutter eingeladen und herzlich bequatscht. Stunden über Stunden verbringen wir in dieser Bibliothek. Es ist bereits später Nachmittag, als wir zum Weiterfahren kommen.

Auf ins Landesinnere
Kurz darauf verabschieden wir uns von der wunderschönen Küste, wir haben eine tolle Zeit hier erlebt, und biegen auf der Höhe von Cañete ins Inland ab.
Durch Orte wie Traiguén und Victoria arbeiten wir uns hinweg von der Forstwirtschaft hinein in ein Weide- und Agrikulturlandschaft. Ein Meer aus Parzellen und Stacheldrahtzäunen umgibt uns. Keine Chance für einen versteckten Zeltplatz.
Am Nachmittag fragen wir bei einer Familie am Gartenzaun, ob wir nicht auf ihrer 1ha großen Parzelle campen dürfen. Die alte Yeiya lebt hier ganz allein. Gerade sind ihr Sohn mit Freundin samt Enkelin zu Besuch. Der Sohn flüstert seiner alten Mutter ins Ohr, ”lad die doch ins Gästezimmer ein, diese gringitos, das sind welche von den Guten”. Und so werden wir fix, trotz der gerade stattfindenden Diebeswelle ins Haus gebeten, dürfen duschen und bekommen ein eigenes Zimmer. Yeiya lebt auf ihrer Parzelle, hat x-Hunde, Katzen, Schafe, Schweine, Enten, Gänse und Truthähne. Lange quatschen wir mit der lustigen und bereits schwerhörigen Frau. Sie scheint Gesellschaft zu genießen und holt Wein heraus. Wir kochen Reis mit Gemüse und einer Käsesoße. Dazu gibt es sopaipillas, eine chilenische Spezialität. Stücken des gerade frisch durchgekneteten Brotteiges werden in Schmalz frittiert und heiß und fettig gegessen. Schmeckt super lecker!

Besuch des Nationalparks Conguillio
Und schwups sind wir mitten im Landesinneren, im Nationalpark Conguillio. Chile ist ja so furchtbar schmal! Es gibt Stellen, da kann man gleichzeitig die Kordillere der Anden, welche die Grenze zu Argentinien markiert, sowie den Ozean auf der anderen Seite sehen.

Immer den wunderschönen Kegel des schneebedeckten Vulkans Llaima im Blick fahren wir durch Wald, gurgelnden Bächlein folgend, vorbei an beeindruckenden Lavafeldern in den Nationalpark hinein. Es heißt, wenn der Vulkan raucht, dann ist alles gut, hört er auf, ist er verstopft, dann wird es gefährlich.

Langsam rollen wir auf der sandigen Schotterpiste dahin. Es ist atemberaubend! Der Wald verdichtet sich. Wir fahren durch einen schattigen Tunnel unter den Ästen der riesigen Araukarien hinweg. Diese wunderschönen Bäume sind die „Urwald-Gewächse“ Chiles. Sie haben eine faszinierende Wuchsform. Hinter ihnen blitzt immer mal wieder der Llaima hervor.
An der großen Lagune quartieren wir uns auf einem Campingplatz ein. Eine heiße Dusche lockt, aber vor allem wollen wir unseren Kram hier sicher stehen lassen können, da wir morgen wandern gehen möchten. Schön ist es hier. Unser Platz befindet sich im Mischwald, die Sonne kommt hindurch und wärmt uns in der einsetzenden Kühle des hereinbrechenden Abends. Als wir gerade einen Tee fertig gekocht haben, kommt Kai angeradelt und belegt den Platz neben uns. Er hat fünf Monate Zeit und will Runden drehen durch Chile und Argentinien, einen genauen Plan hat er noch nicht.

Am Folgetag verlässt uns leider unser Glück. Die Wolken hängen tief. Nebel erhebt sich gerade von der Lagune, als wir uns auf unseren Weg den Berghang hinauf zu ein paar Aussichtspunkten machen. Oder ist es gerade wegen der gespenstischen Stimmung so beeindruckend?! Gerade erhaschen wir noch einen Blick auf die Lagune unter uns, doch der Vulkan versteckt sich hinter einer starren, grauen Wand. Egal, wir wandern weiter. Schwarz heben sich die Silhouetten der Baumkronen der Araukarien vorm aufsteigenden Nebel ab. Toll sieht das aus. Wir kommen immer höher. Es wird windig und kalt. Am gegenüberliegenden Hang fallen drei Wasserfälle in die Tiefe, auch sie verschwinden, als rasch ein neuer Wolkenvorhang aufzieht. Wir kämpfen uns etwas weiter, drehen aber bald um, da tiefe Schneefelder auf den schiefen Hängen ohne Ausrüstung uns zu gefährlich erscheinen. Tja, da haben wir einfach mal Pech mit dem Wetter gehabt.
Der Rest des Tages vergeht mit Tee trinken und mit Kai quatschen. Kurz vor dem Sonnenuntergang wagen wir uns noch einmal an den nahen See und siehe da, es ist aufgeklärt. Sogar der Vulkan zeigt sich von seiner feinsten Seite. Toll!

Am nächsten Morgen erleben wir natürlich wieder strahlenden Sonnenschein, wie soll es auch anders sein? Wir setzen unsern Weg fort, vorbei an beeindruckenden, riesigen Lavafeldern und Lagunen und tauchen ein ins großartige Seengebiet Chile und Argentiniens.

Seen, Seen und nochmals Seen
Diese Etappe beginnt mal wieder auf feinstem, losen Schotter und lässt uns in den kleinsten Gängen tretend schwitzen. Fleißig wellt sich die Landschaft dahin.
Kurz nachdem wir die Kleinstadt Cunco passiert haben, befinden wir uns in einem Gebiet, indem auf riesigen Feldern Getreide angebaut wird. Alles ist wunderhübsch, penibelst umzäunt. Ein Markenzeichen Chiles. Es wird später und später. Endlich sehen wir mal Jemanden an einem der Höfe und fragen sogleich nach einem Plätzchen für unser Zelt. Herr Hettich, der Großgrundbesitzer ist gerade vor Ort. Er bietet uns einen Platz am Rande seines Getreidefeldes an. Wir kommen ins Gespräch. Er erzählt uns die Geschichte seines Vaters, der deutsche Einwanderer, der einst hier das Land urbar machte und eine Getreidemühle baute. Er ist begeisterter Angler und als ihm Hardy nach Rat zu seiner wieder aufgeflammten Leidenschaft, die damals in Kanada für ihn unzufrieden ausgegangenen war, befragt, hat er gleich einen Stein im Brett und bekommt Kniffe erklärt. „Vielleicht gibt es ja hier Fische, denn in Kanada, das kann ich bestätigen, gibt es keine.“, sagt Hardy verschmitzt lachend.

Unser Weg führt uns ins touristische, aber sehr beschauliche Villarica, am Fuß des gleichnamigen Vulkans sowie Sees gelegen. Bei Alex finden wir in seiner kleinen Pension einen Ort zum Verweilen und bleiben drei Nächte. Wie immer gibt es einiges zu waschen und reparieren. Wir nehmen uns jedoch auch die Zeit gemütlich am gerade neu und sehr nett angelegten Seeufer entlang zu schlendern, uns ins Gras zu setzen, den See und Vulkankegel anzuschauen und einen Wein zu trinken.

Vorbei geht es dann auf kleinen Pisten an weiteren Seen. Meistens haben wir blauen Himmel. Die Sonne ist heiß. Wir schwitzen uns all die Hügel hinaufkurbelnd einen ab. Es könnte zu schön sein, wenn sich da nicht schon wieder ein Problem ankündigen würde. “Unsere Fahrräder sind einfach alt und super gebraucht!”, ruft Hardy empört aus. Wie vor Salta machen beide Freiläufe mal wieder besorgniserregende Knackgeräusche. Das gleichmäßige Klicken beim Einsetzen des Freilaufs ist verstummt. Bei mir beginnt das gleiche Spiel wie nur vor 3000km, die Sperrklinken greifen nicht zuverlässig, oft trete ich ins Leere, bevor die Übertragung meines Tritts greift und ich vorankomme. Meine Nerven liegen blank. Hoffentlich schaffen wir es noch bis San Martín de los Andes! Das Spiel mit dem Feuer beginnt…

Schließlich landen wir im verschlafenen Neltume. Morgen wollen wir im Nachbarort Puerto Fuy am Mittag auf eine Fähre steigen und per Schifffahrt den langgezogenen See Pirihuenco queren. Ziel ist es, über den sich anschließenden Paso Huahum nach Argentinien zurück zu radeln. Aber erstmals bleiben wir heute hier. Im Laden haben wir Teo und Sebastian kennengelernt und eine Empfehlung für den nahen Campingplatz bekommen. Das Argument “wifi” am Fluss ist unschlagbar!
Am Abend schauen Teo, Sebastian und Anna bepackt mit Bier und Wein auf einen Besuch vorbei. Das freut uns sehr! Wir erfahren so einiges über diese Gegend. All das Land rund herum um den Ort Neltume gehört einer Familie, den Pettermanns. Früher haben die rigoros abgeholzt, sind jedoch seit etwa 15 Jahren auf nachhaltige Forstwirtschaft umgestiegen, haben in Tourismus investiert und nebenbei eine Stiftung für den Naturschutz gegründet. Zum Beispiel gibt es ein Schutzgebiet für das Huemul (ein Reh). Das ist eines der Nationaltiere Chiles, welches in dieser Gegend bedroht ist. Bisher ist es geschafft, dass der Bestand sich vermehrt, bald soll mit der Schrittweisen Auswilderung begonnen werden. Bei dieser Stiftung, immer nur als “la fundación” bezeichnet, arbeiten Teo und Sebastian. Teo ist als guide und Skilehrer angestellt und Sebastian macht hier ein Praktikum. Anna, aus Hannover, arbeitet im nahen Hotel gegen Kost und Logie. Bis nach 12 Uhr sitzen wir am Fluss zusammen und tauschen Geschichten aus.

Die, ja wir müssen es zugeben, unerwartet große und moderne Fähre, bringt uns mit vielen Rentnern, sowie einer Menge Autos und auch einen Lastwagen am Mittag per sanfter Fahrt hinüber auf die andere Seite des Sees nach Puerto Pirihueico. Natürlich mal wieder Pech mit dem Wetter, begleiten uns dicke Wolken. Dennoch ist die Landschaft wunderschön! Schroff fallen die Felskanten der Berge rings herum ins Wasser. Ihre Hänge sind über und über mit einem Teppich aus Tupfen aller Grüntönen überzogen. Manchmal lichtet sich das Dickicht und ein schmaler Sandstrand kommt zum Vorschein.

Weit ist es nicht mehr bis zur chilenischen und dann argentinischen Grenzkontrolle. Wir arbeiten uns weiterhin auf Schotterbelag voran. Ganz toll ist es hier! Dichter Mischwald umgibt uns. In den Bächen gurgelt das Wasser. Es gibt viele Blumen. Ab und zu erhaschen wir einen Blick auf den Lago Lacár. Es geht hoch und runter, den 659m hohen Paso Huamhum meken wir nicht einmal. Das ist ja mal ne‘ Andenüberquerung! Wir befinden uns inzwischen in Patagonien. Das bemerken wir überrascht an den Schildern in Argentinien, die wir bereits seit dem Norden kennen und die die verschiedenen Regionen des Landes ankündigen.

Der Zustand, bzw. die Zuverlässigkeit meines Freilaufes verschlechtert sich rapide. Oftmals geht gar nichts mehr, dann halten wir an, kurbeln mit der Hand und schalten ein paar Mal, bis ich wieder Druck auf die Pedale ausüben kann. Wir schaffen es heute noch bis zu unserem Zeltplatz, aber am folgenden Morgen kann ich mit diversen Unterbrechungen nur noch 9km radeln bevor nichts mehr geht. Scheiße! Glück im Unglück gehabt, kommt von hinten just in dem Moment ein Jeep mit viel Platz auf der Ladefläche an. Es ist Horacio, der gerade Fahrräder an eine nahe Schule ausgeliefert hat. Ein prüfender Blick und er sagt: “Alles klar, ich nehme euch mit, ich habe einen Fahrradladen in San Martín, da übergeben wir das Hinterrad an meinen Mechaniker Fabián”. Gesagt getan. Die folgenden 25km tollster Landschaft verbringen wir mal wieder indoor und landen fix beim Radladen.
IDer junge Mechaniker öffnet und reinigt meinen Freilauf und ersetzt das erst in Salta ausgetauschte “Haar“ (pelo). Ein Drahtring, der schon wieder zerrissen ist. Bei mir läuft und schnurrt wieder alles. Wenn das jetzige pelo auch 3000km halten wird, dann ist ja alles gut. Aber zur Not haben wir noch einen Ersatz dabei … (den tauschen wir bereits fünf Tage später mit dem super schnell zerbrochenen „neuen“ Drahtring am Straßenrand aus). Für Hardys Freilauf kann der Mechaniker jedoch nichts tun. Genau den Durchmesser des benötigten Modells gibt es in ganz San Martín nicht. Wir werden mit diesem Problem ins größere Bariloche geschickt. Der Import nach Argentinien ist schwierig. Doch Hardy schwört nicht nur einmal: “Ohne einen neuen Freilauf verlasse ich Bariloche nicht!”

Ruta de los 7 Lagos
Diese Sorge so gut es geht beiseite geschoben, gehen wir ein ganz besonderes Tortenstück an. Der kurze Abschnitt zwischen San Martín und Bariloche ist bekannt als die Route der sieben Seen. Es sind bei weitem nicht nur sieben wunderschöne Seen und Lagunen, an denen sich die Straße vorbei an Bergen, Flüssen und durch den Wald dahin schlängelt.
Große, kleine und schmal langgezogene Seen, je nach Sonneneinfall in einer anderen Farbe schimmernd, lassen uns anhalten und verweilen. Manchmal befinden wir uns direkt an ihrem Ufer, manchmal blicken wir auf sie hinab. Dazu genießen wir feinsten Sonnenschein und eine enorme Blumenvielfalt, dominiert von gelb oder rosa-lila.
Am Lago Espejo, der See, indem sich bei spiegelglatter Oberfläche die Kuppe des dahinter, aber sich bereits in Chile befindenen Vulkans Puyehue spiegelt, gibt es einen Gratis-Campingplatz. Das Zelt wird am Rande des Sandstrandes aufgebaut. Hardy macht es vor und springt ohne lange zu fackeln ins kalte Wasser. Ich stehe in Daunenjacke und mit Kamera in der Hand daneben. Zwei im Sand sitzende Argentinierinnen können es nicht glauben und rufen: ”Está loco!” Als ich dann es Hardy gleich tue, verstehen sie die Welt nicht mehr. Ich muss mal anmerken, so kalt war das gar nicht, wir hatten bei weiterem schon eisigeres Wasser.
Um 21h kommt noch Francisco angeradelt. Wir befinden uns inzwischen so weit südlich, dass die Tage super lang geworden sind. Um 21h ist es zu meiner persönlichen Verdrießlichkeit, wenn ich schlafen will, immer noch hell.
Der Spanier hat sich etwa drei Jahre Zeit genommen, will erst nach Ushuaia runter und dann nach oben, nach Alaska radeln. Am nächsten Tag treffen wir uns immer wieder, bis wir einen Trampelpfad zum tollen See Nahuel Huapi folgen und er einfach weiterdüst.

Wir stehen auf dem beigen Sandstrand dieses super großen Sees, Steine liegen am Ufer herum, dazwischen liegen ausgewaschen Baumstämme. Von der Straße trennt uns eine Wand aus dunkelgrünen Bäumen, denen kräftig gelb blühender Ginster vorgelagert ist. Es duftet. Unser Blick wandert über den hellblauen See. Am anderen Ende liegt sich eine von Bäumen überzogene grau-grün erscheinende Insel. Dahinter befindet sich ein Gebirgszug, dessen dunkelgraue, karge Bergrücken sich klar vom strahlend blauen Himmel abheben. Unglaublich schön ist es hier! Und vor allem, wir sind ganz allein. Nur hinter uns ist das störende Geräusch der Autos zu vernehmen. Zwei Doofe, ein Gedanke – wir werfen unseren Plan für heute über Bord und schieben die Räder auf den weichen Sand. Es ist 13 Uhr, wir bleiben hier. Unser kühner Plan, ein gemeinsames Bad zu nehmen, erübrigt sich sofort ob der arktisch kühlen Temperatur dieses Sees. Hardy springt einmal kurz rein. Ich lege mir Wasserflaschen in die Sonne für eine spätere Dusche. Wir genießen den Blick, bauen das Zelt auf, reinigen den Kocher und schreiben Blog. Das alles können wir doch auch hier in feinster Kulisse machen, dann sparen wir uns einen stressigen Stadttag in Bariloche.

Bariloche
Zackig rasen wir die fehlenden 65km in die Hauptstadt dieser Region ab. Bariloche ist voller Leute, hektisch und nicht sonderlich schön. Wir bleiben so kurz wie nötig. Im vermeintlich professionellen Fahrradladen an der Hauptstraße wird Hardys Hinterrad eine neue Narbe eingebaut. Sie ist qualitativ wesentlich schlechter als die vorherige, aber das einzige Modell, welches wir finden können. Der halbwegs unsympathische Besitzer vergurgt das Einspeichen und Zentrieren des Rades.
Das fällt uns erst am Nachmittag auf, als Hardy an unserem Zeltplatz selber an seinem gerade neu eingestellten Hinterrad basteln muss. Er stellt eine Acht fest. Der Typ hat zudem eine Stellschraube am Ausfallende zur Achslage falsch verstellt, so dass das Rad nicht in einer Linie mit dem Rahmen liegt und die Bremsen schleifen. Volldepp! In El Bolsón, unserem nächsten Stopp, werden wir das Rad erneut perfekt zentrieren…

Bis dahin radeln wir hoch und runter in einer nach wie vor seenreichen Landschaft. Die Berge zu unserer rechten und linken werden höher, karger und haben Schneetupfen auf ihren Gipfeln. Neben uns ziehen sich Büsche dahin, durchzogen von Inseln aus buckeligem Gras, die zum Zelten einladen.

El Bolsón
Die Kleinstadt El Bolsón ist bekannt für bio-Obst und -Gemüse, aber vor allem für all die Hippies, die sich hier angesiedelt haben sollten. El Bolsón wurde von ihnen als die Stadt des Friedens benannt. Ausflugsziele locken viele viele Touris hier her. Uns auch, aber nicht deswegen. Wir wollen uns mit unserem Radelfreund Lukas treffen. Mit dem haben wir bereits in Peru und dann in La Paz Zeit verbracht. Er ist von Mexiko bis hier her geradelt und bleibt nun bei seiner Tante und seinem Onkel auf dem Bio-Hof Adrion, um hier eine Weile zu leben und zu arbeiten. Es wird ein schönes Wiedersehen!

Nationalpark los Alerces
Weiter geht es in Richtung Süd durch tollste patagonische Landschaft. Schneebedeckte Gipfel stehen hinter umzäunten Weideflächen. Tja, wenn da nur der Wind nicht wäre … der setzt täglich pünktlich zum Mittag ein, natürlich gegen uns, so dass wir am Nachmittag erschöpft sind. Diesmal kommen wir müde im Örtlein Cholila an und fragen bei der katholische Kirche nach einem Platz für unser Zelt. Der nette, polnische Pfarrer Adam bittet uns sogleich herein. Es gibt einen Kaffee, dann eine heiße Dusche und schließlich eine Rundfahrt im Jeep, bei der wir den unkonventionellen Padre, ein begeisterter Solo-Bergsteiger, besser kennenlernen und er uns typische patagonische Seen, Flüsse und Berge zeigt. Nun völlig müde sitzen wir dann um 23h am Abendbrottisch. Die argentinische Zeit ist einfach nicht die unsrige. Der Essenstisch steht übrigens im Kirchensaal, gleich neben dem Altar, denn ein Pfarrhaus gibt es nicht. Auch hier breiten wir kurze Zeit später unsere Matratzen aus. Lustig!

Einmal quer radeln wir am nächsten Tag auf feinstem Schotter durch den Nationalpark. Vor allem wachsen hier große, uralte Bäume, die Alercen. Die sind in den übrigen Teilen des Landes wegen der langen Widerstandskraft ihres Holzes rigoros abgeholzt worden. Im Park wächst auch eine bambusartige Pflanze, die alle 60 Jahre, natürlich erst vor kurzem geblüht hat. Ihre Samen sind eine Delikatesse für Mäuse, die nun in Massen von den Bergen herunterkommen. Leider übertragen zwei dieser Mäusearten den auch für Menschen gefährlichen Hanta Virus. Um alle Einrichtungen des Parks sind Metallzäune aufgebaut, damit die Nager nicht hineinlaufen. Besucher sollen aufpassen den Virus, übertragen durch die Exkremente der Tiere nicht durch Staubpartikel einzuatmen.

Ohne Zwischenfall setzen wir unseren Weg fort und erreichen Trevelín. Dieser Ort wurde von walisischen Einwanderern gegründet. Wir begegnen ungewohnt vielen blonden Leuten mit grau-grünen Augen.
Und weil es so schön ist, besuchen wir einmal wieder einen Fahrradladen. Es ist der vierte innerhalb von 10 Tagen. Das haarsträubende, laute Knacken meines Tretlagers lässt es uns austauschen. Das haben wir das letzte Mal auch in Salta vor 3000km getan. Besonders ins Herz schließen wir Julian, den siebenjährigen, sehr aufgeweckten Sohn des Mechanikers. Der stellt von selber fest das wir kaum noch Wasser haben und füllt uns fix die Flaschen auf!

Nun geht es los mit Schotter – kein Ende ist in Sicht, denn wir brechen auf in Richtung Paso Futaleufu zur chilenischen Grenze. Morgen werden wir drüben sein, um kurz danach auf die unter Radlern berühmte Carretera Austral abzubiegen. Um die 1000km steinige Rüttelei, Weite, Einsamkeit und atemberaubende Natur mit Wäldern, Seen und Fjorden werden wir in den folgenden Wochen erleben dürfen. Wir freuen uns riesig auf diese wohl letzte harte Etappe dieser Tour!

Die Fotos zu diesem Abschnitt sind in der Galerie.

Posted in Argentinien, Chile

Von Mendoza bis nach Concepción (Argentinien-Chile/ November 2013)

Über den Bermejo Pass zurück nach Chile

Den hektischen Stadtverkehr Mendozas hinter uns lassend, schrauben wir uns immer höher den Anden entgegen. Der nicht abreißende Strom an Fahrzeugen nervt. Was befinden wir uns auch auf einer der Hauptverkehrsachse zwischen Chile und Argentinien? Viele Lastwagen donnern mit Vollgas dicht an uns vorbei. Einen Seitenstreifen gibt es nicht. Regenwolken ziehen auf. Schnell wird es dunkler. Erste, dicke Tropfen fallen hinab. Wir fahren und fahren, bis wir endlich ein Loch in dem sich zu beiden Seiten der Schnellstraße 5 langziehenden Stacheldrahtzaun entdecken. Die Chance genutzt, schlüpfen wir fix hindurch und sitzen bald gerädert im Zelt. Von Blicken geschützt, versteckt hinter ein paar Sträuchern, hören wir jedoch das Brausen der Autos weiterhin und fühlen uns, als würden wir mitten auf der Autobahn nächtigen. Heute plündern wir den ersten Teil des Inhalts der neusten Pakete, die wir endlich endlich in Mendoza in Empfang nehmen konnten.

Die folgenden zwei Tage kurbeln wir uns immer weiter hinauf und erfahren einmal wieder eine wunderschöne, schroffe Bergwelt. Haben uns eben noch im kleinen Ort Uspallata saftige Weinfelder umgeben, lösen diese sich ab mit weiten, kargen Geröllhängen. Ein Fluss hat einen imposanten Canyon in die Felsen gefressen. Nebenan, auf den steilen hängen verlauft immer in Sichtweite die alte, aufgegebene Eisenbahntrasse des Transandinos. Neben den verrosteten Schieben sind immer wieder rostige Relikte zu finden. Dahinter schieben sich majestätisch die Bergriesen in den Himmel. Schwarzgraue Hänge sind mit Schneewehen überzogen. Wir sind bereits soweit südlich angelangt, dass es erschreckend ist, wie tief die Schneegrenze hier verläuft. Sie befindet sich nur auf 2500m!
In ausgestorbenen Dörfern wie Punta de Vaca oder Puente del Inca, in denen nur in der Wintersaison so einiges los sein muss, stehen Hotelburgen leer. Skilifte scheinen fehl am Platz auf den grünen Wiesen und Schneemobile verrosten vor den Gebäuden.

Auf 3100m Höhe erreichen wir schließlich den Eingang zum 4km langen Grenz-Tunnel Cristo rendedor, der eng und schlecht beleuchtet, völlig zu recht für Radfahrer und Fußgänger gesperrt ist. Bereits die kürzeren Tunnel zuvor haben wir als recht gruselig und gefährlich empfunden.
Es dauert nicht lange, da ruft uns die nette Mitarbeiterin der Betreiberfirma dieses Abschnittes einen kostenlosen Shuttleservice herbei. Die Fahrräder samt Gepäck werden in einen Kastenwagen geladen und wir werden durch den Tunnel chauffiert. Drüben angekommen befinden wir uns bereits in Chile.

Im Gegensatz zum flachen Anstieg auf der anderen Seite, geht es nun steil hinab. Nach ein paar Kilometern erreichen wir den Grenzposten. Argentinische und chilenische Migration, Zollabfertigung und SAG (Lebensmitteleinfuhrkontrolle) sind hier an einer Stelle hintereinander weg angesiedelt. Da man normalerweise motorisiert anrollt, sollen wir uns bei der sich inzwischen in die Länge ziehenden Schlange der Autos anstellen. Wir machen auf unwissend und drängeln uns ganz nach vorn hinter ein paar Motorradfahrer, was dem ordnungsliebenden Grenzpolizisten so gar nicht gefällt. Er wird dann ganz genervt, als wir wieder aus der Reihe ausscheren, um ein weiteres, fehlendes Formular zu besorgen. Mensch, man kann den Gegenübertritt an dieser Stelle aber auch verkomplizieren! Wir benötigen ein Pax, ein Formular, indem unser unmotorisierter! Grenzübertritt irgendwo registriert wird. Dann prüft erst ein Argentinier unsere Pässe und reicht sie gelangweilt weiter an seinen chilenischen Kollegen am Schreibtisch nebenan. Es folgt eine lasche Taschenkontrolle. Dann endlich dürfen wir uns auf die Sättel schwingen und den weiteren Weg hinab antreten. Eine Warnung gibt uns die nette SAG Beamtin noch mit auf den Weg, wir sollen auf die Lastwagen in den folgenden caracoles aufpassen. Denn die Piste windet sich in den fast 30 aufeinanderfolgender, sehr enger und steiler Serpentinen hinab. Wow!

Dieser Abschnitt befindet sich gerade im Bau und ist einspurig. Lange müssen die Autofahrer bis zu ihrer Weiterfahrt warten. Wir sausen ganz nach vorn und überreden den Bauarbeiter uns bereits vor der Lastwagenschlange hindurchzulassen, da es einspurig mit den fetten Brummis bzw. ihren nun übellaunig und vorankommend wollenen Fahren wirklich gefährlich wäre zu radeln. Wir dürfen vorher passieren und haben 30km Abfahrt ganz für uns alleine!

Am Fuße der Anden entlang der Weinfelder
Erst als wir anhalten und der kühle Fahrtwind stoppt, realisieren wir, wie warm es geworden ist. Blümlein wachsen am Wegesrand. In den Bächen gurgelt endlich wieder Wasser. Große Weinfelder dehnen sich aus bis zum Ende der schneebedeckten Kordillere der Anden. Noch eben waren wir da oben.
Am späten Nachmittag treten wir noch einmal kräftig in die Pedalen, denn wir wollen das Haus unserer Gastgeberin Jennifer in Santa María erreichen. Welch‘ Überraschung, unsere Freunde Hardy und Lena sind auch soeben angekommen! Auch sie hatten bei Jennifer über das Netzwerk warmshowers nach einer Übernachtungsmöglichkeit angefragt. Unsere Namensgleichheit führt zu Verwirrung, auf die ein großes Gelächter folgt. Wir dürfen alle bleiben und kriegen sogleich eine Führung durch das gigantische Haus.
Jennifer und ihr Mann Ed aus Kalifornien sind vor 20 Jahren hergezogen und leben ihren Traum: Das unglaubliche Haus umgibt ein großer Garten, in dem es nur so blüht. Seit langem mal wieder riechen wir an Lavendel. Ein Pool steht neben Reihen von Weinreben, die sich auch hinter dem Haus über viele Hektare ausdehnen. Ed ist als Berater einer Weinfirma tätig. Nebenbei bauen sie ihren eigenen Hauswein an. Wir bekommen natürlich gleich eine Kostprobe angeboten. Ich habe noch nie so einen leckeren Rotwein getrunken! Auch nicht von schlechten Eltern ist das Mahl, welches wir am späten Abend aufgetischt bekommen. Ein fetter Kürbis lockt mit vielen Beilagen, dazu gibt es Salat und als Nachtisch Kuchen mit selbstgemachtem Vanilleeis. Jennifer ist eine leidenschaftliche Köchin. Wir staunen nicht schlecht über die vollausgestattete Küche und bekommen den Mund nicht mehr zu, als sie uns zwei Schubladen ihres gut sortierten Gewürzsortiments zeigt.
Augenscheinlich genießt Jennifer unsere Anwesenheit, da sie ansonsten sehr oft mit ihren beiden Söhnen alleine ist. Offen plaudert sie drauf los. Schnell landen wir bei den in zwei Wochen anstehenden Wahlen des Präsidenten, der Abgeordneten und der Gemeindeabgeordneten. Sie sind nicht zu übersehen. Alles ist mit Plakaten, auf denen dämlich grinsende Leute zu sehen sind, vollgepflastert. Wir erfahren, dass zwei sehr populäre Kandidaten für das Präsidentschaftsamt antreten, einer aus einer extrem rechten Partei und der andere aus einer extrem linken Partei. Beide Kandidaten sind Frauen, was den Wahlausgang sehr spannend macht, laut Jennifer.

Wir verabschieden uns von Jennifer und reisen zusammen mit Hardy und Lena weiter. Vorbei an großen Obstbaumplantagen geht es auf kleinen Sträßlein immer parallel zur Autobahn fahren wir in Richtung des Nationalparks La Campana. Die Hardys tauschen ihre Räder und schnattern, vorneweg rollend. Insbesondere Lena und ich genießen es an den kleinen, bunten Häusern vorbeizufahren und all die bunten Blumen anzusehen. Unsere Gespräche drehen sich über’s Zurückkehren, denn Lena und Hardy haben nur noch einen Monat Zeit, bevor sie in den Flieger nach Deutschland steigen werden. Immer wieder betonen beide: „Ihr habt ja noch ewig Zeit.“ Wir empfinden es jedoch, als hätte der Anfang vom Ende unserer schon lange Reise begonnen. Unsere letzten 100 Tage sind angebrochen. Wie wird es wohl werden all die Leute wieder zu sehen? Wie und wo werden wir leben? Und wie werden wir das Leben in Berlin empfinden? Was machen wir da eigentlich?

Parque Nacional La Campana
Am Nachmittag erreichen wir den Nationalpark La Campana. Neben Palmen, unter einem schattigen Geäst bauen wir die Zelte auf dem hiesigen Zeltplatz auf. Es ist super schön hier! Auf einer kleinen Wanderung am immer noch heißen Nachmittag bestaunen wir die chilenische Palme und Kakteen in der netten Bergwelt.

Im kleinen Ort La Cruz, der chilenischen Hauptstadt der Avocados, erstehen wir einen 3kg Sack der grünen Früchte für 1,40 Euro und freuen uns aufs zweite Frühstück auf der nahen plaza. Im Gegensatz zu Argentinien gibt es hier leider kein offenes wifi, aber dafür jede Menge Fitnessgeräte.
Schnell sind wir von sieben Strassenköter umgeben, die hungrig all unsere Handbewegungen verfolgen. In Chile wimmelt es nur so von wirklich netten und nicht heruntergekommen Viechern mit guten Manieren. Leider werden oft Hunde ausgesetzt. Einer dieser Vierbeiner scheint uns sehr ins Herz geschlossen zu haben. Er rennt bestimmt 20km mit uns mit, bevor er nicht mehr kann und zurück bleibt.

Viña del Mar und Valparaíso
Am darauffolgenden Tag machen wir uns zu viert auf den Weg zur Küste. Als wir neben Feldern voller Blumen und Gemüse entlang rollen, kommen die Strandriesen der Hochhäuser ins Blickfeld. Uuuh! All diese schicken Ferienwohnungen sind von gut gestellten Leuten aus Santiago, die nur am Wochenende anreisen. Nicht nur davon sind wir an diesem Küstenabschnitt vor Viña del Mar und Valparaíso abgeschreckt. Viel Verkehr, Lärm und Trubel kehren ein. Genau hier trennen sich unsere Wege. Hardy und Lena radeln weiter nach Valparaíso. Wir bleiben in Viña del Mar, um bei Eduardo, unserem nächsten warmshowers-host, einzukehren.
Eduardo ist etwas jünger als wir und will auch eine Reise per Fahrrad in Richtung Ushuaia antreten. Da ist ja klar, worum sich unsere Gespräche drehen. In einem Stadtrundgang zeigt er uns Viña und bekocht uns danach köstlich. Kochen, das ist nämlich sein Beruf. Als Vorspeise bekommen wir eine Artischocke vorgesetzt. Für uns etwas ganz Neues. Eduardo lacht und zeigt uns, wie man dieses blumige Gemüse isst.

Leider werde ich am naechsten Tag krank ans Bett gefesselt, so dass die beiden Jungs den Tag allein in Valparaíso verbringen. Am Abend berichtet mir Hardy von seinem Ausflug. In Valpo befinden sich die Stadtangestellten gerade im Arbeitskampf – so auch die Müllmänner. Die so schon besondere Stadt bekommt einen noch spezielleren Charme. Am Fuße der über 42 dicht überbauten Hügel türmen sich Müllberge. Dämpfe wabern in den Gassen. Die Hunde sind verzückt. Leider sind auch einige der Hauptattraktionen geschlossen, so auch die steilen Aufzüge. Die beiden verbringen dennoch den ganzen Tag in der Stadt und knipsen die vielen schönen Wandmalereien, Parks und Aussichten ab. Am Abend überraschen sie mich mit einem leckeren selbstgekochten Essen!

Bevor wir am Morgen Viña verlassen, tauschen wir noch fix einen Batzen chilenische Pesos in Dollar um. Diese wollen wir weiter südlich, wie schon zuvor in Salta mit Dollars aus Bolivien, in argentinisches Geld umtauschen. Da in Argentinien die Einfuhr sowie der Handel mit Dollarnoten offiziell verboten ist und eine enorme Inflation herrscht, reißen sich die Händler um den dolar azul, der so sogar höher als der Euro auf dem Schwarzmarkt im Kurs steht. Geschickt getauscht wird Argentinien erschwinglich und wir machen sogar richtig Kohle. 😉

Entlang der chilenischen Pazifikküste
Auf sich gewundenen, engen Straßen arbeiten wir uns voran. Mal passieren wir niedliche Dörfer direkt an der Küste, in denen Fischer ihre Netze reparieren. Überall blüht es! Ganze hänge voller gelber Punkte ziehen sich zum Meer hinab. Wir sind im Frühling angekommen!

Mal befinden wir uns weit oberhalb des Meeresspiegels in schattigem Nadelwald. „Endlich haben wir zuverlässigen Wald“, sagt Hardy zufrieden, nachdem er sich seit Monaten so gesehnt hat. Auch wenn hier nur in Monokultur Pinien und Eukalyptus angepflanzt werden, so ist es dennoch schön sich unter dem dunklen Geäst zu befinden. Um die zwanzig Jahre muss ein solcher Wald wachsen, bevor er abgeholzt und zu Geld gemacht werden kann. Kein Wunder, das er so penibel geschützt wird. Viele Schilder warnen vor Waldbrandgefahr. Dicker Stacheldraht und abgeschlossene Pforten schützen vor unliebsamen Besuchern, die ein Lagerfeuer anzünden könnten. Für uns bedeutet dies eine erschwerte, aber nicht unmögliche Schlafplatzsuche.

Einen Ruhetag legen wir im verschlafenen Strandort Bucalemu ein. Hier ist nichts los, als wir am frühen Morgen nach nur 10km vom Berghang in den Ort rollen. Bunte Fischerboote liegen am Strand, von dem sich gerade der Morgendunst löst und auf die Hänge hinaufzieht. Es gefällt uns.
Wir quartieren uns bei Daniel und seiner Mutter in ihre kleine Pension ein und machen uns auf zu einem Strandspaziergang entlang der Steilküste. Donnernd brettern die Wellen an die Felsen und lassen Gischt emporspritzen. Kleine lila farbene Muscheln kleben am Stein. Es ist wirklich schön hier.
Wir kommen mit Daniel und seiner Mutter ins Gespräch. Nicht zum ersten mal hören wir von dem verehrenden Erdbeben und dem anschließenden Tsunami in Jahr 2010, der drei von den zwölf chilenischen Provinzen arg in Mitleidenschaft gezogen hat. Ein Tsunamiwarnsystem gab es damals noch nicht, so dass viele Menschen von der Welle überrascht wurden. Auf Fotos wird uns der zerstörte Ort gezeigt.
Daniel weiß noch nicht, ob er an den kommenden Wahlen teilnehmen wird, „Es ist egal wen man wähle, die machen eh‘ alles das Gleiche und alle sind Korrupt.“

Wir folgen den engen Wegen an der Küste. Wie gehabt geht es steil auf und ab, das mindert unser Tempo sehr. Es stört uns nicht, denn es ist einfach toll hier. Zwei Tage lang scheint die Sonne, dann ist es bewölkt und diesig. Aber gerade bei diesem Mistwetter kommt das Gelb und Lila der Blumen am Wegesrand besonders gut zum Vorschein. Kühe und Pferde grasen. Es folgen windschiefe Holzhäuser. Chilenische Fahnen wehen von ihren Dächern im Wind. Ochsenkarren passieren uns. Es gibt immer etwas zu gucken!

In kleinen Dörfern wie Chanco kaufen wir ein. Hier gibt es sogar einen Supermarkt. Die Menschen grüßen, schnell kommen wir ins Gespräch. Angélica, die eigentlich auf den Osterinseln lebt, ist besonders angetan von unserer Reise. Sie ist gut beleibt und berichtet stolz, dass sie sich erst vor kurzem einen Beipass legen lassen und danach 40kg abgenommen hat. Beherzt fasst sie sich an die Rollen am Bauch und schwingt sie hin und her. Dann schwärmt sie für uns: „Una noche en pasión en la carpa, con la luna llena!“ („Eine leidenschaftliche Nacht im Zelt bei Vollmond!“). Sie ist bei der Vorstellung hin und weg.

„Was, ihr fahrt bis nach Patagonien? Je weiter ihr südlich kommt, desto schöner wird es!“ Wir sind gespannt, finden wir es doch bereits hier schon toll. Wir lernen gleich die nächsten Leute kennen, eine chilenisch-kanadische Familie, die uns in ihr 25km entferntes Haus bei Curanipe am Strand einlädt. Das lassen wir uns nicht entgehen und kurbeln die folgenden, besonders steilen Hänge am späten Nachmittag erschöpft hoch. In Elisabeth und J.J.’s gigantischem Haus werden wir mit süßen Erdbeeren vom Feld nebenan und deutschem Bier verwöhnt.
Neben tollen Holzarbeiten haben sie sogar einen i-robot, einen staubsaugenden Roboter. Darüber kommen wir nicht hinweg… Wir dürfen unser Zelt im Garten der Mutter Elisabeths aufschlagen. Die alte Frau schaut sich alles begeistert an. Sie war auch immer zelten, erzählt sie uns, aber nun lasse es die Gesundheit nicht mehr zu. Auch sie berichtet vom Tsunami vor ein paar Jahren. „Immer wenn die Erde so doll wackelt, dass du nicht mehr stehen kannst, gehst du rauf auf die Hügel.“, erklärt sie ihr Tsunami-Warnsystem. Leider habe es damals viele Tote gegeben. „Aber die Nachbarschaftshilfe war unglaublich. Die ganze Nacht haben wir oben auf dem cerro gesessen, es gab Lagerfeuer und das Essen wurde geteilt. Später haben wir uns geholfen. Ich habe Matratzen und Schlafsäcke aus meinen cabañas an die Leute verschenkt, deren Häuser zerstört waren. Nun ist alles wieder aufgebaut.“

Wir kommen nicht recht voran, denn nun rollen und schieben wir auf losem Schotter. Das ist anstrengend. Zudem ist heute bei weitem der schlechteste Tag überhaupt auf der Piste südlich von Curanipe. Es wimmelt nur so von Autos, denn es ist Wahltag, aus allen Dörfern kommen die Leute herbei, um im „größeren“ Cobquecura zu wählen. Später erfahren wir, dass es keine eindeutige Mehrheit gibt und eine Stichwahl Anfang Dezember stattfinden wird.

Vollgestaubt sind wir froh, als dieser Tag endet. Wir finden einen tollen Platz am Hang auf Nadeln im Nadelwald mit Blick auf die einiges entfernte Bucht unter uns. Im Abendrot kommen noch drei stattliche Bullen, um auf der Wiese neben an zu grasen. Zum Glück haben wir nicht da das Zelt aufgebaut!

Am nächsten Tag arbeiten wir uns nur 11km auf dem immer noch vorherrschenden Schotter voran, als wir auf den jungen Künstler Alex Ceball treffen. Er ist eigentlich aus Santiago, seine große Familie hat Sommerhäuser hier, direkt am Ufer des Flusses Itata, abseits von Handyempfang und Internetsignal. Seit ein paar Monaten lebt er hier zusammen mit seiner alten Tante und seinem alten Onkel. Gleich im zweiten Satz lädt er uns in sein Häuschen ein. Von ihn erfahren wir viel über die Gegenwart und Vergangenheit Chiles, über die Vertreibung der Mapuche, das Abschlachten unter dem Regimen Pinochets und warum Chile, abgeschirmt durch die Diktatur, das Meer und die Anden „entwicklungstechnisch und mental“ Europa um 50 Jahre hinter her hängt.

Ganz nah, neben der alten Schule des Dorfes, unter den Weiden der Kühe entlang laufend, ist vor ein paar Tagen ein Rohr der Firma Arauca, welche in der Nähe eine Papierfabrik hat, kaputt gegangen. Eine weiße, giftige Brühe läuft auf die Felder und ins Grundwasser. Die Bauern bangen um ihre Lebensgrundlage. Bereits pumpen Lastwagen im Auftrag der Firma das alles ab, aber wir hören, dass ein Bauer sie angeblich weiter oberhalb des Flusses beobachtet hat, wie sie dort den Inhalt ihres Tanks in den Fluss kippen. Alex ist sehr erbost und nimmt an der Versammlung der Bauern mit dem Bürgermeister teil. „Das sind doch alles Bauern, die haben doch keine Universitätsbildung, wie sollen die denn ihr Recht einfordern?!“, ruft er und schreitet, extra schick angezogen mit Aftershavewolke von dannen. Es sollen unabhängige Wasserproben erstellt und Arauca zur Rechenschaft gezogen werden. Wieder einmal hören wir den Spruch „Todo coima“ („Alles Bestechung“). Bestechung und Vertuschung durch die mächtige Firma Arauca wird befürchtet. In der Vergangenheit hatte es bereits zwei ähnliche Fälle gegeben und Arauca kam glimpflich davon. Es wird auf einen Wahlsieg der linken Partei gehofft, damit eventuell unter ihrer Regierung ein Prozess Erfolg haben könnte.

Obwohl wir, angeregt durch Alex‘ Empfehlung gerade gestern Abend unsere Routenplanung durch Chile etwas ausdehnten, entschließen wir uns spontan noch einen Tag hier zu bleiben. Hier scheint es uns entspannter zu sein als im lärmenden Concepción. Zwar drückt langsam die Zeit, es muss auch genossen werden. Die Räder werden wieder einmal gewartet (Wann setzt wohl der Zeitpunkt ein, wenn das für die restlichen wenigen verbleibenden Kilometer Hardy nicht mehr so nötig erscheint?).

Morgen wollen wir Concepción links liegen lassen und auch bald die Küste verlassen. Es geht wieder in die Berge, in die Region der schönsten Seen Chiles und Argentiniens.

Wie immer findet ihr weitere Fotos in der Galerie.

Posted in Argentinien, Chile

Von Salta bis nach Mendoza (Argentinien/ Oktober 2013)

Dieser Abschnitt unserer Reise, von Salta bis nach Mendoza, stellt sich leider als einer der ätzendsten seit langem heraus. Die nördliche ruta 40 ist öde! Langweilig!

Auf zweispuriger, sehr enger Fahrbahn ohne Seitenstreifen brausen die LKWs nur so an uns vorbei. Kommen zwei gleichzeitig, müssen wir von der Straße ins extra angelegte Schotterbett weichen. Warum können die denn keinen Seitenstreifen anlegen? Ist doch genug Platz! Einer von uns fährt vorne, beschäftigt damit gegen den stetigen Wind anzukämpfen. Der Andere hat die Augen permanent im Rückspiegel, um „Lastwagen, runter!“ zu brüllen. Es ist gefährlich hier.

Wir befinden uns immer noch in einer kargen, wüstenartigen Landschaft, die hier als cuyo (sandiger Boden) bezeichnet wird. Und wir dachten Argentinien wäre Grün! Großer Fehler. Zu dieser langweiligen Tristes permanent an Sand, Schutt, Staub und Dornengewächsen vorbeizuradeln kommen große Distanzen zwischen den Örtchen hinzu. Nur um diese herum grünt es aufgrund künstlicher Bewässerung.
Monoton treten wir täglich stur in die Pedalen und fahren und fahren. In 17 Tagen überwinden wir 1400km! Es ist lange hell, wir können bis spät in den Nachmittag fahren. Abends sind wir dementsprechend gerädert. Unterkommen können wir oftmals auf camping municipales. Diese sehr einfachen Campingplätze gibt es hier in jedem Dorf. Sie sind der Lichtblick eines jeden Abends.
Im folgenden Text werden die paar Highlights aufgezählt, vergessen darf man dabei wirklich nicht die langen, langen öden Strecken zwischen den Stätten.

Radeln durch die Quebrada de Cafayate
An unserem zweiten Tag nach dem Verlassen Saltas rollen wir an einem frühen Morgen am Dorf Alemanía vorbei. Gerade in Salta unsere Rückflugtickets nach Europa gekauft, ist es doch sehr lustig schon „da“ zu sein.

Kurz darauf treffen wir drei Reiseradler, die gerade im Schatten eines Baumes ihre Frühstückspause einlegen. Es sind Tea und Lukas aus Mexiko/Argentinien, die seit La Paz mit seinem Vater unterwegs sind. Irgendwoher kommen wir uns bekannt vor, denken wir alle. Aber erst als wir unsere emailadressen Austauschen klingelt es bei Hardy. „Hey wir kennen uns doch!“ ruft er aus. Tea und Lukas hatten wir vor Ewigkeiten in Costa Rica kennengelernt! Das Gelächter ist groß.

Auf einem 75km langen Abschnitt windet sich der Río Guachipas, auch Río de las Conchas genannt, in einem teilweise sehr engen Tal dahin. Buntsandstein in den verschiedensten Rottönen weisen an riesen Wänden irre Formationen auf, die wir die Hälse reckend bestaunen, als wir uns schwitzend im knallen Sonnenschein über die Steigungen nach Cafayate voran arbeiten. Dieser kurze Abschnitt ist schon beeindruckend.

Cafayate selbst ist ein ruhiger, touristischer Ort, um den herum sich große, alte Weingüter ausdehnen. Der Kontrast zwischen knochentrockener Wüste und den voller Leben steckender Weinreben ist sehr skurril anzusehen. Neben den hellgrün austreibenden und gerade in der Blüte stehenden Pflanzen stehen große Kakteen im hellen Sandboden.

Besuch der Ruinen von Quilmes
In Richtung Santa María führt uns unser Weg an den Ruinen von Quilmes vorbei. Bisher ist nur ein kleiner Teil der großzügigen Anlage freigelegt. Wir können die Grundmauern bestaunen, die einst 5000 Menschen beherbergten. Dank der Befestigungsanlage, strategisch gut an einem Hang gelegen, konnten die Quilmes den Inkas Stand bieten, den Spaniern jedoch nicht, die einfach ihre Felder rund herum anzündeten und die Bewohner hungern ließen, bis sie schließlich aufgaben.
Heute, nach vielen Jahren der Enteignung und Vertreibung haben die Nachkommen der Quilmes zumindest hier ihr Land zurück erlangen können und verwalten es autonom.

Diese Nacht verbringen wir auf dem camping municipal in Santa María. Es ist Wochenende, das hatten wir nicht bedacht. Der argentinische Lebensrhythmus ist so ganz anders als der unsrige. Bis bei uns im Morgengrauen der Wecker klingelt werden wir mit Musik, Gelächter und lautem Moppetgehäul beschallt. Wir sind gerädert.

Immer noch langweilig!

Auf nach Chilecito
Jeden Tag wird es heißer, trotz mehrmaligem Eincremen verbrennen wir uns tierisch. Seit Tagen sehen wir in der Ferne prall gefüllte Wolken. Es will regnen, kann aber nicht. Die Luft knistert bereits. Wir befinden uns mal wieder mitten in der Wüste zwischen zwei Orten, als wir am frühen Nachmittag eine Hütte passieren, die einem der vielen Heiligen gewidmet ist. Es gibt einen geschlossenen Raum mit Fenster und Feuerstelle und eine überdachte Terrasse. Wir fackeln nicht lange, brechen hier ab und vertreiben uns die Zeit mit Fahrradwartung und Blogschreiben. Als ich dann gerade koche, hat es die Gewitterfront von zwei Seiten heran geschafft. Es ist schlagartig abgekühlt. Durch die schwarzen Wolken zucken Blitze nur so aufeinander. Ich finde es wahnsinnig faszinierend, Hardy dagegen hat Muffensausen. Es donnert gewaltig und schüttet und hagelt dann los. Wow, welch Naturschauspiel! Zum Glück sitzen wir jetzt nicht im Zelt.

Wir fahren und fahren und passieren nette, kleine Orte wie Belén, San Blas und Chilecito.
In letzterem machen wir bei dem warmshowers-Gastgeber Angél und seiner Schwester einen Tag Pause.
Wir schlemmen Eis und besuchen das Museum der alten Drahtseilbahn der Mine Mejicana, einst erbaut von einer Leipziger Firma. Ab 1905 wird für ein Viertel Jahrhundert von Engländern aus einer Mine im Berg Famatina Gold, Silber und Kobalt abgebaut. Mit dieser imposanten Förderanlage werden ganze 3510 Höhenmeter überwunden. Damals ist sie die längste und höchste der Welt gewesen und gilt als ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Wir können noch ein paar der alten, nun verrosteten Hängeloren bestaunen. Jede einzelne beladen 500kg schwer. Da die Arbeiter der Mine meist aus Chile stammen, wird der Ort damals von Santa Rita nach Chilecito umbenannt, was so viel wie kleines Chile bedeutet. Nach der Aufgabe der Mine steigen die Menschen dieser Region auf Landwirtschaft um. Heute werden Wein, Nüsse, Früchte und Oliven produziert.
Der Abbau der Mineralien ist lange eingestellt, die ökologische Katastrophe der Vergiftung des Wassers besteht jedoch bis in die Gegenwart. Der nach Chilecito hinein fließende Fluss ist übersäuert.
Aktuell schwillt ein Konflikt in Bezug auf eine neue Mine. Die argentinische Regierung hat bereits vor Jahren Verträge mit einer kanadischen Firma unterzeichnet, die den Abbau der Mineralien am Berg Famatina wieder aufnehmen will. Die Bewohner der zwei sich anschließenden Täler sind strikt dagegen, befürchten weitere Umweltverschmutzung und machen sich Sorgen über Wasserreserven, von denen sie für die landwirtschaftliche Nutzung der Felder abhängig sind. Der Zugang zum Gebiet der neu entstehenden Mine ist besetzt, die Firma momentan an ihren Vermessungsarbeiten gehindert. Überall drücken Grafitis an den Hauswänden die Protesthaltung der Menschen aus.

 – ruta 40…

Gauchito Gil
Kurz hinter dem Ort Nonogasta, am Beginn der Steigung zur Cuesta de Miranda, die uns bis auf 2000 Meter hinauf führen wird, winkt uns ein älterer, dicker Man heran. Er ist begeistert, genau vor einem Jahr hatte er an dieser Stelle bereits zwei andere Reiseradler aus Deutschland kennengelernt. Er schwärmt uns vor von der Landschaft, läd‘ uns (wenn wir zurück kommen) zu sich in seinen wunderschönen Garten ein und und schmettert uns selbst gedichtete Liebesgedichte um die Ohren. Dabei steigen ihm Tränen in die Augen.
Kurz danach bekommt Hardy von einem anderen Mann, am Straßenrand an sein Auto gelehnt, als wenn er auf uns warten würde eine Palette Kuchen geschenkt. Die Leute hier sind unglaublich nett!
Den süßen Kuchen verdrücken wir sogleich auf einer Bank im Schatten unter Bäumen, an einem der vielen Heiligenschreine, die hier nur so aufeinander folgen. Da gibt es u.a. San Expedito (der für Notfälle und dringend anstehende Wunder verantwortlich ist), die Difunta Correa und den Gauchito Gil. Letzteren finden wir am sympathischsten. Von der katholischen Kirche nie anerkannt, sind insbesondere diese drei ein großer Bestandteil der Frömmigkeit vieler Argentinier.
Laut Legende gerät der kleine Gaucho Gil aufgrund eines Verhältnisses mit einer reichen Witwe in Schwierigkeiten. Daraufhin schließt er sich der Armee an und kämpft gegen Paraguay. Als sich in Argentinien die Umstände zu einem Bürgerkrieg entwickeln, desertiert er, da er nicht eigene Landsleute umbringen möchte und flieht. In dieser Zeit wird er zu so etwas wie der Robin Hood Südamerikas. Er klaut Vieh der Großgrundbesitzer und gibt es den Armen. Gewitzt kann er sich immer wieder seinen Verfolgern entziehen, bis er doch gefasst und umgebracht wird. Seinem eigenen Henker empfiehlt er noch vor seinem Tod für die Genesung seines sterbenskranken Sohnes zu ihm zu beten. Das tut der Henker dann auch, sein Sohn wird gesund. Dem Gauchito Gil wird der erste Altar gebaut und die Kunde seiner wundersamen Heilkräfte machen sich selbstständig.
An den Rändern der Landstraßen treffen wir immer wieder auf seine Heiligenschreine in allen Größen. Sei es nur eine kleine Figur mit Kerze daneben, reichen die Ausmaße bis hin zu richtigen Häusern. Bäume sind mit roten Fahnen geschmückt. Die Statue vom Gil oft daneben. Ein Gaucho mit rotem Umhang oder rotem Halstuch. Immer wird ihm eine Zigarette in die Hand gedrückt. Gefüllte Wasserflaschen oder Wein wird für ihn hinterlassen. Aber nicht nur das. Manche heilige Orte sehen aus wie Müllkippen. Wir sehen gestandene Männer anhalten und beflissentlich zu ihm beten.

Cuesta de Miranda
In schönster Landschaft schrauben wir uns die vielen Serpentinen hinauf zur cuesta. In der Schlucht unter uns zwängt sich ein Fluss durch die Enge. Große Kakteen stehen wie stumme Wächter auf den Hängen. Bei diesen Felsformationen sorgt Eisen-Oxid für die vorherrschende purpurrote Farbe der Felsen. Es ist schön hier.
Leider sorgen Straßenbauarbeiten für eine mehrstündige Zwangspause. Der Hang wird gesprengt, Staub, Gestein und Kakteen fliegen nur so durch die Gegend nach jedem ohrenbetäubenden Knall. Bis nach 18h hängen wir abseits im Sand herum und warten, bis wir kurz vor Einsetzen der Dunkelheit den Pass hinter uns bringen können und einen Zeltplatz finden.

Im 50km entfernten Villa Unión leisten wir uns eine cabaña, denn ist mein 30. Geburtstag. Jeder gönnen wir uns in der Hitze des Nachmittags 1/4kg Eis in der heladeria am Platz, danach gibt’s noch Torte!

Parque Nacional Talampaya
Im Nationalpark Talampaya kommen wir bereits am Mittag an. Der zonda, ein sehr heftiger Föhnwind von den Anden kommend hat uns an diesem Tag zuschaffen gemacht. Hin und her werden wir über die kaum befahrene Straße gefegt. Dann folgt eine heftige Sandböe. Die Körner peitschen auf der Haut. Insbesondere in den Ohren finden wir noch Tage später den roten, feinen Sand wieder.

Der Nationalpark ist aufgrund des Sturmes geschlossen. Wir müssen hier bleiben, das ist schnell klar. Es gibt auch einen Campingplatz, der aber leider überhaupt nicht windgeschützt ist. Es folgen lange Diskussionen, da die absurden Nationalparkregeln bei uns gewaltig anecken, bzw. wir bei den regelorientierten Mitarbeitern. Der nach x-Stunden erscheinende Ranger macht für uns eine gewaltige Ausnahme und wir dürfen das Zelt im Hof des Restaurants aufbauen. Leider dreht der Sturm in der Nacht. Im Zelt steht der feine Sand. Wir können fast nichts mehr sehen, alles ist voller rotem Staub. Nicht schon wieder, wir haben doch gerade in Salta alles gereinigt! So schnell wie möglich brechen wir das Zelt ab und ziehen um ins Toilettenhäuschen. Das bekommt um 1h nachts niemand mit, wir verstoßen bestimmt schon wieder gegen alle möglichen Regeln.
Am Folgetag ereilt uns wieder schönster Sonnenschein. Der Nationalpark ist geöffnet und wir machen zusammen mit einer Gruppe eine geführte Wanderung mit. Man darf sich hier natürlich nicht allein bewegen. Der Eintrittspreis ist gesalzen, der guide eine uninteressierte Schlaftablette. Wir vergnügen uns mit zwei sehr netten Argentinierinnen aus Buenos Aires, während wir durch das ausgetrocknete Flussbett an riesigen roten ausgewaschenen Felswänden vorbeilaufen.

Die Difunta Correa in Vallecito
Maria Antonia Correa folgt im Jahr 1841 im Unabhängigkeitskrieg gegen die Spanier ihrem verhafteten Mann, der von seinen Wärtern hinaus in die Wüste getrieben wird. Ihrem kaum geborenen Säugling im Arm haltend bricht sie jedoch bald zusammen und verdurstet. Ein paar Tage später wird sie aufgefunden. Durch ein Wunder überlebt ihr Kind, immer noch an der Brust saugend. Die Männer begraben sie genau an dieser Stelle und errichten einen Schrein für die sich aufopfernde Ehefrau und Mutter.
Wie ein Wallfahrtsort wirkt das heutige, künstlich anmutende und recht herunter gerockte Dorf Vallecito, um das Grab der Difunta, der Toten, Correa platziert. Sie gilt als Heilige, die Scharen von Pilgern anreisen lässt. Auf dem Hügel ihres Grabes werden Gegenstände zur Danksagung des Erhalts von Häusern oder Autos, gelungenen Geburten oder Operationen oder dem Erlangen von Universitätstiteln hinterlassen. Es wimmelt von Autokennzeichen, kleinen Modellhäusern, Kerzen und Plastikflaschen gefüllt mit Wasser. Wirklich skurril!

 – Wie langweilig ist das denn!

Mendoza

Bis nach Mendoza brettern wir noch einmal durch und erreichen die Stadt nach zwei Tagen. Mendoza gefällt uns gut. Nach dem verheerenden Erdbeben von 1861 musste die Stadt neu aufgebaut werden. Pappelalleen erwecken unser Interesse. Es gibt viele Parks. Großzügig ist alles angelegt.
Im familiären Hostal del Parque fühlen wir uns sehr wohl. Gabriel, einer der Mitverantwortlichen ist auch Fahrradfahrer und gibt uns einen Extrapreis. Wir bleiben gleich ein paar Tage. Wir sind wirklich müde und ausgelaugt. Zu unserer Freude treffen wir einmal wieder auf die Düsseldorfer Radler Hardy und Lena. Mit weiteren Wein wird unser Wiedersehen und das Knacken unserer heute erradelten 30.000km gefeiert.

Von den Ergebnissen der gerade stattgefundenen Wahlen haben wir sowohl im Vorfeld, als auch danach fast nichts mitbekommen. Weder sehen wir groß angelegte Wahlwerbung, noch ist das Ergebnis Thema. Wir hören einmal, es sei egal welche Partei gewinnen würde. Sie seien eh alle korrupt und es würde sich nichts ändern. Aufgrund der ansteigenden Inflation und zunehmender Gewalt sind viele Menschen unzufrieden. Die Partei der ehemaligen Präsidentin Kirchner muss eine Schlappe verkraften. Sie hat nach vorläufigen Ergebnisse zwar die Mehrheit, jedoch diesmal deutlich weniger Stimmen abbekommen.

Wir freuen uns der Hitze wieder entfliehen und uns hinauf in die Berge arbeiten zu können. So schwingen wir uns auf die Sättel, um den Bermejo Pass zu überradeln und wieder nach Chile zurückzukehren. Küstenradeln steht an, mal etwas ganz anderes als diese ätzende Wüste!

Fotos zum Text sind in der Galerie.

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